Sehomodei 'Somogy Das Komitat erhielt dieses Das Komitat erhielt dieses Wappen vom König Wladislav II. 1498 verliehen | Branau/'Baranya Das Komitat erhielt dieses Wappen vom König Leopold I. 1694 verliehen |
Tolnau/Tolna Das Wappen welches König Stephan den Hl. sowie seinen Sohn Herzog Emmerich zeigt, wurde 1699 dem Komitat verliehen |
Die Schwäbische Türkei ist die größte deutsche Sprachinsel in dem unteren Donauraum. Sie umfaßt den schwäbischen Siedlungsboden im südöstlichen Teil der Donau-Drau-Platte. Sie bestand aus den Komitaten Baranya, Tolnau und Sehomodei. Die gesamte Baranya (ungarischer und jugoslawischer Teil) umfaßte eine Fläche von 5022 Quadratkilometern. Hinzu kam noch das Gebiet der Freistadt Fünfkirchen (Pecs), das 71 qkm mißt. Die Tolnau erstreckte sich über 3601, die Sehomodei über 6695 qkm.
In der Schwäbischen Türkei gab es 729 Ortschaften, die Deutschen lebten in 435 Gemeinde, wovon 175 deutsch waren.
Nach der amtlichen Volkszählung von 1941 lebten in der Schwäbischen Türkei 965 686 Seelen, darunter 190 615 Deutsche.
Wie sah es im Lande aus, ehe die Neubesiedlung begann: Längs der Donau zieht sich ein breiter Gürtel undurchdringlicher Dschungellandschaft hin. Ein großer Teil des Gebietes wird von riesigen, ungepflegten Waldungen, Büschen und Dorngestrüpp bedeckt. Ein Zehntel des gesamten Bodens ist durch Sümpfe und wilde Gewässer unfruchtbar; weitläufige Wiesen können wenigstens zu Weidezwecken Verwendung finden. 1722 wurde nur ein Viertel der Gesamtfläche zu Feld- und Weinbau genutzt. Die Verwüstungen der Dörfer waren ungeheuerlich; mit am stärksten war die Baranya in Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche Siedlungen sind vollkommen vom Erdboden verschwunden; man weiß nur noch aus alten Aufzeichnungen ihre Namen. Verwüstung, Verödung und Entvölkerung - diese drei Worte kennzeichnen um die Wende des 17. zum 18. Jahrhundert das flache Land im Donau-Drau-Winkel, das in trostlosem Zustand darnieder lag. Wohl mit Recht konnte man von jenem Strich Erde als von einer „Türkei" sprechen, die jetzt einem Niemandsland glich. Durch die jahrhundertlange türkische Besatzung war die Schwäbische Türkei weithin herrenloses Land geworden. Der Kaiser konnte über das Gebiet frei verfügen, soweit nicht Nachkommen der früheren Grundherren ihr Eigentumsrecht nachweisen vermochten. Da aber die Erben der alteingesessenen Adelsgeschlechter meist in den Kriesgsstürmen untergegangen waren, konnte nur die Kirche - gegen Entrichtung größerer Ablösungssummen - ihren alten Besitz wieder einnehmen. Die freien Ländereien wurden von Magnaten aufgekauft; zum größten Teil aber erhielten sie die siegreichen Feldherren als kaiserliches Geschenk für geleistete Kriegsdienste.
Die Ansiedlung der Schwäbischen Türkei erfolgte auf privatherrschaftlichem Boden. Den Grundherren lag vor allem daran, zur Urbarmachung der weiten Brachflächen und zur Bewirtschaftung ihrer Güter möglichst tüchtige und anspruchslose Arbeiter zu bekommen. Deshalb läßt sich bei der nun folgenden Neubesiedlung nicht von einer planmäßigen Kolonisation reden. Es gab - wie etwa z.B. im Banat - keinen Kolonistenplan, der das Ansiedlungsgeschäft nach bestimmten Gesichtspunkten geleitet hätte. Die Privatkolonisation, der die Schwäbische Türkei in erster Reihe ihre Neubesiedlung verdankt, birgt viel Zufälligkeit in sich.
Die Grundbesitzer siedelten in den Jahren 1711-1721 oberrheinische, fränkische und schwäbische Kolonisten an. Prinz Eugen und Graf Veterany legten auf ihren Gütern Bellye und Darda, deutsche Gemeinden an. Die Bischöfe von Fünfkirchen gründeten über ein Dutzend deutscher Gemeinden. Die Abtei Pecsvärad, die durch den Kölner Dommherrn Grafen Ludwig von Ziesendorf besetzt war, gründete auf ihren Gütern in der Zeit von 1711 bis 1735 deutsche Gemeinden. Graf Styrum-Limburg holte 1720 Siedler aus Hessen-Kassel und Hanau. Graf Mercy führte nach seinen Erfahrungen im Banat mit deutschen Siedlern aus Hessen-Nasau, Fulda, Württemberg, aus der Saar, von der Mosel und Rheinpfalz in 21 neu angelegten deutschen Gemeinden den Wein-, Tabak- und Reisbau ein. Sein Neffe, Karl August Graf Mercy, führt diese Kolonistenarbeit fort. Es beteiligten sich noch die Grafen Eszterházy und Batthäny. Zahlenmäßig ist das eingewanderte Deutschtum in der Schwäbischen Türkei in jener Zeit kaum zu erfassen.
Die soziale Lage der deutschen Bauern in der Schwäbischen Türkei war weit günstiger als in Mittelungarn, es gab auch hier mehr Mittel- und Großbetriebe als dort. Die hohe Bevölkerungsdichte 76, im Vergleich zu dein übrigen Ungarn, spricht von der Intensität der deutschen Landwirtschaft. In seiner Wirtschaftsform herrschte Getreidebau, Viehzucht und Milchwirtschaft vor. Etwa 40% den in kleinbäuerlichen Händen befindlich gewesenen Bodens der Schwäbischen Türkei, das sind 1,1 Millionen Kat.-Joch, waren deutsch. Die Gliederung der Nutzfläche mit 15% Grünland, 14% Wald und 15% Feldfutterpflanzen gab die Futtermittelbasis für die berühmte und hochentwickelte Viehzucht des Bonyhäder Rindes. Auf der Grundlage des von den Deutschen bei der Einwanderung mitgebrachten Viehes wurde durch Aufkreuzung der Simmentaler Rasse ein hochwertiges Milchvieh, das „Bonyhäder Rind", gezüchtet, das das ungarische Steppenrind auch aus den mygyarischen Gemeinden fast verdrängte. 1926/27 wurden in sieben deutschen Gemeinden 354 Kühe einer Milchkontrolle unterworfen. Das Ergebnis war ein Durchschnittsertrag von 2679 Ltr. bei durchschnittlich 312 Melktagen. In allen Dörfern führte diese Zucht zur Errichtung von privaten und genossenschaftlichen Molkereien, die der Erfassung, Weiterleitung oder Verarbeitung der Frischmilch dienten. Die 1940 von den Bauernhöfen an die Verarbeitungsbetriebe abgelieferte Milch stammte zu 40% von deutschen Bauern. Von der daraus erzeugten Futtermenge konnten 60% der Butterausfuhr Ungarns bestritten werden.
Das Weinbaugebiet trug seinen Namen nach den größten Produktions- und Absatzorten: „Villäny - Fünfkirchner Weinbaugebiet". Auf höchster Stufe stand der Weinbau in der Gemeinde Villäny; ferner in der Umgebung Fünfkirchens und in der ebenfalls rein deutschen Gemeinde Märiakemend. Auf hoher Stufe stand auch der Weinbau am Vörösmarter Bergzug. Die hier gezogenen Weine waren hochgradig. 1927 hatten 296 Gemeinden auf einer Fläche von 11 452 ha einen Mostertrag von 148 289 hl. Die klimatischen Verhältnisse sind sehr günstig. Die milden Luftmassen des Mittelmeeres gestalten das Gebiet mit einem milden Winter, zeitigen Frühling, warmen Sommer und langen Herbst. Das Gebiet bekommt reichlich Sonnenschein (ungefähr 2000 Stunden pro Jahr) und für die Landwirtschaft, sowie für Obst- und Weinbau in genügendem Maße und reichlich Niederschlag.
Diese Bezeichnung ist noch verhältnismäßig jung, und es ist das besondere Verdienst der aus der Tolnau stammenden schwäbischen Schriftstellerin, Ella Triebnigg-Pirkert, die die Entstehung dieses Begriffes einwandfrei festgestellt und sich für seine Einbürgerung und Verbreitung sowohl in der Umgangssprache des schwäbischen Volkes, als auch in der wissenschaftlichen und unterhaltenden Literatur eingesetzt hat. In verschiedenen Abhandlungen weist Ella Triebnigg-Pirkhert nach, daß die Bezeichnung „Schwäbische Türkei" wissenschaftlich erstmals in dem 1845 erschienenen Werke über das Baranyaer Komitat von Michael Haas gebracht worden sei und zwar für das gesamte deutsche Sprachgebiet zwischen Donau, Plattensee und Drau. Während vielfach noch bis in die Gegenwart hinein fälschlicherweise nur der eigentliche Donau-Drau-Winkel bis zur Karasicza-Niederung, im wesentlichen also das jugoslawische Gebiet der unteren Baranya, als Schwäbische Türkei bezeichnet werde, sei in Urkunden des Archivs der Budapester Universitätsbibliothek aus dem 17. und 18. Jahrhundert das ganze Gebiet zwischen Donau, Drau und Plattensee „Türkei" genannt worden.
Ella Triebnigg-Pirkhert erklärt sich diese Tatsache so, daß die magyarischen Bewohner des durch die Türkenzeit, insbesondere die letzten Kriege zwischen 1683 und 1699 hart mitgenommenen Landstrichs, mit der Bezeichnung „Türkei" gleichsam das ganze traurige Schicksal ihrer Heimat kennzeichnen wollten und daß sie diese Benennung beibehielten, auch als die eingewanderten Schwaben am Wiederaufbau des Gebiets mitarbeiteten. Immer also sei jene Gegend die Türkei geblieben.
SCH WABISCHE TÜRKEI
Zwischen Donau, Drau und Plattensee
Liegt ein Ländchen, säuberlich und rein.
Häuser, weiß wie neugefallener Schnee -
An den Hängen reifte goldner Wein.
Weizenfelder wogten wie ein Meer,
Leicht bewegt vom warmen Sommerwind.
Sensendengeln klang von ferne her -
Wie ein Glockenläuten leicht und lind.
Abends, wenn das Tegewerk getan.
Lockte es die Burschen noch heraus,
Und die fingen zu singen an
Auf den Gassen vor der Liebsten Haus.
Und so lebten sie nach gutem Brauch,
Immer emsig schaffend - ohne Rast;
Aber frohe Feste gab es auch
Und man war hier gern zu Gast.
Zwischen Donau, Drau und Plattensee
Brach ein Pflug das weite Stoppelfeld.
Hier erlebte ich ein Lust und Weh;
Hier war meine Heimat, meine Welt.
Hans Christ
Wann und wo siedelten sich nach der Türkenzeit unsere Ahnen an? Von wo stammten die ersten Siedler? Waren es Bauern, Soldaten, Kaufleute oder Handwerker? Machten sie sich auf Staatsgütern oder Privatherrschaften seßhaft? Man gerät in Verlegenheit, wenn einem Donauschwaben diese Fragen gestellt werden und bekennt errötend, seine mangelhafte heimatgeschichtliche Bildung.
Ja, selbst der Fachgelehrte kommt bei diesen Fragen leicht in Verwirrung, denn die Forschung hat die Besiedlung der Baranya/Branau nach der Türkenzeit, deren Spuren heute schon etwas verwischt sind, bisher stiefmütterlich gestreift. Früher kümmerte man sich kaum um die deutsche Siedlungsgeschichte. Wir müssen auch zugeben, daß wir leider allzuweit zurückgeblieben sind. Überblicken wir unser bisheriges Schrifttum, so erfaßt uns ein Gefühl der Armut und Unwissenheit. Deshalb wollen wir versuchen, ein wahres und treues Bild unserer verlorenen Heimat zu hinterlassen. Eines wissen wir aber, es war nach der germanischen und spätmittelalterlich deutschen Siedlungstätigkeit das Drittemal, daß deutsches Blut in diesem völkischen Mischgebiet am Aufbau des verwüsteten Landes wieder Anteil nahm. Nach der Türkenherrschaft war die Baranya/Branau ein entvölkertes Gebiet. Die Besitzer der ehemaligen Herrschaftsgüter waren in den meisten Fällen nicht anwesend.
Außerdem war das Gebiet völlig ausgesogen durch die Kriegsleistungen, die die Türkenherrschaft aus ihm herausgepreßt hatte. An Abgaben hatte jedes Haus an den türkischen Grundherrn bzw. an die türkische Verwaltung eine jährliche Abgabe zu entrichten; dem türkischen Kaiser war sowohl eine Geldabgabe wie auch der Zehnte abzuliefern. Dagegen war die Robotzeit unbestimmt und gering. Es fehlte also nach den Türkenkriegen in diesem Gebiet an allem, und es hat vieler Jahre und mühseliger Arbeit, zäher Ausdauer und gesunder Menschenkräfte bedurft, um dieses Ödland wieder aufzubauen. Noch 1722 meldet ein Bericht, daß das Gesamtgebiet des Komitats Baranya von 1 718 000 Joch Größe, 160000 Joch unfruchtbaren Grund besitzt.
Um die Nutzung des wüsten Landes zu erreichen und es zu einer Einnahmequelle des Fiskus zu machen, begann die Kameraladministration, Besitzungen von mehreren Dörfern an Pächter auszugeben. Die deutschen Pächter erhielten ihren Besitz auf 3 Jahre.
Nach dem Ablauf mußten sie sich beim Kaiserlichen Provisonsrat in Fünfkirchen melden und die überlassenen Ortschaften in besserem Stand, als sie übernommen waren, wieder abgeben. Die Kameraladministration durfte den Kontrakt in der Zwischenzeit kündigen, wenn sie die überlassenen Dörfer verkaufen oder mit Hypotheken belegen wollte.
So zogen bereits Ende des 17. Jahrhunderts, zur gleichen Zeit, als die Slawen sich in den neugewonnenen Gebieten niederließen, Deutsche die Donau hinab nach Ungarn und versuchten, sich dort anzusiedeln. Die ersten Auswanderungen geschahen durchaus willkürlich. Die deutschen Bauern erhielten durch zufälligen mündlichen oder schriftlichen Bericht Kenntnis von den Ansiedlungsmöglichkeiten. Die Krone kümmerte sich um Werbung und Ansiedlung nur insoweit, als sie durch ihre Impopulationspatente Anregung und Förderung gab, im übrigen lag die gesamte Ansiedlung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausschließlich in den Händen der Grundherrschaften. Die Räköczy- und Kuruzenkriege rissen noch einmal beträchtliche Lücken in die Reihen der Ansiedler, durch die Pest im Jahre 1711 erlitt die erste Kolonistenwelle einen starken Rückgang, ja, fast Stillstand. Im Jahre 1712 jedoch haben die katholischen Stände der schwäbischen Kreise bereits eine Aufforderung Karls VI. erhalten, daß sie unter ihren Untertanen auf die Möglichkeiten einer Ansiedlung in den neuerworbenen Gebieten Ungarns hinweisen möchten. Der Werbezettel vom Jahre 1718 ist dann der Auftakt für den bis in die Mitte des Jahrhunderts nicht mehr abreißenden deutschen Zustrom.
Nach den Aufzeichnungen von Acsády, aus dem Jahr 1715, wies das Komitat Baranya 263 bewohnte Gemeinden auf.
Über das Stärkeverhältnis der Einwohnerschaft einzelner Dörfer (1720) geben einige Zahlen aus dem Komitat Baranya Aufschluß.
1- 5 | steuerliche | Haushaltungen | 27 |
6-10 | steuerliche | Haushaltungen | 102 |
11-25 | steuerliche | Haushaltungen | 122 |
26-50 | steuerliche | Haushaltungen | 19 |
51-100 | steuerliche | Haushaltungen | 3 |
über 100 steuerliche Haushaltungen | 1 |
Aus diesen Zahlen, die leider das Volkstum auch nicht angeben, geht allgemein hervor, daß trotz erheblicher Zuwanderung deutscher Siedler die Gesamtbevölkerungszahl der einzelnen Gemeinden noch immer sehr gering ist.
Diese ersten Ansiedlungsversuche mit deutschen Bauern haben nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Die Gründe, die dazu führten, wurden bereits aufgezählt. Nachdem seit 1711 allmählich eine Beruhigung in der Baranya eingetreten war, begann auch- besonders gegen das Jahr 1720 hin - die Ansiedlung deutscher Kolonisten immer stärker zu werden. Der Werbezettel von 1718 enthält bereits klare Bedingungen, und das Ansiedlungspatent von 1723 gab Richtlinien größeren Ausmaßes.
Der Artikel 103 aus dem Jahr 1723 ruft „freie Personen" ins Land, so daß im Gegensatz zu den hörigen eingesessenen Bewohnern und auch im Gegensatz zu den Heimatgebieten der Auswanderer die Ansiedler sich durch gewährte Freizügigkeit auszeichnen. Die Zuweisung von Ackerland, Wiese, Weinberge, einem Hausplatz, Weide, Weinschank, Fleischbank, Brenn- und Bauholz, dazu die Freijahre, und nach diesen eine mäßige Arenda, Frondienst und sonstige Naturalabgaben, waren feste Zusicherungen, die ein wandermutiger deutscher Bauer wohl annehmen konnte.
Die meisten Ansiedler kamen aus dem Süden und Südwesten des Deutschen Reiches. Es ist aber infolge der ungenauen und oft auch fehlenden Aufzeichnungen in den Auswanderungsakten sowie bei der Ansiedlung schwer festzustellen, woher die einzelnen Dörfer in der neuen Heimat ihre Siedler erhalten haben. Über die Stärke der jährlichen Zuwanderung oder der Einwanderung insgesamt, ist bisher noch kein Material vorhanden, und es wird schwer sein, hier eine klare Übersicht zu schaffen, denn die Quellen sind ungenau, unvollständig und nicht immer verläßlich.
1720 lebten im Komitat Baranya 2 707 magyarische, 131 deutsche, 947 slawische Familien. 1767 hatte sich die Bevölkerung erhöht auf 12 065 magyarische, 5 935 deutsche und 5 441 slawische Familien. Das sind ungefähr 50000 Magyaren, 25 000 Deutsche, 22 000 Slawen.
Die Zuwanderung aus dem Deutschen Reich zog sich bis in die Regierungszeit Josef II. hin, und fand ungefähr in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts, ihr Ende. Zeitweise war die Zuwanderung so stark, daß die Landesherrn im Deutschen Reich sich gegen eine zu umfangreiche Auswanderung sichern mußten. Die Erteilung der Manumission wurde eingeschränkt in der Hoffnung, dadurch die Auswanderung zu verringern.
Die deutschen Ansiedler waren freie Untertanen, doch blieben sie unter der herrschaftlichen Rechtssprechung. So war es im Patent von 1723 festgesetzt. Sie werden in den Antworten auf die Umfrage der Maria Theresia vom Jahre 1767, die eine Bestandsaufnahme darstellt, als Bauer freier Einwanderung bezeichnet. Auch in Berichten und Aufzeichnungen kehrt immer wieder, daß sie „Unleibeigene", „freie Untertanen", „freie Bauern", „Freizügige", „freigehende Untertanen" sind. Eine einheitliche Kennzeichnung ihrer rechtlichen und sozialen Stellung gab es bis zur Urbarialregelung der Kaiserin nicht.
Wie sah nun die soziologische Struktur der Gemeinden Ende des Ansiedlungsjahrhun-derts aus?
Im Komitat Baranya sind 82,3% aller Bewohner Bauern,
davon sind:
16,4% sind Kleinhäusler,
und zwar
Die Aufgliederung der einzelnen Volksteile nach Bauern, Kleinhäuslern und Taglöhnern zeigt deutlich das Überwiegen des bäuerlichen Elements in der gesamten Struktur und das Fehlen der Arbeiter.
Im Komitat Baranya ergibt sich folgende Aufgliederung: Der deutsche Bevölkerunganteil von 25,3% gliedert sich in 64,8% Bauernwirtschaften 33,0% Kleinhäuslerwirtschaften 2,2% Taglöhner.
Das Ergebnis der großen Ansiedlungsarbeit der Grundherren in der Baranya im 18. Jahrhundert ist dahin zusammenzufassen, daß sich aus schlichter Kolonistenwerbung mit Hilfe der deutschen Ansiedler eine Kolonisation entwickelte, die mit geringem Kostenaufwand das verwüstete Land wieder erschloß und erträglich machte. Die Bevölkerungsvermehrung durch die deutschen Kolonisten wurde die Grundlage eines gesunden Bauernstandes. Lebensfähige dörfliche Gemeinschaften bildeten sich, gewährleisteten ihn und wirkten zugleich auf ihre Umwelt fördernd und mitreißend ein.
Deutscher Einfluß wurde bestimmend in der Bewirtschaftung des Landes.
In Verbindung mit der Umgestaltung der Urbarialverhältnisse in den deutschen und böhmischen Erbländern wurde auch in Ungarn eine Urbarialregulierung in Angriff genommen. Steuerkataster und Grundbuch wurden angelegt, über Ablösbarkeit der Robot wurde verhandelt.
Die Kaiserin beschäftigte sich ernsthaft mit der Regelung der Urbarialverhältnisse und nicht nur aus christlichen Gründen.
Es besteht kein Zweifel, daß die Kaiserin sich mit der Unterdrückung der Bauern im klaren war und der Staat nicht mehr die militärische und wirtschaftliche Kraft des Bauern entbehren konnte.
Diese Frage wollte sie aber nicht mit starren Maßnahmen regeln; das Gewohnheitsrecht der alten Grundbesitzer wollte sie nicht radikal umformen. Doch lösbar empfand sie das Verhältnis der Grundbesitzer und der Fronbauern gesetzlich zu steuern. Deshalb schickte sie im März 1765 einen Gesetzentwurf zu den Ständen ab, mit dem Gegenstand der Urbarialschlichtung, womit sie erreichen wollte, daß eine Siedlung und einjedes Dorf über ein Urbárium verfügte.
Auf dem Landestag von 1764/65 stellte sich heraus, daß der Widerstand der Großgrundbesitzer im Verordnungswege zu regeln ist. Im wesentlichen war das Jahr 1767 das Geburtsjahr des Urbares und des Kompromißes. Am 29. Dezember 1766 wurde das einheitliche Urbárium verordnet, und am 15. Oktober 1767 abgeschlossen. Der beauftragte Kommissar war Györy Ferenz.
Anfang 1766 ging über die Stadthaltereiräte in Ungarn eine nach 9 Punkten abgefaßte Umfrage ab, die einen Bericht über die Lage der Kolonisten ergeben sollte. Aus allen Gemeinden liefen die Anworten ein. Zwar waren sie oft unvollständig und hatten nicht immer den Sinn der Frage erfaßt, doch ein Überblick über den Stand der Ansiedlung im Jahre 1767 war aus demselben zu entnehmen. Diese Antworten wurden nun die Grundlage für das staatliche Urbárium. Neben Rechten und Pflichten den Untertanen gegenüber werden hier zum ersten Male die Rechte der Grundherren abgegrenzt und ihre Pflichten den Untertanen gegenüber bestimmt, so daß deren Unterdrückung seitens der Herrschaft oder ihrer Beamten verringert wurde. Durch das Urbarialpatent verpflichtete die Kaiserin für das Königreich Ungarn, durch königliche Kommissare, die Reform durchzuführen. Die Kommissare leiteten die Urbarialprozesse und setzten die Verordnung in Kraft. Es wurde in den Sprachen der Untertanen veröffentlicht und den Gemeinden zugeschickt.
Punkt 1 bestimmte die Größe der Session (Bauernstelle) und läßt auch die 1/8-Ansässigkeit noch als Bauernbesitz gelten. Die Größe des äußeren Grundbesitzes wurde von Gemeinde zu Gemeinde verschieden bemessen. Ein Untertan von einer 1/8 und mehr Ansässigkeit hieß Bauer (Coloni). Wer weniger als 1/8 Session besaß, war Kleinhäusler (Inquilinus) wenn er ein Haus besaß. Die weder Haus noch Grund besaßen und bei Bauern in Zins (Miete) wohnten, nannte man Inwohner oder Unbehauster (Subinquilini).
Punkt 2 zählte die Begünstigungen auf: Rodungsgründe, Weinschank, Hutweiden und Waldnutzung.
Punkt 3 regelte die Lohnarbeit: die Roboten (Hand- und Zugroboten), die für die Herrschaft zu leisten waren. (Es waren 52 Tage jährlich mit dem Zug und 104 Tage mit der Hand zu roboten). Von den Kleinhäuslern werden 18 Tage jährliche Handrobot und von den Taglöhnern 12 Tage verlangt.
Punkt 4 stellte die Abgaben fest: Hauszins, Lebensmittelabgaben, Branntwein und Kesselzins. Als Lebensmittel waren jährlich Hühner, Kapaune, Eier, Schmalz je nach der Größe der Ansässigkeit abzuliefern.
Punkt 5 schrieb die Abgabe des Neuntels (den neunten Teil) der Erträge von Bienen, Lämmern, Kitzen, usw. vor. Pünktliche Ablieferung wird gefordert: die Feldfrüchte bis zum 20. August, das übrige mußte bereits am 24. Juni eines jeden Jahres abgeliefert sein. Der Wein sollte zwischen dem Gutsherrn und dem Anpflanzer - die Größe der Ablieferung - vereinbart werden.
Punkt 6 stand der Grundherrschaft Jagd, Vogelfang, Fischerei, Schank, Markt, Fleischbanken und das Mautrecht (Zollrecht) zu.
Punkt 7 zählte die angehobenen und in Zukunft vermeidenden Mißbräuche auf, wie Verlassenschafts-, Inventur- und Teilungstaxen, mit denen die Untertanen belastet waren. Durch Todesfall geht der Besitz des Untertanen, wenn keine Erben vorhanden sind, an die Grundherrschaft über.
Punkt 8 wies auf die Verbote und auf die darauf bezogenen Strafen hin. So wurden verboten: unerlaubte Rodungen, Waldfrevel, unerlaubter Ausschank, Robotunterlassungen usw.
Punkt 9 regelte die Wahl des Dorfrichters, der Geschworenen, des Gemeindenotars, die Kontribution (Besteuerung), Entrichtung der Abgaben, die Eintreibung der Steuerschulden und die Rechtssprechung.
Der Verkauf ihrer Erzeugnisse wird den Untertanen freigegeben, jedoch hat die Herrschaft ein Vorkaufsrecht derart, daß sie gegen entsprechende Bezahlung die Erzeugnisse selbst aufkaufen kann. Die Ansiedler sind an den einmal in Besitz genommenen Boden in der Weise gebunden, daß sie ihn zwar mit Wissen der Herrschaft und nach Erfüllung der erforderlichen Abgaben verkaufen, nicht aber den gesamten Grund oder einzelne Äcker austauschen durften.
Klagen der Untertanen untereinander und Beschwerden gegen die herrschaftlichen Beamten entscheidet der Grundherr, Klagen gegen diesen muß die Gemeinde an das Komitat richten, das einen schlechten Grundherrn brandmarkt.
Deutlich wird aus diesem Urbarium, daß einmal die Lage der Untertanen durch feste Bestimmungen ihrer Leistungen und Abgaben festgelegt und zum anderen grundherrschaftliche Willkür durch Abgrenzung ihrer Gerechtsnahme und bewußte Einschaltung des Komitates verhindert wird.
Die Urbarialregelung war die erfolgreichste Verfügung der Kaiserin Maria Theresia. Sie schuf wohl eine auf staatlicher Initiative ruhende Gemeinregelung der Ansiedlungsbedin-gungen, doch hob sie damit weitere Privatsiedlungen nicht auf.
200 magyarische | = 57,1% |
68 deutsche | =19,4% |
52 slawische | =14,9% |
15 deutsch-slawische | = 4,3% |
9 deutsch-magyarische | = 2,5% |
5 deutsch-magyarisch-slawische | = 1,4% |
2 magayrisch-slawische |
Einen Vorzug hatten die deutschen Kolonisten den Alteingesessenen und den Raizen gegenüber dadurch, daß sie aus geschlossenen, geordneten Gemeinwesen kamen und natürlich bestrebt waren, die alte Ordnung auch im fremden Lande, in dem sie empfindlich gestört war, wieder aufzurichten.
Unter das Urbarialordnungsverfahren sind in der Baranya 328 Gemeinden und zwei Marktflecken gefallen. (Einige Gemeinde fehlen)
Erfaßt wurde: | |
Innere Grundstücke | 14 720 ungarische Joch |
Ackerfelder | 230 386 ungarische Joch |
Wiesen | 63 191 ungarische Joch |
zusammen | 281 279 ungarische Joch |
Die Nutzfläche des Landes Baranya im zweiten Teil des 18. Jahrhunderts waren nach Bárándy: 1 219 610 ungarische Joch. Davon waren:
266 870 | ungarische | Joch | Wälder |
17 240 | ungarische | Joch | Weide |
50 048 | ungarische | Joch | Weingärten |
12 000 | ungarische | Joch | Gärten |
266 870 ungarische Joch Wälder 17 240 ungarische Joch Weide 50 048 ungarische Joch Weingärten 12 000 ungarische Joch Gärten
Die Wälder, Weiden, Weingärten und die Gärten wurden in der Urbarialzuschreibung nicht erfaßt.
Die ganze Fläche der Ackerfelder betrug: 321 822 ungarische Joch. Davon waren 203 368 in den Händen bzw. Besitz der Urbarn. Die Wiesen waren Eigentum des Urbars, die 66 800 ung. Joch betrugen.
der | Klasse | I | 22 | ungarische | Joch |
der | Klasse | II | 24 | ungarische | Joch |
der | Klasse | III | 26 | ungarische | Joch. |
Klasse | I | 22 | ungarische | Joch | in | 223 | Gemeinden | mit | 165 | 214 | Ackerland |
Klasse | II | 24 | ungarische | Joch | in | 77 | Gemeinden | mit | 30 | 350 | Ackerland |
Klasse | III | 26 | ungarische | Joch | in | 26 | Gemeinden | mit | 7 | 702 | Ackerland |
Die festgestellte Fläche der Grundstücke in der Baranya war in der Klasse I 22 ungarische Joch der Klasse II 24 ungarische Joch der Klasse III 26 ungarische Joch. Die Weide nach der Qualität 8, 10 und 12 Mäher.
Klasse I 22 ungarische Joch in 223 Gemeinden mit 165 214 Ackerland Klasse II 24 ungarische Joch in 77 Gemeinden mit 30 350 Ackerland Klasse III 26 ungarische Joch in 26 Gemeinden mit 7 702 Ackerland Unbekannte
Eigentümer 2 Gemeinden mit 102 Ackerland Nicht eingereihte
in die Klasse 2 Gemeinden mit 330 Ackerland zusammen: 203 368 ung. Joch
Die Grundstücke die in dem Besitz der Urbars waren verteilen sich wie folgt:
Von den Urbarial-felder waren: | Grund-stücke Leibei-genen | Häusler | Unbe-kannte Vertei-lung | Insgesamt |
Innere Grundst. Joch Ackerland Joch Wiesen (Mäher) Insgesamt | 13 024 197 933 61 175 272 132 | 1210 1394 785 3389 | 486 4014 1231 5758 | 14 720 203 368 63 191 281 279 |
Alle Grundstücke (innere Grundstücke, Ackerfeld, Wiesen) waren zu 96,75% in dem Besitz der Leibeigenengrundherren, während die Häusler nur 1,2% hatten und die restlichen Grundstücke in unbekannten Händen war.
Die Urbarialen Besitzverhältnisse 1767
ORTSNAME | Vollsessi-onen | Teilses-sion | Häusler | Söllner | Bodenbesc-haffenheit (Klasse) | Ackerfeld | Wiesen | Haus-gründ | Ackerfeld | Wiesen | Urbarialfeli insgesamt |
Babarc | 79 | 88 | - | - | I | 22 | 8 | 115 | 2051 | 293 | 2459 |
Ban | 55 | 133 | 46 | 21 | I | 22 | 12 | 145 | 1527 | 332 | 2004 |
Beremend | 36 | 70 | - | - | I | 22 | 12 | 69 | 1123 | 334 | 1526 |
Bezedek | 18 | 51 | 12 | - | I | 22 | 12 | 77 | 462 | 148 | 705 |
Boly (Német) | 73 | 122 | 108 | - | II | 24 | 12 | 84 | 2337 | 363 | 2784 |
Dárda | 51 | 88 | 25 | 6 | I | 22 | 12 | 37 | 1220 | 558 | 1815 |
Hasságy | 16 | 37 | 14 | - | I | 22 | 10 | 18 | 467 | 84 | 569 |
Hercegszentmárton | 9 | 22 | 5 | - | I | 22 | 12 | 8 | 253 | 73 | 334 |
Illoscka | 12 | 29 | 5 | _ | I | 22 | 12 | 32 | 276 | 108 | 416 |
Ivánbattyán | 6 | 15 | 4 | - | I | 22 | 12 | 20 | 187 | 30 | 237 |
Jakabfalu | 7 | 25 | 7 | - | I | 22 | 10 | 13 | 199 | 74 | 286 |
Kácsfalu | 69 | 93 | - | - | I | 22 | 12 | 98 | 1434 | 1120 | 2652 |
Karancs | 44 | 75 | 10 | - | I | 22 | 12 | 92 | 1187 | 330 | 1609 |
Kisbudmér | 14 | 34 | 10 | - | I | 22 | 10 | 21 | 417 | 56 | 494 |
Kisfalud | 42 | 70 | 33 | 13 | I | 22 | 12 | 83 | 1199 | 242 | 1524 |
Kiskassa (Kassa) | 50 | 72 | - | - | I | 22 | 10 | 63 | 1525 | 75 | 1653 |
Lánycsók | 121 | 118 | 67 | - | I | 22 | 8 | 112 | 3229 | 364 | 3705 |
Lapáncsa | 3 | 12 | 6 | - | I | 22 | ism. | 20 | 72 | 36 | 128 |
Laskafalva | 42 | 60 | 1 | - | I | 22 | ism. | 206 | 910 | 418 | 1535 |
Lipova | 35 | 50 | 6 | 2 | I | 22 | ism. | 93 | 981 | 190 | 1264 |
Lucs | 35 | 92 | 7 | 1 | I | 22 | ism. | 86 | 785 | 410 | 1281 |
Magyarbóly | 22 | 37 | 3 | - | I | 22 | 12 | 68 | 543 | 188 | 799 |
Majs | 69 | 141 | 35 | - | I | 22 | 12 | 198 | 1750 | 575 | 2523 |
Monostor | 48 | 73 | 34 | - | I | 22 | 12 | 140 | 1386 | 332 | 1758 |
Monyoród | 25 | 35 | - | 16 | I | 24 | 8 | 65 | 778 | 102 | 945 |
Nagybudmér | 16 | 42 | 5 | _ | I | 22 | 12 | 56 | 446 | 105 | 607 |
Németmárok | 27 | 52 | 5 | _ | I | 22 | 10 | 48 | 676 | 208 | 932 |
Nyárád (Nagy) | 75 | 102 | 3 | 20 | I | 22 | 10 | 130 | 1823 | 608 | 2561 |
Palkonya | 10 | 23 | 20 | - | I | 22 | 10 | 32 | 285 | 26 | 343 |
Pócs | 14 | 21 | - | - | I | 24 | 12 | 43 | 355 | 113 | 511 |
Ráczpéterd | 56 | 104 | - | - | I | 22 | 10 | 68 | 1708 | 138 | 1914 |
Rácztöttös | 35 | 78 | 7 | - | II | 24 | 12 | 131 | 915 | 300 | 1346 |
Szentistván | 13 | 42 | 19 | 7 | I | 22 | 10 | 60 | 314 | 82 | 456 |
Udvar | 22 | 42 | 5 | - | I | 22 | 12 | 71 | 616 | 119 | 806 |
Villány | 80 | 121 | - | - | I | 22 | 12 | 48 | 667 | 192 | 907 |
Virágos | 10 | 28 | 4 | 6 | I | 24 | 12 | 17 | 315 | 66 | 398 |
Vokány | 33 | 65 | 16 | - | I | 22 | 10 | 120 | 919 | 100 | 1139 |
Entnommen aus dem Werk: die urbarialen Besitzverhältnisse in Ungarn zur Zeit Maria Theresia Teil I, Transnubanien Verlag der Ungarischen Akademie Budapest 1970
Im Reich, wo niemals die Frage der Neugründung des Reiches verstummt ist, geht es um die großdeutsche Lösung mit Österreich oder um die kleindeutsche, ohne die Donaumonarchie. Die süddeutschen Staaten Baden, Württemberg und Bayern treten auf die traditionelle Seite des Kaisers. Aber die Armee des Kaisers ist aus Geldmangel nur unzureichend ausgerüstet. Bei Königgrätz (3. Juli 1866) siegen die preußischen Armeen über die Österreicher. Der Krieg ist verloren, die Entscheidung zwischen den Häusern Hohenzollern-Preußen und Habsburg-Österreich ist endgültig gefallen.
Im Frieden zu Prag und Wien verzichtet Österreich auf Schleswig-Holstein und Venetien, es tritt aus dem Deutschen Bund aus.
Damit war das Deutschtum seines letzten Rückhalts im Reich beraubt und stand Auge in Auge dem Nationalismus seiner Teilstaaten gegenüber. Franz Joseph zieht die Konsequenzen und unterzeichnet (1867) den sogenannten „Ausgleichs"-Vertrag, der Österreich und Ungarn als zwei selbständige, nur durch Außenministerium, gemeinsame Armee- und Finanzverwaltung sowie Personalunion, mit dem Kaiserhaus verbundene Staaten begründet.
Damit war die K.u.K.-Monarchie begründet. Das erste „K" stand für Kaiserlich, das zweite für Königreich, soweit es Ungarn und Böhmen betrifft. Die Monarchie war ein absolutes vom Kaiser mit Hilfe einer bürokratischen Zentralverwaltung regiertes Staatengebilde. Im Gesamtstaat gab es keine Volksvertretung. Wohl hatten die einzelnen Königreiche und Länder ihre Verfassungen, ihre Landtage, aber sie trugen noch ihr altes Gepräge und waren fast ohne politischen Einfluß.
1878 erhielt Österreich auf dem Berliner Kongreß das Mandat zur Besetzung und Verwaltung der beiden türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina, wobei der Sultan weiterhin Landesherr blieb. Erst 1908, nach der türkischer Revolution, schritt Österreich zur Annexion, allerdings unter Ausklammerung des bisher ebenfalls okkupierten Sandschaks (türkische Verwaltungseinheit) von Novipazar.
Die Österreichisch-Ungarische Monarchie 1867-1918, bestand aus:
Zusammen 675 000 qkm, 55,6 Millionen Einwohnern, davon 23,5% Deutsche. Stand 1913. Stand 1914: 676 615 qkm, mit 52,7 Mill. Einwohnern.
Der Ausgang des Ersten Weltkrieges, und nicht zuletzt das Unvermögen, die nationale Frage zum meistern, brachten es mit sich, daß 1918 die Österreich-Ungarische Monarchie in die Nachfolgestaaten zerfiel. Ein in Jahrhunderten organisch gewachsener Zusammen-schluß der Donauländer zu einem Vielvölkerstaat hatte sich aufgelöst.
Nicht nur im heutigen kleinen Österreich, auch in all den Ländern, die einmal zur Monarchie gehört hatten, bieten sich dem offenen Auge noch immer Zeugen aus der Vergangenheit. Über Generationen hinweg haben selbst die Menschen gewisse Eigenarten ihrer Mentalität aus den Zeiten der Monarchie bis heute noch erhalten.
Ungarn war: | 1001 | bis | 1867 | Königreich |
1867 | bis | 1918 | Österreich-Ungarische Monarchie | |
1918 | bis | 1919 | Republick | |
1919 | bis | 1944 | Königreich mit Reichsverweser. |
Die wirtschaftliche Bedeutung der Donauschwaben in den Donauländern war stets außerordentlich groß.
Die Habsburger haben die Kleinvölker im Donauraum zu einer Wirtschaftsgemeinschaft zusammengeschlossen; diese repräsentierten zusammen „eine handelspolitische Macht eines Großstaates". Damals wurde eine solche wirtschaftliche Konstellation nicht verstanden, heute weiß man den Satz des Historikers richtig zu deuten, wenn man liest: „Der Herzschlag der Monarchie wurde von dem Vertrag der beiden Körperhälften abhängig."
Das schwer bekämpfte Handels- und Zollbündnis kannte keine Zwischenzollinie, Ein-und Ausfuhrabgaben waren unbekannt, und diese Einrichtung umfaßte 675 000 qkm mit 52,7 Millionen Menschen. Hier war also der Ansatz einer Großraumwirtschaft gegeben, ein Wirtschaftsgebilde, aus mehreren Völkern in staatlicher Einheit zusammengeschlossen, stand da. Die Landwirtschaft und die Industrie mit einer ausbaufähigen Urproduktion, die Erzeugung von Produktionsgütern sowie eine konsumreife Fertigproduktion mit einem weitausgedehnten Außenhandel, drückten diesem Wirtschaftsgebiet den Stempel auf.
Die Donauschwaben sind ein Bauernstamm. Ergiebiger Getreidebau (Weizen, Mais), Weinbau (Tafel- und Weinreben), Obst und Gemüse (z.B. Pfirsiche und Aprikosen bzw. Tomaten, Melonen und Kürbisarten), Industrie- und Futterpflanzen (Hanf, Zuckerrübe, Sonnenblumen bzw. Luzerne) waren hier genau so daheim wie alle Zweige der Viehzucht (Pferde, Schweine, Rinder, Geflügel). Schweinemast diente der rationellen Verwertung des selbsterzeugten Maises.
Ihr Spezialgebiet bildeten aber die Zuckerrübe und besonders der Hanf. Der Hanfbau der Donauschwaben stand nach dem der Sowjetunion und Italiens an dritter Stelle in der Welt.
Welche Produktionskraft die donauschwäbische Landwirtschaft besaß, zeigen einige Angaben: die deutschen Bauern ernteten 20,3 dz Weizen je ha gegenüber einem Landesdurchschnitt von 14,3 dz je ha; im Maisanbau erzielten sie 30,4 dz je ha bei einem Landesdurchschnitt von nur 21,5 dz je ha; die deutschen Bauern belieferten die jugoslawische Gesamtbevölkerung mit 25% der gesamten Nahrungsmittel, obwohl sie noch nicht einmal 4% der Bevölkerung ausmachten, ganz abgesehen von dem Exportanteil den sie stellten.
In Ungarn brachten ungefähr 1200 Milchgenossenschaften 1940 etwa 1,85 Mill. hl Milch auf, davon rund 40% aus deutschen Gemeinden. Der deutsche Bevölkerungsanteil war 7%.
Zur Illustration der wirtschaftlichen Entwicklung einige Daten über die österreichischungarische Ein- und Ausfuhr in den Jahren 1854 bis 1912. (Wiener Tageszeitungen „Neue Presse" vom 18. März 1905)
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr |
Millionen Kronen | ||
1854 | 442,6 | 442 |
1860 | 448,7 | 503,5 |
1882 | 1308,3 | 1563,7 |
1896 | 1411,5 | 1548,0 |
1900 | 1696,3 | 1962,0 |
1906 | 2341,2 | 2380,0 |
1912 | 3556,7 | 2733,8 |
Sowohl der Import als auch der Export wurde in dem Zeitraum von 1854 bis 1912 vergrößert, die Einfuhr nahm um 800% die Ausfuhr um 620% zu.
Für die Versorgung des Weltmarktes mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen steuerte Österreich-Ungarn 4,1 Prozent und Rußland 7,55 Prozent bei.
Beruflich gliederten sich die Donauschwaben schätzungsweise in: Bauern 45 Prozent, Arbeiter 30 Prozent, Handwerker 18 Prozent, Kaufleute 3 Prozent, Intellektuelle 2 Prozent.
An Naturschätzen sind die donauschwäbischen Siedlungsbiete nicht sehr reich. Im Südwesten von Ungarns Mittelgebirge werden Steinkohle (Totis) und Bauxit gefördert, bei Fünfkirchen gibt es reiche Steinkohlenvorkommen. Im Banater Erzgebirge werden Kupfer, Steinkohle und Eisenerz gefördert.
Die deutschen Siedlungen, mit denen wir uns in diesem Heimatbuch befassen werden, liegen in der unteren Baranyajenem Ebenen- und Hügelland, das sich vom Donau-Drau-Winkel aus in nordwestlicher Richtung gegen das Nordbaranyaer Gebirge hinzieht. Das dortige Deutschtum gehört zu der größten deutschen Sprachinsel zwischen Donau, Drau und Plattensee, die als sogenannte Schwäbische Türkei sich über die Gespannschaften Tolnau, Baranya und Somogy (Schomodei) erstreckt.
Im alten Ungarn, wie es bis zum Friedensvertrag von Trianon bestand, deckte sich der südliche Teil dieses Deutschtumgebietes im großen und ganzen dem Bereich der Gespannschaft Baranya/Branau, die mit einem Flächenmaß von 5093 qkm das Nordbaranyaer Inselgebirge und sein norwestliches Hinterland bis zum Kaposfluß, sowie sein südöstliches Vorland bis zur Donau und Drau umfaßte. Die auf dem Kamm des Gebirges verlaufende Wasserscheide zwischen den norwärts gerichteten Kaposbächen einerseits und den nach Südosten und Süden ziehenden Donau-Drau-Zuflüssen anderseits, trennt die Baranya in ihrer natürlichen Landschaftsgestalt nach verschiedenen Gebieten, in die „Obere" und die „Untere" Baranya, mit 3760 qkm.
Mit dieser Abgrenzung nehmen wir naturgemäß auf die durch den Friedensvertrag von Trianon gezogene Grenze gegen Jugoslawien keine Rücksicht.
In der unteren Baranya sind 142 Gemeinden mit deutscher Bevölkerung erfaßt, die sich wie folgt verteilen:
Gemeinden zwischen:
100 | und | 90% = 32 |
90 | und | 80%= 9 |
80 | und | 70% = 10 |
70 | und | 60% = 14 |
60 | und | 50% = 6 |
50 | und | 40% = 10 |
40 | und | 30% = 9 |
30 | und | 20% = 4 |
20 | und | 10% = 17 |
10 | und | l°/o =31 |
Die Deutschen hatten somit in 71, das sind 50% der Gemeinden, die absolute Mehrheit; die Magyaren hatten in 44 Gemeinden (31%), die Serbokroaten in 15 Gemeinden 10%. Die übrigen Gemeinden waren relative Mehrheitsgemeinden und zwar 8 deutsche, 0 magyarische und 4 slawische.
Eine besondere Betrachtung verdienen noch die Außensiedlungen, die verwaltungsrechtlich einer Großgemeinde zugeordnet werden und daher nicht als selbständige Siedlungen in der Statistik erscheinen. Zu den 142 Gemeinden mit Deutschen unseres Gebietes gehören 118 Außensiedlungen, die teils als Puszta oder Meierei, teils als Tanya oder Szállás bezeichnet werden.
(Meierei = herrschaftlicher Gutshof
Puszta = nach der Türkenzeit entstandene Neusiedlung auf der Gemarkung
verwüsteter Dörfer Tanya und Szállás = Gehöft).
Die ungarische Gespannschaft Baranya ist (war) in sieben Bezirke eingeteilt: Baranyavár, Hegyhát, Mohács, Fünfkirchen, Pécsvárad, Siklós, und Szentlörinc; dazu kommt als selbstständiges, einer Gespannschaft gleichgestelltes Organ, die Königliche Freistadt Fünfkirchen.
Seit 1918 ist der früher zum Bezirk Beranyavár gehörige Teil des Donau-Drau-Winkels in zwei jugoslawische Verwaltungsbezirke Batina (Kisköszég) und Darda aufgeteilt. Der nördliche Teil, Bezirk Batina, umfaßt nach der jugoslawischen Zählung von 1921: 11 Gemeinden mit 20 466 Einwohnern, darunter 4584 Deutsche, 7484 Magyaren und 8157 Serbokroaten. Der südliche Teil, Bezirk Darda, umfaßt 19 Gemeinden mit 28 952 Einwohnern, darunter 11 678 Deutsche, 9092 Magyaren und 7480 Serbokroaten. Das gesamte Gebiet umfaßte eine Fläche von 1143 qkm.
(Schokazen und Bunjevazen sind südslawische Stämme römisch-kath. Religion, die im 16. Jahrhundert vor dem Ansturm der Türken nach Ungarn flüchteten. Ihre Namen, deren Herkunft noch nicht einwandfrei geklärt ist, beziehen sich wahrscheinlich auf ihre ursprüngliche Heimat; die Bunjevazen kamen vermutlich aus der Gegend des Buna Flusses in der Herzegowina, Illyrer ist eine Bezeichnung für einen kleinen kroatischen Stamm).
Im einzelnen bekommen wir aus der Berufsstatistik von 1910 ein Bild von der wirtschaftlichen Struktur der unteren Baranya. Einbezogen in die Statistik ist die Stadt Fünfkirchen und die Bezirke Baranyavár, Mohács, Fünfkirchen, Pécsvárad und Siklós, die sich im großen ganzen mit unseren Siedlungsgebieten decken.
Die Zahl der in den wichtigsten Wirtschaftszweigen Erwerbstätigen, einschließlich der von diesen Ernährten betrug 1910:
Bezirk | Landwirtsch. | Bergbau | Industrie | Handelu. Verk. | Ges. Bev. | ||||
Baranyvár | 34442 | 70% | - | — | 7391 | 15% | 2228 | 4% | 49135 |
Mohács | 36688 | 64% | 7 | 0% | 10 349 | 18% | 3201 | 6% | 56909 |
Fünfkirchen | 25877 | 65% | 5894 | 15% | 4248 | 11% | 1031 | 2% | 39798 |
Pécsvárad | 24843 | 71% | 326 | 1% | 5988 | 17% | 797 | 2% | 34993 |
Siklós ... | 25956 | 70% | 7 | 0% | 61137 | 16% | 1847 | 5% | 37677 |
Stadt Fünfkirchen | 3533 | 7% | 3723 | 7% | 18493 | 37% | 7283 | 15% | 49822 |
zusammen: | 151339 | 56,6% | 9957 | 3,7% | 52606 | 19,6% | 16387 | 6,1% | 268334 |
Aus dieser Übersicht geht deutlich hervor, wie stark der Anteil der Landwirtschaft am Wirtschaftsleben der unteren Baranya ist, bzw. war. Er übersteigt in allen Bezirken mit Ausnahme des Stadtgebiets von Fünfkirchen den Landesdurchschnitt von Ungarn, 55,9%. Maßgebend an dieser wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung ist (war) daß die Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft im Jahr 1857 die Bahn Fünfkirchen - Villány - Mohács baute, und somit das ganze Südbaranyaer Gebiet an den Donauverkehr angeschlossen hat (war).
Erläuterung zur Karte. Von Prof. Dr. C. Uhlig
Diese Karte 1 : 300 000 wurde nur für die zur unteren Baranya gehörigen Gemeinden mit deutschen Mehr- und Minderheiten aufgenommen. Die vier verschiedenen Schraffu-ren zeigen die Abstufungen im Vorkommen des Deutschtums auf. Daneben deutet die Darstellung der Orte in vier Größenklassen die gesamte Bevölkerung an.
Die Karte war ursprünglich in starker Anlehnung an die Einzelheiten der Karte gleichen Maßstabes von R. Pfaunder (1911) entworfen worden. Die dort eingezeichneten Gemarkungsgrenzen sind aber vielfach so ungenau, daß man schließlich auch für die Zeichnungen auf die im übrigen benutzte Karte 1 : 75 000 zurück gehen mußte. Sie lag für den größten Teil des Gebietes in neuer, im Staatlichen Ungarischen Kartographischen Institut in Budapest hergestellter Ausgabe, mit roten Gemarkungsgrenzen vor. Für die heute zu Jugoslawien gehörigen Gemeinden der Baranya wurden ältere Blätter benutzt, die die Gemarkungsgrenzen in einer, allerdings oft schwer lesbaren, Linienführung enthalten.
Die Gemeindegrenzen verlaufen heute in dem an Jugoslawien gefallenen Winkel zum Teil anders als früher. Die Entragung dieser Änderung in die Karte war aber nicht möglich, weil nach einer Auskunft des Militärgeographischen Instituts in Belgrad die in Betracht kommenden Kartenblätter noch nicht erschienen sind (1927-31).
Im Literaturverzeichnis sind 70 Quellenangaben vermerkt.
Die Ausführung dieser wissenschaftlichen Arbeit hat das Geographische Institut der Universität Tübingen durch einen Kostenbeitrag aus Stiftungsmitteln gefördert.
Herausgegeben wurde es im Auftrag des Wissenschaftlichen Beirats des Auslands-Instituts Stuttgart von:
Geh.-R. Prof. Dr. Walter Goetz, Leipzig Geh.-R. Prof. Dr. Karl Sapper, Würzburg Prof. Dr. Paul Traeger, Berlin Prof. Dr. Carl Uhlig, Tübingen Geh.-R. Prof. Dr. Wilhelm Volz, Leipzig Die Studie wurde von Dr. Gottlob Holder 1931 verfaßt.
Das Mecsekgebirge, der westliche Teil des Nordbaranyaer Gebirges, erreicht in dem unmittelbar über Fünfkirchen aufragenden Mecsekberg mit 612 m seinen höchsten Punkt, und sein östlicher Ausläufer steigt bei Pécsvárad in Zengövár sogar auf 682 m an. Im Villányaer Weingebirge ist der Harsányberg mit 442 m die höchste Erhebung und beherrscht damit nicht bloß das nördliche und südliche Vorland weithin, sondern auch den am Westende bis auf 172 m sich senkenden Bergzuges selbst. Der Vörösmarter Bergzug steigt im Steinberg bei Ban auf 243 m an.
Die bei Pécsvárad entspringende Karasicza, wird nach anfänglich südlich gerichtetem Lauf am Ortsfuß des Villányer Weingebirges vorbei durch den Vörösmarter Bergzug nach Ost-Nord-Ost abgedreht und mündet bei Batina in die Donau. Sie legt eine Strecke von 75 km zurück.
Die Karasicza empfangt von rechts eine Reihe von kleineren und größeren Bächen, die alle am Südhang des Nordbaranyaer Inselgebirges oder im Gelände zwischen Mecsek und Villányer Weingebirge entspringen. Zusammen sind es 23 km die sie bei Villány in sich aufnimmt.
Die bedeutendsten sind der Csapagraben, der nordöstlich von Vasas entspringt und bei Nagybudmér mündet, sowie der von der Udvarer Schelle südlich von Fünfkirchen kommende Mühlbachgraben, (in dem König Ludwig II. 1526 den Tod fand) der durch das Villányer Weingebirge von seiner Südrichtung abgelenkt und ostwärts gewendet wird, bis er oberhalb Magyarbóly sich mit der Karasicza vereinigt.
Nur der unmittelbar bei Fünfkirchen aus mehreren Quellbächen sich sammelnde Fünfkirchner Kanal zieht sich durch die sogenannte Fünfkirchner Senke nach Südwesten, um später südöstlich umzubiegen und unterhalb Dravapalkonya in die Drau zu münden.
Die Donau selbst berührt die Baranya von Bata an bis zur Einmündung der Drau auf einer Strecke von ungefähr 80 km. Das früher unsichere Bett des Stromes wurde in den Jahren 1821 bis 1870 reguliert, und so verkürzte sich der Flußlauf zwischen Paks und Batina um 96 km; allein zwischen Tolnau und Mohács wurde durch vier Durchstiche eine Strecke von 40 km auf 6,6 km verringert. An der Grenze zwischen Tolnau und Baranya, gegenüber von Bata, zweigt links der sogenannte Bacskaer Donauarm ab, der die bis in die Gegend von Bezdan sich erstreckende Mohácser Insel bildet. Sie ist ein Markungsteil der Stadt Mohács und gehört somit noch zur Baranya; stark versumpft und daher für größere Siedlungen ungeeignet.
Zusammenfassend darf man wohl sagen, wenn die deutsche Bevölkerung in der unteren Baranya seit über 200 Jahren der wirkungsvollste Faktor bei der Gestaltung der Kulturlandschaft geblieben ist, so hat das verschiedene Gründe. In erster Linie dürfen wir die Kraft und Lebensdauer des dortigen Deutschtums wohl auf die gesunde Grundlage seiner wirtschaftlichen Existenz zurückführen. Es zeigte sich bald, daß die arbeitsamen und zähen Schwaben den Aufgaben der neuen Heimat und den Widerständen der fremden Umwelt gewachsen waren und sich rasch zu einem wichtigen Faktor unter der Bevölkerung der unteren Baranya entwickelten.
Wie wir aus der Ansiedlungsgeschichte feststellen können, war der eingewanderte Kolonist keinesfalls ein freier Bauer. Daß er aber trotz mancher Belastung, Entbehrung und Einengung noch genügend Kraft und Mut zu allgemeiner Kulturarbeit fand, zeugt von seiner Tüchtigkeit.
Dem jahrhundertelangen, friedlichen Zusammenleben der Donauschwaben mit ihren andersnationalen Nachbarn, wurde mit der Vertreibung und Ausweisung ein Ende bereitet. Das Schicksal der Donauschwaben im Südosten Europas wurde damit endgültig besiegelt.
Die erste Volkszählung in Ungarn fand nach dem „Ausgleich" 1867, statt. Damals blieb die Muttersprache bzw. Volkszugehörigkeit der Nationalitäten unberücksichtigt. Es ist wichtig, daß es eine Quelle gibt, die uns für 1832 - also fast zwei Generationen vor der Statistik von 1880- genaue Angaben über die Bevölkerung in den einzelnen Gemeinden und ihrer Volkszugehörigkeit liefert. Es handelt sich um die seit 1819 erschienenen Jahresberichte des Bistums Fünfkirchen. Da aber das römisch-katholische Bistum in den einzelnen staatlichen Gemeinden als ihre Glieder nur die Menschen katholischen Glaubens berücksichtigt, fallen demzufolge die reformierten und besonders die evangelisch-lutherischen Deutschen weg.
Die letzte Vorkriegszählung in Ungarn fand am 31. 1. 1941 statt. Von den zahlreichen Fragen, die im Zusammenhang mit der Volkszählung an die Befragten gestellt wurden, waren für die einzelnen oder Volksgruppen die Fragen über die Muttersprache und über die Nationalität oder Volkszugehörigkeit, die wichtigsten.
Zwecks Aufklärung der deutschen Bevölkerung in Ungarn über die Volkszählung vom 31.1. 1941, erschien im „Deutschen Volksboten" (vom 29. 12. 1940) ein Aufsatz, in dem auf die Frage: „Wer bekennt sich bei der Volkszählung als Deutscher?" nachstehende Antwort folgt:
Als Deutscher bekennt sich, wer deutscher Abstammung ist, deutsch zur Muttersprache hat und deutsch denkt und fühlt, bekennt sich zur deutschen Nationalität. Wer aus bekannten Gründen nicht mehr tadellos deutsch spricht, aber an deutscher Kultur teilnimmt (deutsche Tracht trägt, deutsche Lieder singt usw.), wird sich als Deutscher bekennen.
Auch jener ist Deutscher, der nicht mehr deutsch kann, doch deutscher Abstammung ist und sich zum Deutschtum gehörig weiß. Er hat dann „Magyarisch" als Muttersprache anzugeben, in der Nationalitätenspalte muß er sich aber als „Deutscher" eintragen lassen.
Darnach entscheidet - im Sinne der Statistik - nicht die Muttersprache, sondern die Nationalitätsangabe über die Anzahl der Deutschen in Ungarn. Wer also bei der Volkszählung als Muttersprache „Deutsch" angibt, als Nationalität aber „Magyarisch", wird in der Statistik als Magyaré gezählt.
Die Bevölkerung der seit 1918 zu Jugoslawien gehörenden Orte wurde von der ungarischen Volkszählung des Jahres 1920 nicht mehr erfaßt. Deshalb ist die Zahl der Deutschen nach der amtlichen Volkszählung 1921, in Jugoslawien angegeben.
Wie sich das Deutschtum in unseren Heimatgemeinden (nur Gemeinden die sich an der Spendenaktion „Mahnmal - Heimatstube - Gemeinsames Heimatbuch" beteiligt haben, sind in der Statistik erfaßt) in den folgenden Jahrzehnten entwickelt hat, geht aus den Ergebnissen der Jahre: 1880, 1890,1900,1910,1920, (1921) und 1941, hervor. Eine genaue Einwohnerzahl (beim Verlassen 1944/45) unserer Heimatgemeinden kann leider nicht angegeben werden.
Volkszählung in Jugoslawien am 10. Januar 1921 und 1931 | ||||||||
Ortsname | Einw.-zahl zus. | Serben, Kroaten u. a. | Deut-sche | röm.-kath. Kon- fession | Ortho- doxen pravosl. | cv. Izr.musl. gr.kath. usw. | Einw.- zahl zus. 1931 | Deut- sche |
Bezirk Batina 317 qkm | ||||||||
Batina | 2460 | 1972 | 488 | 2427 | 9 | 24 | 2528 | 651 |
Branj ina/Kisfalud | 1475 | 725 | 750 | 824 | 647 | 4 | 1376 | 651 |
Branjin VRH | 2588 | 1996 | 592 | 2084 | 399 | 105 | 2961 | 530 |
Draz + Gajic | 3105 | 3018 | 87 | 3034 | 48 | 23 | 2905 | 78 |
Dubosevica | 1758 | 1588 | 170 | 1601 | 87 | 70 | 1615 | 100 |
Kotlina | 1012 | 992 | 20 | 371 | 8 | 633 | 1013 | 26 |
Podolje | 1133 | 1006 | 127 | 1117 | 16 | 0 | 1042 | 121 |
Popovac/Ban | 2477 | 688 | 1789 | 1844 | 609 | 17 | 2666 | 1748 |
Suza | 1201 | 1162 | 39 | 515 | 9 | 677 | 1297 | 44 |
Topolje | 1169 | 1116 | 53 | 1117 | 42 | 10 | 1061 | 66 |
Zmajevac | 2102 | 1639 | 463 | 1502 | 18 | 582 | 2287 | 618 |
zusammen: | 20473 | 15895 | 4578 | 16436 | 1882 | 2145 | 20900 | 4350 |
Bezirk Darda 840 qkm | ||||||||
B.-Petrovo-Selo | 960 | 904 | 56 | 935 | 16 | 9 | 1292 | 12 |
Beli Manastir/Manoster | 2892 | 1055 | 1837 | 2241 | 495 | 156 | 3094 | 1685 |
Belje + Knezevo | 3443 | 2554 | 889 | 1621 | 96 | 1726 | 1175 | 498 |
Bolman | 1709 | 1457 | 252 | 246 | 1222 | 241 | 2199 | 378 |
Ceminac/Laschkafeld | 1548 | 174 | 1374 | 1464 | 42 | 42 | 1715 | 1406 |
Darda | 3114 | 1764 | 1350 | 2009 | 977 | 128 | 3841 | 1486 |
Grabovac/Albertsdorf | 1255 | 258 | 997 | 1185 | 38 | 32 | 1271 | 919 |
Jagodnjak/Katschfeld | 2381 | 1112 | 1269 | 835 | 995 | 551 | 2622 | 1190 |
Kamenac | 377 | 360 | 17 | 113 | 11 | 253 | 475 | 34 |
Karanac/Karantsch | 1674 | 837 | 837 | 1125 | 57 | 492 | 1896 | 849 |
Knezevi Vinogradi | 2926 | 2632 | 294 | 1572 | 835 | 519 | 3077 | 235 |
Kozarac | 592 | 30 | 562 | 579 | 7 | 6 | 654 | 654 |
Lug | 1698 | 1633 | 65 | 730 | 19 | 948 | 1737 | 83 |
Luc/Lutsch | 1050 | 947 | 303 | 1015 | 18 | 17 | 1064 | 268 |
Novi Bezdan | 681 | 645 | 36 | 681 | 0 | 0 | 625 | 18 |
Petlovac/Sanktivan | 1196 | 207 | 989 | 1147 | 37 | 12 | 1224 | 1096 |
Sumarina | 466 | 285 | 181 | 432 | 19 | 35 | 539 | 106 |
Torjanci | 718 | 628 | 90 | 703 | 4 | 11 | 717 | 42 |
Tvrdjavica | 279 | 2 | 277 | 274 | 2 | 3 | 303 | 298 |
zusammen: | 28979 | 17304 | 11675 | 18907 | 4890 | 5181 | 32000 | 11900 |
Bei der Volkszählung von 1921 ehlen: | ||||||||
Podravlje/Eugendorf | 567 | 496 | ||||||
Daroc | 997 | 101 | ||||||
Gajic | 1071 | 19 | ||||||
Kopacevo | 1035 | 6 |
Zu den bereits vor über 30 000 Jahren besiedelten Gebieten Ungarns gehört das Bükk-Gebirge. Im ersten Jahrtausend v. Chr. kamen Skythen und Kelten.
10 n. Chr. entsteht westlich und südöstlich der Donau die römische Provinz „Pannónia", die mit der Völkerwanderung zerfallt. 4.-8. Jahrhundert: Die Hunnen mit ihrem Führer Attila erreichten vom Schwarzen Meer aus die Theißebene, werden aber nach Attilas Tod (453) durch die Gépiden verdrängt, die Langobarden und Awaren unterliegen. 7% nimmt Karl der Große Besitz von dem Gebiet.
896 „Landnahme". Sieben ungarische Stämme unter Führung von Fürst Árpád wandern aus dem Ural ein.
955 Die in der Schlacht auf dem Lechfeld durch Kaiser Otto I. geschlagenen Ungarn werden seßhaft.
997 - 1038 Gründung des ungarischen Staates durch Stephan I. „Stephanskrone". Das Land wird christlich.
1241 - 42 verwüsteten die Mongolen Ungarn.
1301 Mit dem Tod von Andreas III. (seit 1290) erlischt das Herrscherhaus der Árpádén. In der Folgezeit haben bis 1918 mit Ausnahme von Matthias I. - nur ausländische Herrscher die Königswürde inne. Nach Thronstreitigkeiten kommt die Krone 1308 an Karl Robert (1308-42) und damit bis 1387 an das Haus Anjou.
1367 König Ludwig der Große gründete in Fünfkirchen Ungarns erste Universität. Die vierte in Mitteleuropa.
1526 Die Schlacht bei Mohács. Das türkische Heer zog nach dem Sieg bei Mohács gegen Fünfkirchen, allerdings konnte es die Stadt nicht besetzen und mußte ohne Erfolg abziehen.
1543 Der Herr des Sultans Suleiman drang zum vierten Male gegen Fünfkirchen vor, um die Stadt zur Kapitulation zu zwingen. Der Bischof- der Grundherr der Stadt - floh mit seinem Hofgefolge. Fünfkirchen mußte ohne Widerstand den Türken übergeben werden.
1579 Die Türken ließen auf dem Marktplatz (dem heutigen Széchenyi Platz) eine in dieser Zeit ungewohnt große Dschamia zur Ehre des „siegreichen" Pascha Kasim (Gazi Kasim) errichten. Die Dschamia steht auch heute noch auf dem Hauptplatz der Stadt und wird als katholische Kirche benutzt.
1686 Jahr der Befreiung von der Türkenherrschaft. Am 14. Okt. zogen die Heere des Ludwig von Baden in die Stadt Fünfkirchen ein und besetzten am 23. Okt. die Burg.
1699 Friedenschluß in Karlowitz. Ungarn mit der Batschka wurde frei. Das Banat blieb weiterhin türkisch.
1703 - 11 „Kurutzenaufstand". Um den Fürsten von Siebenbürgen Ferencz II. Rákóczi (1676-1735) sammeln sich die Gegner der habsburgischen Regierung. Der Aufstand wurde niedergeschlagen.
1711 Der Frieden von Sathmar billigt Ungarn das Recht zu, sich nach eigenen Gesetzen zu verwalten.
1717 Maria Theresia geboren als älteste Tochter Kaiser Karl VI. und seiner Gemahlin Elisabeth Christine von Braunschweig.
1716 - 18 Prinz Eugen von Savoyen( 1663-1736) erringt mehrere Siege über die Türken und erobert 1717 Belgrad.
1718 Frieden von Passarowitz. Das Banat und Nordserbien mit Belgrad kommen zu Österreich.
1722 Der 1. große Schwabenzug kommt in Gang. In das Banat und in die Schwäbische Türkei kommen zahlreiche Kolonisten und gründeten zahlreiche schwäbische Gemeinden.
1738 Maria Theresias Vermählung mit Franz von Lothringen. Die Pest brach aus und forderte unter der neuangesiedelten Bevölkerung Tausende von Opfern.
1740 Tod Kaiser Karl VI.
1741 Juni: Krönung Maria Theresia zur Königin von Ungarn.
1742 Februar: Karl Albrecht wird zu Frankfurt als Karl VII. zum Kaiser gekrönt.
1743 Mai: Maria Theresia wird zur Königin von Böhmen gekrönt.
1745 Januar: Tod Kaiser Karls VII. Oktober: Franz Stefan wird zu Frankfurt als Franz I. zum Kaiser gekrönt.
1763 Kaiserin Maria Theresia leitet durch ein Ansiedlungspatent den zweiten großen Schwabenzug ein.
1765 Tod des Kaiser Franz I., Josef II. Kaiser und Mitregent.
1780 November: Tod Maria Theresia. Am 12. April erhält Fünfkirchen den Rang einer „königlichen Freistadt" und wurde damit von der Grundherrschaft des Bischofs befreit.
1780 - 90 Joseph II., der sich nicht zum König krönen läßt, ersetzt die lateinische durch die deutsche Verwaltungssprache, beseitigt weitgehend die Leibeigenschaft und löst zahlreiche kirchliche Orden auf. Der Adel wehrt sich gegen diese Reformen und macht sie zum größten Teil wieder rückgängig.
1792 -1835 Franz I. als römisch-deutscher Kaiser bis 1806, Franz II.
1848 - 49 Ungarische Revolution und Unabhängigkeitserklärung unter Ludwig Kossuth. Mit Hilfe russischer Truppen behauptete der Habsburger Franz Joseph I. Österreichs Herrschaft, die bis 1867 - als ein „Ausgleich" erfolgte.
1848 Am 2. Dezember bestieg Franz Joseph I. den Thron.
1867 Einigten sich die Ungarn mit dem Haus Habsburg-Lothringen. Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn entstand. Das Staatsoberhaupt regierte in Wien als Kaiser, in Budapest als König. Die Monarchie wurde am 16. November 1918 durch Ausrufung der Republik beendet.
Den politischen Mord als Mittel der Politik hat es in der Weltgeschichte schon von allem Anfang an gegeben. Das beweist jedes Geschichtsbuch, zur Genüge. Allzuoft fielen durch Mörderhand auch wertvolle und edle Menschen, die treu und redlich ihrem Volk dienen wollten. In Österreich und Südosteuropa wurden von 1868 bis 1944 mehrere politische Morde verübt, wovon der Doppelmord in Sarajevo bekanntlich zum Ausbruch eines vierjährigen Völkergemetzels führte.
1898 Kaiserin Elisabeth von Österreich, Gemahlin des Kaisers Franz Joseph I., der von 1848 bis 1916 regierte. Die Kaiserin wurde während einer Reise nach Genf von einem wahnsinnigen italienischen Anarchisten namens Luigi Lucheni ermordet. Da man ihn nicht zum Tode verurteilte, erhängte er sich voll Zorn in seiner Gefängniszelle.
1903 König Alexander I. von Serbien wurde mit seiner Gemahlin in der Nacht vom 10. auf den 11. Juni in einem geheimen Nebeneinlaß des „arabischen Schlafzimmers" von einer Offiziergsgruppe, die von Dragutin Dimitrijevic-Apis angeführt war, überfallen und auf das grauenhafteste ermordet. Die Dynastie Obrenovic wurde ganz ausgerottet. Die Verschwörer hatten im Auftrag der Konkurrenzdynastie Karad-jordjevic gehandelt.
1914 Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich. Am 28. Juni 1914 wurde er mit Gemahlin in Sarajevo ermordet. Ein Privattelegramm meldet aus Sarajevo, 28. Juni, 1 Uhr 10 Minuten, nachmittags. Heute Vormittag wurde hier dicht beim Bahnhof auf Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin, Herzogin von Hohenberg ein Pistolenattentat verübt. Der Erzherzog und die Herzogin sind tod. Dieser Doppelmord war von der großserbischen, nationalistischen Geheimorganisation „Einheit oder Tod!" (Ujedinjenje ili smrt!), die man im Volksmund „Schwarze Hand" (Crna ruka) nannte, vorbereitet und ausgeführt worden.
1918 Graf Stephan (István) Tisza seit 1913 ungarischer Ministerpräsident. 1917 ging er als Offizier an die Front. Am 18. November 1918 saß Graf Stephan Tisza zusammen mit seiner Gemahlin und einer Besucherin im Salon seiner Villa, da drangen vier bewaffnete Kommunisten ein, und erschossen ihn.
1934 Engelbert Dollfuß, österreichischer Staatsmann, von 1932 bis 1934 Bundeskanzler. Am 25. Juli 1934 kam es in der österreichischen Hauptstadt zu einem nationalsozialistischen Putschversuch. Etwa 100 Mann drangen bewaffnet in das Bundeskanzleramt ein. Dollfuß wollte flüchten, wurde aber dabei von zwei Kugeln verwundet. Um 9 Uhr abends starb der Bundeskanzler.
1934 König Alexander I. von Jugoslawien, aus der Dynastie Karadjordjevic. Am 9. Okt. 1934 traf er mit einem jugoslawischen Kriegsschiff im Hafen von Marseille ein. Kaum hatte der Wagen den Hafen verlassen, durchbrach ein Mann die Absperrkette der Polizei, sprang auf das Trittbrett des fahrenden Autos und tötete mit etwa 10 Pistolenschüssen nicht nur den König, sondern auch den französischen Außenminister Barthou. Wer sich mit Heimatforschung befaßt, stößt immer wieder auf Bezeichnungen und Begriffe, mit denen er zunächst nichts anzufangen weiß. Die wichtigsten fremdklingenden Bezeichnungen sollen hier aufgeführt werden.
Das metrische Maßsystem wurde bereits 1799 in Frankreich eingeführt und 1872 in Deutschland übernommen. In Österreich-Ungarn war es bereits seit 1875 gültig. Eine Ausnahme bildeten die Flächenmaße. Hier behielt man das Katastraljoch als amtliches Flächenmaß bei, ab 1907 allerdings nur mehr fakultativ (dem eigenen Ermessen überlassen) Katastraljoch (ung. kataszteri hold) = 1600 Quadratklafter = 0,5754642 ha (rd. 0,5755 ha) - früher auch „niederösterreichisches Joch" genannt.
Das Katastraljoch ist nach erfolgter Neuvermessung und Anlegung eines ständigen Katasters 1849-60 (Kaiserliches Patent vom 20. Oktober 1849) in der Monarchie amtliches Flächenmaß geworden. Ungarisches Joch (ung. magyarhold) = 1200 Quadratklafter = rd. 04316 ha.
Dieses Flächenmaß ist meist in den von Madyaren bewohnten Orten (nichtamtlich) gebräuchlich gewesen. Kleines Joch (ung. kishold) = 1000 Quadratklafter = rd. 0,3797 ha.
Seine Verbreitung erstreckte sich mehr oder weniger nur auf die deutschen Orte Ungarns.
Aus der Urbarialzeit kennen wir auch einige Begriffe, die bestimmte Flächeneinheiten ausgemacht haben. So z.B. die Ansässigkeit bzw. die Session. Ursprünglich schwankte das Ausmaß so einer Ansässigkeit zwischen 22 und 60 Joch. Durch ein Dekret der Kaiserin Maria Theresia (29. Dezember 1766), wurde eine gewisse Vereinheitlichung erreicht, doch waren die Schwankungen von Komitat zu Komitat noch immer groß (im Durchschnitt aber 36 Joch).
Alte Hohlmaße für Getreide:
1 Pester Metzen = ungefähr 95 Liter, das sind 70-75 kg.
In den Konskriptionen von 1715 und 1720 ist der Bauerngrund mit Preßburger Metzen Ackerland je Ansässigkeit gerechnet worden.
Mit einem Preßburger Metzen konnte man 500-800 im Durchschnitt 600 Quadratklafter Feld mit Frucht besäen. 2 Preßburger Metzen = 1 Ung. Joch.
Im 18. Jahrhundert wurde der Preßburger Metzen mit 64 Halben gemessen. 1875 wurde er mit 62,498 1 umgerechnet.
Der Weingarten wurde mit „Haue" gerechnet. Eine „Haue" war soviel wie eine Person an einem Tag mit der Haue bearbeiten konnte. Im allgemeinen 94, in der Ung. Tiefebene 200 Quadratklafter.
Bei der 1828er Zusammenschreibung (Regnicolaris) wurden die Weingärten nicht mehr nach Haue, sondern nach dem Preßburger Metzen angegeben, wobei ein Drittel Preßburger Metzen = 1 Haue Weingarten ausmachte.
Währungseinheiten in den deutschen Auswanderungsgebieten.
1 Reichstaler (RT = 30 x oder 24 Guter-, Apfel- bzw. Fürsten-Groschen, oder 36 Mariengroschen, oder 30 Silber-Groschen (von 1821-73 die Hauptscheidemünze, dann übertrug sich diese Bezeichnung auf das 10-Pfennig-Stück. 1 (florentinischer) Gulden (CM, frt. fl) = 15 bz = 60 x
1 Batzen (bz) = 4 x
1 Kreuzer (x) = 3 d
1 Pfennig (auch Dinar, d); 1 Pfund-Pfennig.
1 Heller = kleinste Münze.
1 Reichstaler = 1 fl 30 x
Auf alle diese Abweichnungen hier näher einzugehen, würde zu weit führen, andererseits bedarf es auch schon eingehender Studien, um diese alten Begriffe aus dem täglichen Leben unserer Vorfahren deuten und einordnen zu können.
Konskriptionen (Zählungen): Zum Zwecke der Steuerhebung veranstaltete Zusammenschreibungen.
Urbárium (1767):
Darin wurden die Rechte und Pflichten der Bauern und der Grundherrschaft festgelegt. Grundbücher, Grundsteuer, Hypothekenbuch, Robotleistung, Abgabe-Regelung.
Urbaria ET Conscriptiones:
Die von Zeit zu Zeit stattgefundenen Conscriptionen wurden von der ungarischen Hofkammer durchgeführt. Es handelt sich um Einwohnerlisten, Ansiedlerlisten, Dorfbeschreibungen, Urbarialkontrakte, verschiedene Bittschriften, Inventarien etc.
Contribuenten-Listen 1828
Die Konskription (steuerliche Erfassung) wurde aufgrund des Artikels VII des Dekretes Kaiser Franz I. und König von Ungarn, im Jahre 1827 verkündet. Sie stellt eine namentliche Erfassung sämtlicher steuerpflichtiger Bewohner zwischen 18 und 60 Jahren und ihres Besitzes dar.
Visitations-Protokolle:
Protokolle der Pfarrämter zur Erfüllung der Bischhöflichen-Aufsichtspflicht.
Matrikelbücher:
Zu den wichtigsten Aufgaben der Geistlichkeit und vieler Lehrer gehörte die sofortige Anlegung eines Kirchenbuches nach ihrem Amtsantritt. In diese Matrikelbücher trugen sie die Namen der Geborenen, Verheirateten und Verstorbenen ein. Außer den Geburts-, Heirats- und Todeseintragungen enthalten die Kirchenbücher oft sachfremde oder auch solche Aufzeichnungen, die mit dem geistlichen Amt etwas zu tun haben. Leider haben die Geistlichen bei ihren Eintragungen in die Kirchenbücher es meistens unterlassen, die Herkunft der Eingeschriebenen festzustellen und ebenfalls einzutragen.
In unseren Heimatgemeinden war von der Neubesiedlung an ein Bevölkerungsgemisch, das die südwestdeutschen Auswanderungsgebiete wiederspiegelte. Neben Serben, Madjaren, Kroaten und Zigeunern, waren die deutschen Ansiedler aus allen südwestdeutschen Gegenden vertreten. Deshalb können wir uns die Verschiedenheit in unseren neu besiedelten Dörfern nicht bunt genug vorstellen. Es muß ein Durcheinander in Sprache und Tracht gegeben haben, das man als bunter durcheinandergewürfelter Mischmasch bezeichnen kann. Es ist leider nicht mehr feststellbar, wie sich aus diesen farbenfreudigen Bildern neue Dorftrachten gebildet haben.
Bei festlichen Gelegenheiten wie Kirchentracht, Sonntagstracht, Tanztracht, Brauttracht usw., wurden mehrere Röcke und gestärkte Unterröcke getragen, die auch den kleinen Mädchen ein würdiges Aussehen verliehen. Die Männertracht war schon etwas moderner, denn sie trugen Rock, Leibl und lange Hosen, weiße Hemden, einen schwarzen Hut und im Winter eine Pelzkappe. Bei uns wurde die Dorftracht gepflegt und bis zur Vertreibung auch getragen. Leider sind seither diese unsere einst so schönen Volkstrachten ganz selten geworden. Noch seltener die Menschen, die diese Trachten bis zum heutigen Tage tragen. Wer in der alten Heimat eine Volkstracht getragen hat, war mit seiner Dorf-und Sippengemeinschaft mehr verbunden als ein anderer.
Was ist eine „Volkstracht"? Selbst Gesponnen, selbst gemacht, das ist die schönste Bauerntracht.
Es ist eine Bekleidung, die vor allem von der bäuerlichen Bevölkerung gestaltet und im Verlauf der über zwei Jahrhunderte, ihrem Geschmack entsprechend, entwickelt wurde. So konnte durch die Volkstracht die Zugehörigkeit zu den einzelnen Gemeinden erkannt werden. Es spielte vermutlich doch eine große Rolle, aus welchem deutschen Gebiet unsere Ahnen eingewandert waren, weil sie ihre Lebensform und ihre Bräuche beibehielten, ihre heimatlichen Trachten mit sich brachten und diese auch trugen. Es gab bei uns Trachten für Frauen, Mädchen, Männer, Kinder, Jugendliche junge Ehepaare, ältere Ehepaare, Frühjahrs-, Sommer-, Herbst und Winter. Dann gab es auch noch verschiedene Trachten bei Bräuchen, die an das Kalenderjahr gebunden sind und bei verschiedenen Gelegenheiten des täglichen Lebens. Besonders schön und eindrucksvoll war die Mädchen- und Frauentracht. Auf selbstgefertigte Zierbänder in den Schrankfächern stand oft der schöne Spruch: „Was Mütterlein mir einst beschert, halt ich in diesem Schranke Wert; soll glatt und fein geordnet sein, wie's einstens auch hielt mein Mütterlein".
Wir haben in der unterer Baranya eine gutverständliche Mundart gesprochen, verwandt mit der hessischen, mainfränkischen und schwäbischen. Ihr genauer Ursprung läßt sich nicht mehr feststellen, bzw. erforschen. Denn wie in der Tracht, so muß sich auch in der Mundart eine gemeinsame Dorfmundart herausgebildet haben. Alles gehört der Geschichte an und uns bleibt nur die Aufgabe, das Bild dieses einmaligen Brauchtums als ein Teil der Dokumentation unseres Kulturgutes als Erbe dem Gedächtnis zu erhalten.
Unsere Vorfahren hatten anfangs kein Bedürfnis zur Bildung von Vereinen, weil sie mit der Sorge belastet waren, sich und ihre Familie durch die damaligen Notzeiten durchzubringen. Es fehlte ihnen auch die hierzu erforderliche Freizeit, denn wenn es eine solche auch mal gab, mußte sie für die Erfüllung der Verpflichtungen dem Landgeber, der Herrschaft gegenüber, genutzt werden, auch im Winter. Anläße zu Zusammenkünften und Gemeinsamkeiten waren höchstens Feierlichkeiten innerhalb der Familie oder der Verwandtschaft.
Erst nachdem sich im Laufe der Zeit ein bescheidener Wohlstand eingestellt hatte, ergaben sich bei der Bevölkerung auch andere Bedürfnisse zur Bildung verschiedener Vereine.
Es gab bei uns Gesangs-, Turn-, Lese-, Sport-, Schützen-, Feuerwehr- und Jägervereine, usw.
Das Vereinsleben hatte aber immer einen dörflichen Charakter. Die Sonntage gehörten vormittags der Kirche und am Nachmittag den Männern zur Unterhaltung in den Weinkellern oder zum Kartenspielen im Wirtshaus (Gasthaus).
Die Frauen machten einen Besuch bei den Eltern, Verwandten oder Freunden zu einem Tratsch über Neuigkeiten. Unter der weiblichen und männlichen Jugend gab es viele Kameradschaften. Man traf sich sonntags, ging gemeinsam zum Tanz, feierte kleine Feste und hielt sich die Kameradschaftstreue. Abends wurden im Gassengraben gemeinsam von Burschen und Mädchen die alten Volkslieder gesungen. Die älteren Leute saßen auf der Bank oder auf Stühlen vor dem Haus, erzählten mitunter mit den Nachbarn über Wetter und Arbeit, von Ernteaussichten und Preisen, wachten wo der „xy" heute abend hingeht, damit man ja gut über alles informiert war. Meistens jedoch lauschten sie den Liedern der Jugend oder hielten selbst stille Rückschau auf vergangene, schöne Zeiten.
Das Gesamtbild wäre aber falsch und lückenhaft, wenn nicht die Züge des Volkscharakters in unseren Dörfern erwähnt würden, nämlich der Sinn für Humor und Fröhlichkeit und der Neigung zu Musik, Tanz und Gesang.
Einige kurze Angaben über die Volksschauspiele sollen hier nicht fehlen. Nach der Volkszählung von 1920 gibt es in der Schwäbischen Türkei 223 rein deutsche Gemeinden oder solche mit deutscher Mehrheit. In ihr finden sich 180 Spielorte, in denen ein oder mehrere Volksschauspiele heimisch waren. 115 Spieldörfer entfallen allein auf die Baranya. Während der 20er und 30er Jahre stellt die Baranya die umfassendste und dichteste Volksschauspiellandschaft dar und verkörpert eine besondere Überlieferungswelt, in der Spielfreudigkeit bestehen bleibt. Doch fallen in diese Zeit auch erste Schatten. Hie und da ist ein Aufhören und Abbröckeln zu beobachten.
Durch die Kriegsereignisse von 1944/45 und die folgenden leidvollen Jahre, bricht die Spielpflege vollständig zusammen. Eine lange, lebendige Überlieferung reißt jäh und endgültig ab.
Für jedes donauschwäbische Dorf war es aber auch selbstverständlich, eine eigene „Musikbanda" (Blaskapelle) zu haben, die von keinem Ereignis wegzudenken war, sei es ein freudiges gewesen wie Hochzeit, Kirchweihfest, sonstige Tanzunterhaltungen oder ein trauriges, wie Beerdigung. Man pflegte die im Dorf übliche Tanzmusik. Es wurden die überlieferten Tanzweisen auf Blas- und Streichinstrumenten gespielt. In den meistens selbst handgeschriebenen Notenbüchern gab es vorwiegend Ländler, Zeppl, Polka, Walzer und Märsche. Aber zu vorgeschrittener Stunde, wenn es schon dem Ende der Tanzunterhaltung zuging, wurde auch einmal ein feuriger Csárdás gespielt und getanzt.
Die Lebensform in unseren Heimatgemeinden war weitgehend durch Sitte und Brauchtum geordnet. Wer diese Ordnung bejahte, fühlte sich auch in ihr geborgen. Aus dem Gefühl dieser Geborgenheit scheint uns die alte Heimat in der Erinnerung als eine heile Welt. Der hohe Leistungstand unserer Menschen auf dem Gebiet des Acker- und Weinbaues ist eine anerkannte Tatsache. Wir waren auf diesen Gebieten die Träger des landwirtschaftlichen Fortschrittes.
Unsere Häuser stachen auch schon äußerlich durch Sauberkeit und durch ihre geräumigen Wirtschaftshöfe aus ihrer Umgebung hervor und trugen alle Zeichen des Wohlstandes. Es war allgemein bekannt, daß die deutschen Bauern auch die höheren landwirtschaftlichen Erträge auf dem Gebiet der Vieh-, Schweine- und Pferdezucht aufwiesen.
Die Hauptkulturen der pflanzlichen Erzeugnisse waren Weizen, Mais, Sonnenblumen, Zuckerrüben und Wein. Die Vielseitigkeit der pflanzlichen Erzeugung bedeutet durchaus keine Zersplitterung der Kräfte, sie waren vielmehr bedingt durch die verschiedenen Gegebenheiten der Bodenverhältnisse in unseren Gemeinden.
Um ein übersichtliches Bild der in der alten Heimat erzielten Durchschnittserträge zu ermöglichen, lasse ich diese in der nachstehenden Tabelle für die verschiedenen Kulturpflanzen folgen:
Zunächst eine Umrechnungstabelle Joch = Hektar, Hektar = Joch.
(Quadratklafter - Quadratmeter).
|
Durchschnitt je ha in dz | Durchschnitt je Kat.-Joch in dz |
Weizen | 24 | 15 |
Wintergerste | 30 | 17 |
Sommergerste | 20 | 12 |
Mais (Körner) | 50 | 30 |
Hafer | 24 | 15 |
Kartoffeln | 200 | 114 |
Zuckerrüben | 300 | 172 |
Hanf (Eigenbedarf) | 100 | 66 |
Wein | 45 = 3200 Ltr. | 25 = 2400 Ltr. |
Sojabohnen | 18 | 10 |
Auch auf dem tierzüchterischen Gebiet leisteten unsere Bauern Vorzügliches mit durchschlagendem Erfolg. Auf den züchterischen Erfolgen baute sich schließlich eine rationell betriebene Milchwirtschaft auf, die es bei ihren Erzeugnissen, z.B. Butter hinsichtlich Qualität, zu Spitzenleistungen brachte. Die durchschnittliche Milchleistung der Milchkontrolle unterworfener Kühe betrug ca. 2500 L. pro Jahr, mit einem durchschnittlichen Fettgehalt von 3,5%.
Zur Deckung des Haushaltsbedarfs an Wolle wurden von den Bauern Schafe gehalten. Auf einer besonders hohen Stufe stand die Schweinezucht. Es wurden Fleichschweineras-sen, wie das veredelte deutsche Landschwein, Mangolica und das ausgesprochene Fettschwein, gezüchtet.
In unseren Gemeinden gab es nicht nur Bauern und Handwerker, sondern auch Taglöhner die sich ihr Brot sauer verdienen mußten. Die meisten männlichen Taglöhner hatten noch nebenbei einen Beruf wie: Zimmermann, Maurer und Schlosser mit welchem sie auch Arbeit fanden. Die Frauen, die als Taglöhner ihr Geld verdienten, waren in der Landwirtschaft tätig. So ging's von Frühjahr bis spät in den Herbst hinein.
Bei Saisonarbeiten, wie Kukuruz stecken und hacken, Weingarten hacken, Erntezeit, Schnitt und Drusch, Kukuruz brechen (ernten) und das Kukuruzlaub schneiden, waren die Taglöhner bei den Bauern beschäftigt. Entlohnt wurden sie von diesen in Naturalien und in Geld.
Man muß sagen, es wurde den Taglöhnern viel abverlangt, wenn es aber Martini zuging waren sie dennoch froh und glücklich, denn jetzt begann für sie die verhältnismäßig arbeitsruhige Winterzeit. Knechte und Mägde gab es bei uns sehr wenige.
Einen Standesunterschied kannten wir in unseren Heimatgemeinden nicht.
Zu 98% besaßen die Taglöhner ihr eigenes Haus, hatten einen kleinen Weinberg wo ihnen der Haustrunk gewachsen ist und Schweine zum Schlachten. Sie waren gut eingerichtet und litten keine Not an Speis und Trank.
WO WIR GELEBT
Einst bauten wir Hütten,
dann Häuser, die Kirche, das Dorf;
wir haben im Fieber gelitten
und schnitten entsumpften Torf.
Wir kannten die Freude,
feierten Feste durchs ganze Jahr;
daran denken wir heute,
weil es so schön einmal war.
Jetzt ist dort Stille,
wo wir gesät, geerntet, gelacht;
das Land der Fülle
hat man schweigsam, arm gemacht.
Die Blumen sind verblüht,
verfallen Haus, und Kirch' und Ort;
keiner mehr dort Furchen zieht,
die Früchte sind verdorrt.
Tot ist das Land,
das gelebt, gegrünt, gediehen;
reiche Fluren bedeckt jetzt Sand,
und die Raben darüber ziehen.
Christ N. Herr
Wir kennen jene Epoche, die in der K. u. K. Donau-Monarchie und in ganz Europa „Der großen märchenhaften Zeit", währte vom letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. An der blauen Donau wachte Ihre Kaiserliche und Königliche Majestät Franz Joseph über den Schlaf der Bürger. Im Wiener Práter zwirbelten fesche Gardeoffiziere ihre Schnurrbärte, und auf dem Donaukorso in Budapest rasselten schneidige Husaren-Rittmeister mit ihren Säbeln.
In dieser uns bereits wie eine Traumwelt erscheinenden Zeit war die größte Sorge der Hausfrauen, ihre Familie und Gäste täglich mit ihrer Kochkunst zu überraschen, um damit den Ruf ihrer Haushaltkünste unter Beweis zu stellen.
Was haben nun die Hausfrauen aus der unteren Baranya so allerhand für Fleich- und Mehlspeisen zubereitet und gekocht:
Suppengerichte:
Rindsuppe, Einmachsuppe Geflügelsuppe, Paradeissuppe, Einbrennsuppe, Grumbiere-suppe, Bohnensuppe, Erbsensuppe, Grießsuppe usw.
Suppenfleisch:
Rindfleisch, Geflügelfleische (Huhn, Gans, Ente), nach der Schlachtzeit: Hochrippfleisch (Karree, Kotelett). Auch das Paprikasch muß man dazu rechnen; es gab das Knödelpaprikasch, Paprikasch mit Reis und das kurze Paprikasch.
Verschiedene Soßen zum gekochten Fleisch:
Krensoß (Meerettichsoß), Paradeissoß, Kapersoß, Weichselsoß, Zwieblsoß usw.
Verschiedene Braten:
Schweinebraten, Kalbsbraten, Lammbraten, Geflügelbraten (Huhn, Gans, Ente), Hasenbraten usw.
Verschiedene Gerichte:
Gefüllte Paprika (mit Schweinefleisch und Reis) in Tomatensoß. Sar'me (Krautwickel), Tepsiekrumbiere, Fischpaprikasch mit Nudle.
Unsere Wurstwaren:
Bratwurst, Blutwurst (Griebenwurst), Schwartenmagen, alles von der eigenen Hausschlachtung zubereitet und geräuchert.
Geräuchertes:
Schinken, Speck, Rippen, Schulterblättl.
Salate:
Grüner Salat, Krautsalat, Gurkensalat, Paradeissalat, Selleriesalat, rote Rüben, saurer Paprika und Saure Gurken.
Gemüse:
Süßkraut, Sauerkraut, grüne Bohnen, trockene Bohnen Erbsen, Spinat, Wirsing, Kehlkraut, Blumenkohl, Kürbis usw.
Mehlspeisen gekocht:
Grumbiere und Knödle (auch Nudle), Grießnudle, Käsnudle, Schnupfnudle, Peckmes-nudle, Maknudle, Nussenudle, Schmarre, Flute, Käspölsterli, Zwetschgenknödl usw.
Mehlspeisen aus Hefeteig oder in Fett gebacken:
Peckmeskipfel, Salzkipfel, Schmeerkipfel, Makstrudel, der gezogene Strudel gefüllt mit Äpfel, Käs (Quark), Kürbis, dann die Pogätschl, Pfannkuche, Kreppl (Krapfen), Zimtkrapfen, Palatschinken, Verrissene Hosen, Äpfelbitte, Kuchenlupp, Flammkuchen aus Brotteig usw.
In der Regel begann das gekochte Essen mit einer Suppe als Vorspeise. Brot wurde zu allen Fleischspeisen gegessen, auch wenn es zum Fleisch Kartoffeln und Gemüse gab.
Für die Zubereitung der Speisen wurde fast nur Schweinefett verwendet.
Fleischtage waren gewöhnlich der Sonntag und Feiertag. Dienstag under der Donnerstag. Freitags gab es Bohnen und Nudle oder Knödle, an den übrigen Tagen soweit es nicht ein schwerer Arbeitstag war, gab es Mehlspeis.
Das Geheimnis des guten Kochens ist heute noch dasselbe, wie es einst war. Ein guter Ofen und eine ideenreiche Hausfrau.
Wer schafft, muß esse; Esse un Trinke halle Leib un Seel zamme.
ABSCHIED
von Georg Faht
(aus Stockbrünnlein)
Als ich einst in die Fremde ging,
von ihr auch Abschied nahm
fühlt ich, wie sie mich trüb umfing
und sprach voll Leid und Gram;
„Mein Junge, warum gehst du fort,
aus deinem Elternhaus?"
Sie mahnte mich mit sanftem Wort:
„Bleib doch bei mir zu Haus!"
Als sie mein Hab zusammgeschnürt,
und mich darnach geküßt,
dann habe ich so recht gespürt,
was mir die Mutter ist.
Sie blickte mich so traurig an,
und hat nur still geweint.
Ich hatte ihr so Weh getan
und hab 's nicht bös gemeint.
Die Handwerker in unseren Dörfern, die für die Bauern unentbehrlich waren, sind den Bauern in mancher Beziehung überlegen gewesen. Die Überlegenheit bezieht sich nicht auf die Ausbildung, die sie hinter sich hatten, sondern sie waren oft auf der Wanderschaft und hatten dabei Gelegenheit, die Welt und andere Menschen kennenzulernen und somit ihren Blick zu erweitern. Ebenso hatten sie durch ihre Ein- und Verkaufsbeziehungen einen stärkeren Kontakt mit der Umwelt. Das alles führte zu einer besseren Land- und Menschenkenntnis. Sie waren somit das bewegliche Element in unseren Dörfern.
Es waren folgende Berufe einmal oder mehrfach vertreten: Wagner, Schmied, Maurer, Zimmermann, Schlosser, Drechsler, Küfer (Faßbinder), Tischler (Särgehersteller), Schuster, Schneider, Sattler (Riemer), Friseur (Balwierer), Brunnenbohrer, Kürschner, Bürstenbinder, Metzger (Fleischhacker), Bäcker, Seiler, Stricker, Steinmetz, Klampfner (Spengler), Lebzelter, Weber, Müller, Batschkermacher, Sodasch (Sodawasserhersteller), Schnapsbrenner (Schnapsbrennerei), Dachdecker, Hutmacher, Optiker. Unsere Balwierer (Friseur), wie sie bei uns genannt wurden, waren nicht nur die Verschönerer der Männerwelt, die sie wöchentlich mit ihren Taschen in ihren Häusern besuchten, sie mußten auch, wenn mal so ein Zahn schmerzte ohne Schmerztabletten und ohne Spritze das „Ding rausropfen". Sie waren außerdem noch unsere Ortszeitung. Die Balwierer sorgten für die Verbreitung aller Neuigkeiten, denn sie wußten so ziemlich alles was im Dorf vorging. Der Handel war auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet. Für das tägliche Leben diente der Gang ins „G'wölb", das war bei uns der Gemischtwarenladen. Dort gab es so alles von der Schuhcreme bis zu den schönen Peitschen mit Spanischrohrstock.
Unsere Gastwirtschaften sollen nicht unerwähnt bleiben. Bei den Wirtshäusern war zugleich eine Metzgerei (Fleischhauerei) dabei. Dort traf man sich zum Tanz und zu großen Hochzeiten. Sonntags wurde im Wirtshaus gespielt, angeregt von manchem Spritzer (Wein mit Sodawasser). Die Männer waren da unter sich. Ging es aber im Wirtshaus hoch her, so durften (mußten) die Zigeuner ihre feurigen Weisen herunterfiedeln. Zum Spaß und auch zu Schrecken mancher Frau, ließ sich mancher „Gutgelaunte" von ihnen „heimgeigen".
Unsere Menschen waren Bauern, Handerker, landwirtschaftliche Arbeiter und Taglöhner. Sie lebten friedlich und rechtschaffen, hatten wenig mit Gerichten zu tun, feierten die Feste wie sie fielen und hielten an dem Althergebrachten fest. Wir dürfen mit Stolz behaupten, daß die Schwaben an ihren überlieferten Auffassungs- und Verhaltungsweisen festhielten. Ich glaube, wir gehen nicht fehl, wenn wir behaupten, daß vieles von dem was wir als Sitte und Brauchtum bewahrten, unverfälschtes Erbe aus der Aussiedlerheimat ist. Denn Brauchtum lebt nur in geschlossenen Gemeinschaften in denen die Menschen durch Verwandtschaft und Bekanntschaft verbunden sind. In Verbindungen, in denen sie sich zu bestimmten Zeiten, an gewissen Festtagen etwas Besonderes zu sagen, zu wünschen haben.
Mehr als vier Jahrzehnte sind es, daß wir unsere Heimat verlassen haben. Es war nicht leicht, in den Trümmern wieder Fuß zu fassen und ein neues Leben, eine neue Existenz aufzubauen. Doch es gelang. Die meisten unserer Landsleute wohnen in ihrem eigenen Heim. Das deutsche Wirtschaftswunder hat uns alle mitgerissen, nur eines schmerzt uns, insbesondere die ältere Generation, daß die alten Sitten und Gebräuche verloren gehen und die Bilder der alten Heimat immer mehr verblassen.
Wir wissen, heute ist vieles anders geworden. Das hastige Leben verlangt andere Aufgaben, wie einst daheim. Die Dorfgemeinschaften, die Familien sind zerrissen, und so ist es ja oft gar nicht möglich die alten Bräuche so zu pflegen, wie es in der alten Heimat war. Gerade deshalb haben wir uns entschlossen in das gemeinsame Heimatbuch die alten Sitten und Bräuche aufzunehmen.
Unsere Jugend soll dadurch erfahren, daß das „einst" so schöne Dorfleben in der alten Heimat nicht vergessen wird, denn es gehört zu unserem geistigen Vermögen, und alles was an dieses, so schöne Leben erinnert, soll für kommende Generationen erhalten bleiben.
Schauen wir einmal zurück in unsere Vergangenheit, an die schönen Erinnerungen, an die guten alten Zeiten.
An Geburt und Taufe knüpfte sich bei uns ein bestimmter Brauch. Der Storch brachte, wie überall in der Welt, die neuen Erdenbürger. Bei den neugeborenen Mädchen war es Sitte, daß die Hebamme einige Wochen nach der Geburt Löcher in die Ohrläppchen stach. Dafür durfte es dann später schöne Ohrringe tragen.
Die Auswahl der Namen war Angelegenheit der Eltern. Als erstes wurde für einen Sohn der Vorname des „Pheter" (Paten), für eine Tochter der Vorname der „Godel" (Patin), gewählt. Pheter und Godel waren die „Gvattersleit". Der Wöchnerin wurde einige Tage von der „Gvatterin" das Essen ans Kindsbett, ins Haus gebracht.
Zu Ostern und Weihnachten wurden die Kinder von Pheter und Godel bis zu ihrer Schulentlassung mit Lebzelter (Lebkuchen) beschenkt. Kinderreichtum war nicht Mode und nicht begehrt. Evtl. hätte man die Joche zu sehr verteilen müssen.
In wenigen Jahrzehnten hatte man das Beispiel der Ahnen, deren Kinderreichtum groß war, ganz vergessen.
Wer einmal eine Hochzeit bei uns erlebte, weiß, daß unsere Dörfer sich wirklich als geschlossene Dorfgemeinschaften fühlten, denn die Hochzeit eines jungen Paares war ein Fest für alle.
Nicht etwa weil das halbe Dorf miteinander verwandt war, sondern auch deshalb, weil man sich mit der Dorfgemeinschaft enger verband. Es war doch ein Stolz für jedes Brautpaar, wenn an ihrem Ehrentag viele Dorfbewohner teilnahmen. Es wurde an nichts gespart. Die Paare kamen, wie allgemein jung zusammen. Wie das so üblich war, wurden die wirtschaftlichen Verhältnisse geprüft. Denn die Heirat war eine Angelegenheit der Kat.-Joche. Das Vermögen spielte bei der Heirat, bei vielen jungen Paaren, eine ganz große Rolle.
Doch die Zuneigung der jungen Menschen war ab und zu doch stärker als die Kat.-Joche. Nicht immer ging der Wunsch der Eltern in Erfüllung, denn die Liebe zueinander war stärker, als es den Eltern lieb war. Hatten aber trotzdem die beiderseitigen Eltern das „Richtigmachen" erledigt, betrachtete man sich als verlobt. Drei Wochen vor der Hochzeit ging es zum „Ausschreiben".
Am Sonntag darauf wurde das Brautpaar in der Kirche vom Herrn Pfarrer von der Kanzel „ausgerufen" und zwar an drei Sonntagen hintereinander. Am Sonntag nach der letzten Verkündigung wurden vom Brautpaar die Gäste zur Hochzeit geladen. Das geschah immer am Nachmittag. Die Männer und die Frauen aus der nächsten Verwandtschaft, dazu gehörten auch die Nachbarsleit, waren am Vortag der Hochzeit voll beschäftigt. Da gab es allerhand zu richten, zu backen und vorzubereiten, denn die Hochzeitsgesellschaft war groß, meistens an die 200 Personen.
Alle eingeladenen Gäste schickten, wie das so üblich war, ihre Gaben: Milch, Eier, Butter, Mehl und Hühner. Die Männer und Burschen von der Verwandtschaft nahmen am Tag vor der Hochzeit Roß und den neuen Wagen vom Bräutigam oder von nahen Verwandten und schirrten sie auf. Die Pferde bekamen am Kopfteil mehrere bunte Schnüre angehängt, und so fuhren sie zu den geladenen Verwandten, um noch Tische und Stühle zu holen, da die im Gasthaus oder Hochzeitshaus nicht für die vielen Gäste ausreichten. Natürlich fuhren sie nicht lautlos, sondern mit Weinflaschen und Harmonie-Musik. Als Hochzeitstag wurde Dienstag oder Donnerstag bevorzugt. Nun kam der Tag der Hochzeit. Die Jugend, ein Teil der Gäste und die Musikanten versammlten sich im Haus des Bräutigams. Die Musik spielte in kurzen Abständen.
In dieser Zeit gingen die Verwandten zum Bräutigam in das schönste Zimmer, drückten ihm still die Hand, und gaben ihm einen Kuß auf die Wange (als Abschied von der Jugendzeit). Wenn alle durch waren, kam das Brautmädl um den Bräutigam zur Braut zu führen. Dort angekommen, ging das gleiche vor sich wie beim Bräutigam. Die nächsten Verwandten, die Frauen und die Mädchen gingen in das Haus der Braut, wo auch der Bräutigam neben der Braut Platz genommen hatte und bespritzten die Braut mit Weihwasser, die sich unter Tränen von ihnen und den Eltern verabschiedete. Draußen im Hof spielte die Musikkapelle das ergreifende Lied: „Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr". Wenn das Lied zu Ende war, formierte sich der Hochzeitszug zur kirchlichen Trauung. Die Braut wurde vom Brautführer, der Bräutigam vom Brautmädl unter Begleitung der Blasmusik in die Kirche begleitet. In der gleichen Ordnung, nur mit der Ausnahme, daß der Bräutigam jetzt mit der Braut bzw. Frau ging, bewegte sich der Hochzeitszug nach der Trauung unter den Klängen der Blasmusik ins Hochzeitshaus.
Wenn der Hochzeitszug vor dem Eingang des Hochzeitshauses ankam, war dieser versperrt. Das Brautpaar und der Brautführer mußten um Einlaß bitten, den es erhielt, wenn es dafür meist einige Schachteln Zigaretten „bezahlte". Denn dahinter standen die Köchinnen mit dem Backschießer, die Tor und Tür zugemacht hatten, und warteten bis es Zigaretten regnete. Nach dem Einlaß wurde Hochzeit gefeiert, es wurde gegessen, getrunken und getanzt. Um Mitternacht kam das Schenken an die Reihe. Beim Übergeben der Geschenke an das Brautpaar, wurde ganz kurz mit Braut und Bräutigam getanzt. Es fehlte nie an Stimmung, dafür sorgte auch schon eine lustige Musikkapelle.
Von den alten Sitten beim Hochzeitsfest sei auch das „Brautschuhstehlen" erwähnt. Gelang es, die Schuhe der Braut zu stehlen, dann kostete es die Brautführer viele Schachteln Zigaretten bis sie den Schuh zurückkaufen konnten.
Nach Mitternacht, wenn die Schenkerei vorbei war, wurde der Braut wieder unter den Klängen „Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr", der Brautschleier mit dem Kranz abgenommen und ihr das Netz umgebunden, als Zeichen der Frauenwürde.
Bei Sonnenaufgang wurde die Hochzeitsfeier beendet. Noch am selben Tage wurden die Tische, Stühle usw. an Ort und Stelle gefahren. Insgesamt dauerte eine Hochzeit drei volle Tage.
Das Ehestandslied
Den schönsten Tag, die schönste Stunde,
Habt ihr erlebt ihr Kinder heut,
Ihr werdet durch ein 'Kranz verbunden,
Für eure ganze Lebenszeit.
Ihr müßt verlassen eure Eltern,
Die euch geliebt, gepfleget hier,
Die euch allhier viel Guts erwiesen,
O, danket ihnen heut dafür.
Nun tretet fröhlich zum Altare,
Betet Gott mit Ehrfurcht an,
Dessen Güte viele Jahre
Euch gesund erhalten kann,
Und wie im Kranze die schönen Blumen,
Verwelken einst und fallen ab,
Seid fröhlich Kinder, liebt euch immer
bis ins kühle, stille Grab.
Wenn in der Gemeinde jemand starb, so bekam die Einwohnerschaft davon durch das „Ausläuten" Kenntnis. War ein Kind gestorben, so läutete die kleine Glocke zuerst in kurzen Abständen und anschließend wurde mit allen drei Glocken geläutet. Starb ein Jugendlicher, so wurde zweimal mit der mittleren Glocke und darauf mit allen drei Glocken geläutet. Bei einer Frau wurde mit der großen Glocke zweimal und bei einem Mann dreimal abgesetzt. Nach dem Vorläuten setzten alle Glocken ein. Aus diesen verschiedenen Läutezeichen konnte man gleich feststellen, ob ein Kind, ein Jugendlicher, eine Frau oder ein Mann gestorben war. Der Tote wurde im Sterbehaus in seinen besten Kleidern aufgebahrt. Starb ein Jungverheirateter Mensch, so wurden ihm seine Hochzeitskleider angelegt. Der Tote wurde eine oder zwei Nächte, die er noch im Haus lag, „bewacht". Diese Totenwacht wurde bei Kerzenschein im Gebet für den Verstorbenen verbracht.
Die „Leicht", d.h. die Beerdigung, fand gewöhnlich am Nachmittag zwischen zwei und vier U hr statt. Im Trauerhaus wurde der Verstorbene vom Pfarrer eingesegnet, dann wurde gemeinsam gebetet. Der Kirchchor sang die Begräbnislieder. Beim „Zusammenläuten", wenn alle drei Glocken läuteten, setzte sich der Leichenzug zum Friedhof in Bewegung. Voran schritt der Kreuzträger, der ein hölzernes Kreuz mit dem Namen des Toten trug. Unterwegs wurde gebetet und einige Verse eines Trauerliedes gesungen. Der Sarg wurde von vier Trägern getragen, die von Ersatzträgern abgelöst wurden. Die Träger waren Nachbarsleute und Verwandte - sie taten das ohne Entgeld - zur letzten Ehre für den Verstorbenen.
Kam der Leichenzug auf dem Friedhof an, wurde der Sarg nicht gleich in das Grab gesenkt, sondern die ganzen Feierlichkeiten wurden wie im Trauerhaus nochmals am Sarg abgehalten. Danach wurde der Sarg ins Grab hinabgelassen, dazu sang der Kirchenchor ein ergreifendes Grablied. Darauf zog sich der Geistliche zurück, und die trauernden Angehörigen und alle Teilnehmer nahmen Abschied am Grab. Damit war die Beerdigung zu Ende, der kein Totenschmaus folgte.
Auf dem Friedhof wurde dann der Grabhügel gemacht und das Namenskreuz mit dem Geburts- und Sterbedatum daraufgesetzt.
Am Neujahrsmorgen wurde das neue Jahr mit Schüssen begrüßt. Die Burschen und auch die Jungverheirateten Männer zogen zu ihren Verwandten und Bekannten, um ihnen das neue Jahr „anzuschießen" und „anzuwünschen". Selbst die Schuljugend macht sich bei Tagesanbruch auf den Weg, um nun zum neuen Jahr den Verwandten, Nachbarn, dem „Pheter" und der „Godel" alles Gute zu wünschen. Scharf waren die Buben besonders auf das Wünschgeld, deshalb sagten sie folgendes Verslein: „Ich bin a kleiner König, gebt mir net so wenig, loß't mich net so lang steh'n ich muß gleich um a Häusl weitergeh'n.
Ich wünsch Eich a glückliches Neues Jahr,
G'sundheit, langes Lewe, Frieden und Einigkeit,
die ewich Glückseligkeit."
Die ganz Kleinen sagten nur:
„Wünsche, wünsche, weiß net was, lang' in Sack und gebt mir was." Von dem erhaltenen Geld kauften sich die Kinder neues Pulver oder „Stopre", das waren Korken mit Knallerbsen darin, die in das „Stopergewehrle" vorn hineingesteckt und dann zum Knallen gebracht wurden, woran sie ihre helle Freude hatten.
Am Vorabend des 6. Januar werden Salz, Brot und Kreide in der Kirche geweiht. Mit dieser geweihten Kreide schreibt dann der Hausherr nach einem kurzen Gebet am Dreikönigstag" über die Haus- und Stalltüren das Zeichen „K + M + B" und die Jahreszahl, „Kaspar, Melchior und Balthasar" sollen das ganze Jahr hindurch Haus, Mensch und das Vieh vor Unglück beschützen.
In vielen unseren Gemeinden waren am 6. Januar drei Buben, als König Kaspar, Melchior und Balthasar verkleidet zum Dreikönigsingen unterwegs. Sie zogen mit einem Stern von Haus zu Haus, treten in die Stube mit dem Gruß „Gelobt sei Jesus Christus" ein, und sangen:
Die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar sind legendarischer Herkunft, d.h. vom Volke frei erfunden und sind zum ersten Male im siebten Jahrhundert in England aufgetaucht. Die Abkürzung „C.M.B." bedeutet ursprünglich: Christus Mansionen Benedicat = Christus hat dieses Haus gesegnet.
Der erste Frühlingsbote ist das Fest Maria Lichtmeß am 2. Februar. Der Winter ist aber auf Lichtmeß noch nicht vorüber, besonders wenn der Dachs, der an diesem Tage aus seiner Höhle herauskommt, seinen Schatten sieht! Er zieht sich dann wieder in seine Höhle zurück, und bleibt noch 40 Tage lang dort, bis sich der Winter ausgetobt hat. Ähnlich wichtig ist in dieser Hinsicht der 24. Februar, der Matthias-Tag, denn der „Matheis" brecht's Eis, find't er kans, macht er ans. Für diesen Spruch sind Belege schon aus alteTT Zeiten vorhanden.
Maria Lichtmeß war aber noch ein ganz besonderer Tag unseres Brauchtums. Die fleißigen Hände unserer Mütter und Großmütter arbeiteten nicht nur auf dem Acker, im Garten, Weingarten oder im Haushalt, sie ruhten auch nicht im Winter. Da wurde das Spinnrad gedreht. Ab Lichtmeß, wo die Tage länger wurden, stellte man das Spinnrad wieder auf den Dachboden, wo es bis zum nächsten Winter blieb. Es mußte einer anderen Arbeit weichen.
Unsere Mütter und Großmütter erzählen heute noch gerne davon: „Ach, wie war das schön. Am Owet hent sie das Spinnrad verwischt, natürlich vorher ufgebunde mit am schöne Schippl Hanf, und no is mr zu dr Nochbersleit gange. Dort, wo der Kachlofe die richtige Wärme hergewe hot. Natürlich war das ausgemacht, weil a paar Tag später war ja die Reih bei uns. Des alles hot für die Durchblutung gesorgt. Kreislaufstörungen, Pickle uf dr Haut, Hautkrankheide, Ausschlag, des hot nedemol der Arzt gewißt, was des is."
Im Fasching gings in unseren Dörfern recht fröhlich und lustig zu. Es finden die Faschingsbälle statt. Am Faschingssonntag, - montag und -dienstag wird getanzt. In jeder Familie gibt es in dieser Zeit Faschingskrapfen, die beim Backen im Fett schwimmen mußten. Gut gezuckert und heiß gegessen, sind sie eine Delikatesse für den Gaumen. Die drei Faschingstage sind Lostage: Wie der Faschingssonntag, so das Frühjahr, wie der Faschingsmontag, so der Sommer, wie der Faschingsdienstag, so der Herbst. Ein alter Spruch lautet: „Wenn man am Faschingssonntag die Kreppl (Krapfen) vor der Tür essen kann, daher wenn es schön ist, dann muß man die Ostereier beim warmen Ofen essen."
Am Aschermittwoch lassen sich dann beim Frühgottesdienst auch die jungen Burschen und Mädchen, die den ganzen Fasching fast nicht zum Schlafen kamen, „einäschern".
Bei uns nannte man den ersten Sonntag nach „Aschermittwoch" den „Hutzelsonntag". Da gingen die Burschen bei anbrechender Dunkelheit zum „Scheiben Schlagen" (schießen). Es wurde ein großer Feuerhaufen am Ortsrand, meistens beim Lehmloch angezündet, auf langen Ruten wurden leere Maiskolben im Feuer zur Glut gebracht, dann ging das Scheibenschlagen (schießen) mit dem Sprüchlein los: „Scheibe hin, Scheibe her mein Schätzlein (Schatz) zu Ehr". Als Zaungäste kamen die Mädchen und schauten dem bunten Treiben zu.
Diese Fest- und Feierzeiten zwischen dem St. Stephan, 26. Dezember und dem Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern, sind als ein Teil des Kirchenjahres anzusehen. Doch auch diese christliche Fastzeit knüpft schon an vorchristliche Gebräuche an.
Ostern ist das älteste christliche Fest. In großen Teilen der Christenheit ist es bis heute das höchste Fest geblieben. Ein im 2. Jahrhundert beginnender Streit über den Ostertermin, bei dem es vor allem darum ging, ob es auch weiterhin mit dem jüdischen Passahfest zusammenfallen oder sich zeitlich gerade davon unterscheiden sollte, wurde durch das Konzil von Nizäa so entschieden, daß Ostern seitdem regelmäßig auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond fällt; alle anderen beweglichen Feste des Kirchenjahres richten sich danach.
Im frühen Mittelalter bekam Ostern, das Auferstehungsfest, seine besondere Weihe dadurch, daß in der Nacht vom Karsamstag zu Ostersonntag die neuen Mitglieder der Kirche getauft wurden.
Nach der Taufe erhielten sie schneeweiße Kleider, die sie eine Woche bei den täglich stattfindenden Feiern trugen. Von daher kommen die Begriffe der „Weißen Woche" und des „Weißen Sonntags".
Die Karwoche - nach dem althochdeutschen Kara - Wehklage - beginnt mit dem Palmsonntag, dem Tag, an welchem Jesus in Jerusalem einzog und mit Palmen von der Bevölkerung begrüßt wurde.
Der Gründonnerstag war der Tag, an welchem man die Nachfolge Christi (der an diesem Tage sein letztes Mahl im Kreise seiner Jünger einnahm), die Sündenvergebung empfing. Der folgende Karfreitag war der Tag der Wehklage, der Tag des Kreuzestodes.
Am Gründonnerstag fliegen alle Kirchenglocken nach Rom, und da das Glockengeläute ruht, werden Gottesdienste sowie die Bet- und Tageszeiten durch „Ratschen" - dies sind die hölzernen Klepper - bekanntgegeben.
Erst am Karsamstag erschallt wieder das Glockengeläut.
Am Karfreitag ist die feierliche Grablegung Christi. Dies ist ein großer Fasttag und Feiertag. Es wird viel am Heiligen Grabe, in der Kirche gebetet.
Karsamstag wird den ganzen Tag für die Osterfeiertage noch geputzt und gebacken. Abends findet die feierliche Auferstehungsprozession statt. Unter feierlichem Glockengeläut wird der auferstandene Heiland singend und betend durch die Gassen getragen und weithin tönt der Halleluja-Gesang.
Ostersonntag werden in aller Früh in den Gärten und Scheunen von den Kindern die Osterhasennester gesucht, die voll mit buntgefärbten Ostereiern, Zuckerl und Orangen ist.
Vormittags geht es dann in das feierliche Hochamt, in die Kirche.
Nachmittags gehts zu den „Gvatersleit" um den kleinen „Pheter" und die kleine „Godel" mit Lebzelter zu beschenken.
Ostermontag ist seit dem Fasching wieder der erste Tanz, zu dem sich natürlich die ganze männliche und weilbiche Dorfjugend nach dem „Vesper", (Betstunde) pünktlich und vollzählig im Gasthaus einfindet.
Der weiße Sonntag war natürlich auch bei uns der große Tag, besonders für die Familie, die ein Kind zur ersten heiligen Kommunion zu schicken hatte. Darüber hinaus ein großer kirchlicher Festtag für die ganze Gemeinde.
Der 1. Mai ist ein Freudentag, besonders für die Mädchen. In der Nacht zuvor pflanzten oder steckten ihnen die Burschen einen Maibaum, meistens nur einen langen, mit bunten Bändern gezierten Weidenast vors Haus. Der Brauch des Maibaumes laßt sich bis ins Mittelalter verfolgen.
Der Ursprung des Maibaumes erklärt eine liebliche Legende. Als die Apostel Jakob und Philipp im Lande der Skythen bekehrten, gesellte sich eine fromme Jungfrau (Waldburga) zu ihnen und half ihnen, die Irrenden auf den Weg des Heiles zu leiten. Deshalb wurde sie von den Heiden arg verleumdet und der Unkeuschheit bezichtigt. Als die arme, unschuldige Jungfrau diese Anklage vernommen, steckte sie ihren Wanderstab in die Erde, und ihr Antlitz zum Himmel gewandt, bat sie Gott aus tiefstem Herzen, er möge seine Blicke auf sie lenken und ein Zeichen senden, um ihre Unschuld zu beweisen. Gott erhörte ihre Bitte. Der aufgepflanzte Wanderstab trieb grüne Zweige und Blätter. Die Heiden aber erstaunten, und zur Erinnerung dieses Begebnisses stellt man am Tage der beiden Apostel, am ersten Mai, vor Tagesanbruch Maibäume auf.
Aber auch Schabernack wurde bei uns getrieben. So bestreuten die Burschen in der Nacht zum 1. Mai den Gehweg vor den Häusern der Mädchen mit Stroh und Heu, Gassentürchen wechselten ihre Plätze. Am Morgen gab es für manche Mädchen ganz schöne Überraschungen. Im Mai gab es auch noch so manche Sprüche bei uns.
So zum Beispiel: „Ein kühler Mai, gibt viel Frucht und Heu", oder „ist der Mai kühl und naß, füllt dem Bauer Scheuer und Faß". Gefürchtet sind (waren) die drei Eisheiligen. Pankraz, Servaz und Ponifaz am 12., 13. und 14. Mai, und nachher noch Urban am25. Mai. „Hat aber Urbanstag Sonnenschein, gibt es viel und guten Wein". Der Tag des heiligen Urban bedeutet den Zeitpunkt des letzten Kälterückfalls, der den Weinreben so gefährlich werden kann.
Über die Wallfahrtsorte und Wallfahrtssitten besteht von altersher eine ziemlich reiche, wissenschaftliche Literatur, die sich größtenteils zum Studiengebrauch in Priesterseminaren, Kollegs, und anderen Anstalten befindet.
Bei den Wallfahrern bringt der Wallfahrer durch viele Strapazen, wie weite Fußmärsche und Geldausgaben, außergewöhnliche Opfer. Es leitet ihn der Glaube an seine besondere Erhörung am Wallfahrts- bzw. Gnadenort.
Jeder Wallfahrtsort hat seine eigene Entstehungsgeschichte. Meistens sind es wunderbare Auffindungen von Bildern und Statuen, durch die Wundertaten vollbracht wurden.
Uralte Legenden sind oft die Entstehungsursachen von Wallfahrtsorten. Die Legenden wurden aufgezeichnet und als beglaubigte Berichte an die Gläubigen weitergegeben. So auch von Mária Gyüd.
Der Bischof Klimo von Fünfkirchen ließ im Jahre 1757 vom Komitatsrichter Eszterházy eine amtliche Untersuchung der Erscheinungen und Heilungen am Gnadenort durchführen. Ein Zeuge, Andreas Kopics, 71 Jahre alt, kath., aus Siklós bezeugte, daß Mathias Ispany, ein katholischer Mann aus Siklós, habe im Jahre der Vertreibung der Türken, als die Kirche noch den Kalvinern gehörte, die seligste Jungfrau gesehen. Zunächst sah er helles Licht aus der Kirche strahlen und Maria trat heraus als schöne junge Frau. Später sah er die Gottesmutter wieder, doch diesmal traurig, und sie ermahnte ihn zu beten. Zum dritten Mal erblickte er sie als Herrin der Welt. Dann meldete er dies den Franziskanern.
Andreas Kopics berichtete auch, daß im Jahre der Vertreibung der Türken von Siklós und noch weitergelegenen Ortschaften Prozessionen nach Mária Gyüd pilgerten. Er hörte auch, daß viele Gebetserhörungen geschahen. Kopics wußte davon, daß man das wunderbare Bild nach Siklós retten wollte. Er selbst sei mit seiner Mutter am Ostermorgen in der Kirche gewesen, als die Serben einbrachen und in der Kirche ein Blutbad anrichteten. Er sah, wie Golwoga, ein Serbe aus Siklós, das Gnadenbild erkannte und aus Haß mit dem Schwert zweimal darauf einschlug und wie vor dem dritten Schlag sein Arm erlahmte und das Gnadenbild blutete. Kopics berichtete weiter, er habe einen gelähmten und völlig verwahrlosten Mann gekannt, namens Sambo.
Dieser flehte zur Gnadenmutter in Mária Gyüd. Ein Wagen brachte ihn dorthin, und beim dritten mal wurde seine Bitte erhört. Während er nämlich vor dem Gnadenaltar betete, fühlte er auf einmal, daß er gehen kann. Er ließ seine Krücken dort und kam gesund nach Siklós zurück. Es wurden noch andere Zeugen gehört, und jeder sagte dasselbe aus, sowie manche andere über Gebetserhörungen, deren sie Augenzeugen waren. In Wirklichkeit soll der Ursprung des Gnadenortes in die Zeit der Kreuzzüge gehen. Man bringt ihn auch mit einem deutschen Ritter in Zusammenhang.
Die Schwaben aus der unteren Baranya sind gerne und oft nach Mária Gyüd gewallfahrtet.
Die Wallfahrtsorte wurden je nach den kirchlichen Festlichkeiten, der Jahreszeit und anderen Anlässen mehr oder weniger besucht.
Am Karsamstag fand bei Einbruch der Dunkelheit die feierliche Auferstehungsprozession statt. An diesem Abend waren alle Fenster geschmückt und mit Kerzen hell erleuchtet. Unter feierlichem Glockengeläut wurde der auferstandene Heiland singend und betend durch den Ort getragen und weithin tönte der Halleluja-Gesang.
Das Fronleichnamsfest wurde mit großer Würde und Feierlichkeit begangen. Die ganze Dorfgemeinschaft nahm daran teil. Die Gassen, durch die sich die Prozession bewegte, wurden mit Gras zu einer grünen Wiese verwandelt. Die Hauswände und Tore wurden mit grünen Zweigen geschmückt. Vor den Gassenaltären wurden herrliche Blumenteppiche von den Frauen angelegt.
An den drei Bittagen vor Christi-Himmelfahrt zog eine Feldprozession zu den im Hotter stehenden Feldkreuzen.
An Maria Himmelfahrt pilgerte eine große Wallfahrtsprozession zu Fuß, zu Pferd oder mit Wagen, von einem Priester angeführt, zu den Wallfahrtsorten. Die Vorbeter und Vorsinger sorgten für einen geregelten Ablauf von Gebeten und Liedern.
Nach dem Evangelium ist „Christus aufgefahren gen Himmel" am Tage der Auferstehung, nach der Apostelgeschichte aber, erst vierzig Tage nach der Auferstehung. Seit dem 5. Jahrhundert datierten alle christlichen Kirchen des Ostens und des Westens dem Himmelfahrtstag nach dem Bericht der Apostelgeschichte. Als Feiertag ist er zuerst im Orient und seit 550 in ganz Europa üblich geworden.
Der 50. Tag nach Ostern heißt auf griechisch: pentäkostä häméra; daraus ist das Wort Pfingsten entstanden. Pfingsten war ursprüngich das jüdische Sieben-Wochen-, oder Erntedankfest; Passah am Ostersamstag, 50 Tage darauf (unter Einschluß des Ostersonntags) Pfingsten.
Vom dritten Jahrhundert an war Pfingsten das dritte große Fest der Christenheit. Im elften Jahrhundert wurde seine Dauer auf drei Tage festgesetzt. Nur in Deutschland wird es bis heute noch mit zwei Festtagen begangen.
In vielen unseren Heimatgemeinden war das „Pfingstreiten" große Mode. Am Sonntagmorgen wurden die Pferdegeschirre mit Blumen geschmückt, die Pferde gesattelt, dann ging es hoch zu Roß zum Wirtshaus. Der Bursche, der als letzter dort eintraf, wurde zum Pfingstlümmel erklärt. Er mußte sich auf einen bereitstehenden Wagen legen, dann wurde er mit grünen Zweigen bedeckt um ihn vor den neugierigen Blicken der Mädchen zu verbergen. Sein Pferd wurde hinten am Wagen angebunden, dann ging die Fahrt durch das ganze Dorf. Die Mädchen, die kaum erwarten konnten bis der Umzug durch ihre Gasse kam, hatten schon Wasser in Gefäßen bereitgestellt, das sie mit lustigen Rufen in den Wagen gössen. Wenn der Umzug wieder vor dem Wirtshaus eintraf und der Pfingstlümmel ganz durchnäßt vom Wagen kletterte, wurde er auch noch ausgelacht.
Von Frühjahr bis Herbst begann früh das Tagwerk. Schon vor Sonnenaufgang war das Dorf auf den Beinen. Da ging es freudig ins Feld oder in den Weinberg hinaus, nicht verdrossen und von Sorgen beschwert, wie an so manchen anderen Tagen des arbeitsreichen Jahres. Gleich am Morgen nahm ein jeder gern ein Schlückchen Schnaps, einige Tropfen auf das Brot belebten die Geister. Die Hausfrau hatte alle Tornister mit guten Sachen vollgepackt. Da hieß es, nur fleißig sein, damit der Schnitt bald beendet wird. Viele Schnitter erwarben an diesen Tagen ihr Brot für das ganze Jahr. Es war ein Hochgefühl fürjeden zu wissen, daß ihm nichts mehr geschehen konnte. Hungern mußte keiner, der in der Erntezeit seine Kraft eingesetzt hatte. Waren den Bauern die Speicher gefüllt, so hatten alle, die arbeiten wollen, ihren Teil daran.
Leer und ausgestorben war das Dorf während der Erntezeit. Nur Pfarrer, Lehrer, Notar und Doktor waren daheim. Es kamen schwere Tage. Gluthitze brütete über der weiten Ebene, kein Wölkchen stieg auf, kein Gewitter brachte Linderung. Die Menschen schienen gegen die Sonne unempfindlich geworden zu sein. Die Sensen sausten vom frühesten Morgen bis Sonnenuntergang. Und hinter den Schnittern (Sensen) faßten die Frauen und Kinder die geschnittenen Halme auf und häuften sie zusammen, um dann von den Männern zu Garben gebunden, auf Kreuze zusammengesetzt wurden.
Sobald alle Gersten-, Weizen- und Haferfelder abgeerntet waren, begann man mit dem Einfuhren des Getreides. Dazu wurde der lange Bauernwagen hergerichtet der mit Nebenstangen und Zwerchhölzern versehen, oft eine Länge von 5-6 m und eine Breite von 3-4 m hatte, damit man recht viele Garben aufladen konnte.
Hochgeladen schwankten die schweren Garbenwagen, die von Pferden gezogen wurden, durch das Hoftor, das oftmals trotz seiner Breite von 4-5 mnoch zu schmal war und die Garben daran herausgezogen wurden. Im Hinterhof auf dem „Trepplatz" wurde der Wagen abgeladen und zu beiden Seiten des Wagens haushohe Tristen meisterhaft aufgesetzt. Waren dann alle Garben daheim, wurde gedroschen.
Die Dreschmaschinen, von Dampfmaschinen oder Traktoren gezogen, wanderten von Trepplatz zu Trepplatz zum Drusch. Von morgens 4 Uhr bis abends 22 Uhr ertönte das Geratter der Maschinen aus allen Gassen. Die Dreschleute, Männer und Frauen, die Einleger oder Einlasser genannt, hatten Schwerstarbeit zu leisten. Die Dreschleute wurden mit Naturalien entlohnt; den Helfern brauchte man keinen Lohn zu zahlen, da man ihnen ebenfalls beim Dreschen half.
Das Stroh wurde auf dem Trepplatz auf große Strohschobern geschichtet. Der Weizen wurde in Leinensäcke eingelassen und auf den Dachböden der Häuser ausgebreitet. Der erste beladene Getreidewagen mit Weizensäcken ging zur Dorfmühle.
Die schöne Sommerzeit war auch die Zeit der schweren Unwetter, die über unser Heimatgebiet hinwegzogen. Ein solches Unwetter kam immer über den Hársányer Berg her. So ein Gewitter zog sehr rasch auf und brachte oft einen verheerenden Sturm und Hagelschlag mit sich. In den Höfen wurden die jungen Gänschen, Entchen und Piplchen (Hühner) in die Ställe getrieben; die Menschen verkrochen sich meistens in der „Summrkuchl". Es wurde schon gebetet, bevor das Unwetter über uns war. Die Kirchenglocken fingen an zu läuten, um mit dem Klang der geweihten Glocken die in dem Unwetter wirkenden Wetterwolken zu bannen, wie das auch aus zahlreichen Sagen erkenntlich ist. Das Läuten der Glocken half natürlich auch nicht jedesmal. Über den schönen „Platschregen" war man froh, aber den Hagelschlag fürchtete man, konnte er doch in wenigen Minuten die Arbeit eines ganzen Jahres zunichte machen.
Haben die Glocken mal für einen Selbstmörder geläutet, waren die Glocken zum Wetterläuten nicht mehr geeignet. War das Unwetter dann über uns weggezogen, so wurde auch mit dem Beten aufgehört, und nicht selten wurde der Heilige, zu dem man bislang noch gebetet hatte, auch schon wieder gescholten.
Heute erklärt man das Wetterläuten schon „naturwissenschaftlich". Durch das Glockengeläut wird die Luft in Bewegung gesetzt, wodurch sich die Gewitterwolken leichter zerstreuen. Hiermit läßt sich auch das Wetterschießen erklären, das bei uns schon früh verboten wurde, da die Bauern mit ihren „Böllerschießen" die Gewitterwolken auf das herrschaftliche Feld trieben.
Die Weinlese war auch bei uns eine Zeit der Freude, wenn die Trauben wie Kristallperlen in der Herbstsonne reiften, und die Lese begann.
Es war des Bauers letztes und edelstes Ernten des Jahres. Der Bauer dachte schon in das kommende Jahr hinein, wenn er den süßen Traubensaft in die Fässer rinnen ließ. Er dachte an kommende mühevolle Sommertage, an denen ein Schluck Wein von eigener Scholle die matten Glieder kräftigen und stärken würde. Er dachte an Kirchweih und Namenstag, an Kindstaufe und Hochzeit, an lange Winterabende, an Gäste und Nachbarn, an Feste und Feiern, wenn es galt donauschwäbische Gastfreundschaft mit einem Gläschen Wein zu bekunden.
Das Weinbaugebiet trug seinen Namen nach den größten Produktions- und Absatzorten: „Villány-Fünfkirchner Weinbaugebiet". Auf hoher Stufe stand auch der Weinbau am Vörösmarter Bergzug. Mit 2000 Sonnenstunden jährlich liegen diese Weinbaugebiete über dem ungarischen Durchschnitt.
Es wurden folgende Traubensorten gezüchtet: Kadarka, Riesling, Portugieser, Tschasler weiß und Schiller, Slanka, Muskat, Noha, Gaistudl, Krajlevo, Oporto, Burgunder, Cabaret usw. Die langjährigen Durchschnittserträge pro ha betrugen 28-32 Hektoliter. Wenn der Qualitätswein abgelassen war, wurde aus den Trebern Konsumwein gemacht. Davon konnte man bis zu 60-70 Hektoliter pro ha machen. Anschließend wurde aus den ausgepreßten Trebern ein guter „Treberschnaps" gebrannt. Der Großteil der bei uns erzeugten Weine, waren Weißweine. Der eigentliche Rotwein war in Villány gut vertreten.
Die Weinlese dauerte ca. 3 Wochen, wobei sich die Verwandten und Bekannten gegenseitig aushalfen. Man kann sagen, die Weinlese war eine Gemeinschaftsarbeit und für die Kinder ein Erlebnis, denn zur Weinlese waren ein paar Tage schulfrei. Zum Dank für die schulfreien Tage brachten die Kinder dem Lehrer einen Korb Trauben.
Jeden Abend im Oktober versammelten sich die Gläubigen zur Rosenkranzandacht in der Kirche.
In der Seeschlacht vor der Bucht von Lepanto (Naupaktos), am Eingang des Golfs von Korinth, sie fand am 7. Okt. 1571 statt, kämpfte auch der spanische Dichter Miguel de Cervantes Saavedra (1547-1616) gegen die Türken, der nachher mit dem Don Quichotte, dem Ritter von der traurigen Gestalt, ein großes Dichtwerk des Weltschrifttums schuf. Als er verwundet im Hospital der Barmherzigen Brüder zu Messina aus tiefer Bewußtlosigkeit die Augen aufschlug und auf seine erste Frage: „Wie steht es bei Lepanto?" vom Mönch hörte, daß die Türkenflotte gänzlich vernichtet, Ali-Kapun-Pascha gefallen sei, dessen Flaggschiff erbeutet und das Abendland endlich wieder aufatmen könne, seufzte Miguel, Amiens (Camian frz. Stadt) ritt, begegnete ihm ein frierender Bettler, der ihn um ein Almosen bat. Da nahm Martin seinen Mantel und schnitt in mit dem Schwert mitten entzwei, gab die Hälfte dem Bettler und legte die andere Hälfte wieder um seine Schulter. Nachts erschien ihm Christus mit dem Mantelrock bekleidet, und er hörte ihn zu den Engeln sagen: „Martinus, der noch nicht getauft ist, hat mich mit diesem Mantel bekleidet". Daraufließ sich Martin 18jährig, taufen. Einige Jahre später schied er aus dem Heer, lebte noch lange Zeit als Einsiedler und wurde schließlich 377 zum Bischof von Tours gewählt, wo er im Jahre 397 verstorben ist.
100 Jahre nach seinem Tod war sein Tag bereits zum Feiertag geworden, an dem alle Arbeit ruhte. Von der Gestalt St. Martin ging ein Gutteil der Kräfte aus, die das Volk der Franken und damit die germanische Welt dem römischen Christentum gewonnen und verbanden. Das Grab des heiligen Martin in Tours wurde bald zu einer berühmten Wallfahrtsstätte. Zahlreiche Pfarrkirchen sind einst dem heiligen Martin geweiht worden, vor allem an den großen Heerstraßen von Rhein und Donau. Am Tag des Heiligen - am Martinstag - wurden in den früheren Jahrhunderten die Abgaben - auch Zins genannt -aus den Frondiensten und der Restauration geleistet. (Restauration - Zeit nach dem Wiener Kongreß 1815 - die Restaurationszeit).
Der 16. Mai ist der Tag des Brückenheiligen Nepomuk der neben der Gottesmutter, auf Brücken, in Kirchen, an Häusern und Plätzen am häufigsten dargestellt wird. Nicht nur in Österreich und Süddeutschland, sondern buchstäblich in aller Welt haben Jesuitenmissionare den großen Prager Märtyrer beliebt gemacht. Wenzel IV., ließ um das Beichtgeheimnis auszupressen, den Generalvikar des Prager Erzbischofs, Johann Wölflin Nepomuk rädern, drückte eigenhändig die brennende Pechfackel in die Wunden des Gemarterten, ließ ihn in den Veitsbogen spannen und schließlich nachts von der Karlsbrücke in Prag, am 30. April 1393, in die Moldau werfen. An jener Stelle steht seit dem 31. August 1683 das Urbild aller Nepomukstatuen, angefertigt vom Zipser Johann Brokoff.
Am 23. Juni 1652 wurde Johann Brokoff in Georgenberg/Zips geboren und lutherischen Glaubens getauft. Als 1680 in Prag die Pest ausbrach, begab er sich nach Ronsberg im südlichen Egerland und stand dann in Diensten des Freiherrn von Wunschwitz. Von diesem erhielt er den Auftrag, das Gußmodel für eine Statue des hl. Nepomuk zu fertigen. Diese sollte - als Dank für die Errettung des Barons von Wunschwitz aus Todesgefahr durch die Hilfe des hl. Nepomuk - auf der Karlsbrücke in Prag aufgestellt werden.
Die Statue auf der Prager Karlsbrücke, gegossen in der Glockengießerei Herold in Nürnberg, wiegt 70 Zentner und kostete 7000 Gulden. Am 31. August 1683 konnte sie geweiht werden. Leicht vorgeneigt, das Kreuz mit dem göttlichen Dulder liebevoll auf den Arm gelegt, um das Haupt vier Sterne, so steht dieser Heimatheilige vor uns.
Nach Martini waren so ziemlich alle Arbeiten erledigt. Da die Winterabende lang waren, suchte man sich eine Tätigkeit, um sich die Zeit besser vertreiben zu können. Es begann die Zeit der Spinnabende. Es waren bestimmt lustige Abende, die es in unseren Dörfern gab. So um das Abendläuten machte man sich auf den Weg, bald hier- und bald dorthin, wie eben die Spinnreihe eine Familie traf. Wer las denn Zeitung? Auch wenn man sie gelesen hätte, was hätte man denn darin gefunden? Gewiß nicht das, was man suchte. Neuigkeiten erfuhr man von der Spinnreihe. Dort wurden Heiratspläne, Erbschaftsfragen und Liebessorgen gesponnen und getrennt, besprochen und bekrittelt. Dieser Tratsch und Klatsch war der Reiz, der anzog - nicht bloß Mädel und junge Frauen, sondern vor allem die älteren Mütter.
Selbst die Großmütter fieberten und zitterten, wenn es zur Spinnreihe ging. Das war ein Necken und Reden, ein Lachen und Tratschen, daß sich die Gemüter tagelang erhitzten und ergötzten.
Die Frauen mit dem Spinnrad saßen immer um den Tisch. Die jüngeren Frauen saßen außen und halfen eifrig mit, wenn es darum ging alte schöne Volkslieder zu singen. Die Männer spielten Karten und erzählten sich alte Witze. Bis Maria Lichtmeß konnte so eine Menge gesponnen und gestrickt werden. Bei den Männern spielte noch zusätzlich der im Weinberg liegende Weinkeller bei der Bildung der öffentlichen Meinung eine beachtenswerte Rolle. Hier, bei gemeinsamen Trunk am Nachmittag, waren die Männer der Nachbarschaft und Freunde ganz unter sich. Es mußten ja Kostproben gemacht werden und so ging's von Keller zu Keller bis zum Abend, bis es Zeit war zum Füttern. Hier vollzog sich (wie in der Spinnstube der Frauen) die Meinungs- und Willensbildung, manchmal auch für eine spätere Heirat der Kinder, die oft davon nichts wußten.
Der Winter bot auch noch die gute Gelegenheit mit dem Schlitten durch den Hotter zu fahren um Freunde und Bekannte in den Nachbarsgemeinden zu besuchen. Auch für die Kleinen war es eine schöne Zeit; konnten sie doch ihren Schlitten hinten anhängen und durch die Gegend brausen.
Es wurde auch der Mist ins Feld und in den Weinberg gefahren. Man hatte Zeit den Dorfschmied und Wagner öfters zu besuchen und über das Dorfgeschenen noch zusätzlich zu plaudern.
Man kann sagen, der Winter brachte für den Bauer und Bäuerin eine gemütliche Zeit.
Im Spätherbst begann das Schweineschlachten. Die Arbeit war getan, Frucht, Hafer und Kukuruz waren auf dem Dachboden, der Wein im Keller, d'r Paprich (Paprika) un Umork (Gurken) eingemacht, Dunscht un Pekmes (Marmelade) im Paradizimmer uf m Schrank, Kraut im Krautfäßl for Sar'me (Krautwickl) g'säuert; das alles war do, nur ans hot noch g'fehlt: die Worscht.
Die Kinder hatten sich für das Schlachtfest bei ihrem Lehrer ausgebittet. Die Weinlese und die Schlachtfeste waren Familienfeste und da war es für jeden Lehrer gut, ein Auge zuzudrücken. Von alters her war mit dem Schlachtfest ein alter Brauch verknüpft, der bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges weitergeführt wurde und zwar das „Spießstecken geh'n". Mädchen und Burschen aber auch Männer und Frauen maskierten sich und machten sich so unkenntlich wie nur möglich mit „aldi Hut, Schlappe, Klum'pe, Stiefl und bosnischen Opanken. Mit der Bekleidung vom Urkuckahndl hatte man sich maskiert. Die Mannsleit gingen als Weiwer un die Weiwer als Mannsleit. Nun ging's los im Gänsemarsch mit Tornister und leeri Weinflasche bepackt. Dann hieß es „Spießstecker stehn drauß un recht viel".
Der Worschtzettel wurde mit einer Stange durch's Fenster gereicht, der so begann: „Ich hab gehört ihr habt g'schlacht und habt so gute Worscht gemacht. Ihr habt eine so gute Frau im Haus, die gibt die Worscht zum Fenster raus..."
Der Tornister wurde vollgepackt, dann ging's weiter zum Nächsten. Bei guten Bekannten, Freunden und Verwandten ging man auch ins Haus. Nach ausgelassenem Hopsen und Tanzen, erfolgte oftmals die Demaskierung der Spießstecker. Dann wurde über den Worschtzettel diskutiert, in dem viele holprige Verse mit vielerlei Anspielungen und Neckereien enthalten waren.
Anschließend wurde gesungen und auch getanzt. Der Tisch war am Schlachtfest reichlich gedeckt, es gab: die gute Supp vom Hochrichfleisch (Karree) mit sauerem Kren (Meerrettich), Paradeis (Tomaten) soße, Sar'me (Krautwickel), gebrotenes Fleisch vom Karmonadl (Kamm), Brodworscht, Blutworscht, Schwartemage, die berühmten Schmeer-kipfl, Krepp'l un Wei genuch. So ging die Schlachterei im Dorf 3 Wochen lang, denn nur dienstages und donnerstags wurde geschlachtet. Alt und jung hatten an diesem Familienfest ihre Freude.
Der Advent ist die vorweihnachtliche Zeit und läßt uns in Erwartung der Geburt Christi, beim Schimmer der brennenden Kerzen des Adventskranzes, die Vorfreude des Weihnachtsfestes empfinden.
Advent zu feiern - die vier Sonntage vor Weihnachten, vor der Ankunft Christi also (Advent = Ankunft) - geht auf das 5. Jahrhundert zurück. Von Lothringen ging das Feiern der Adventszeit aus, (so wie die Heimat des Weihnachtsbaumes das Elsaß ist).
Die Sitte des Adventskranzes ist übrigens, ebenso wie der Schmuck des Hauses mit Tannenzweigen zu Weihnachten, älter als der Tannenbaum; in der alten Zeit wurde der Adventskranz aus Wacholderzweigen gebunden.
Die Adventszeit umfaßt die vier Sonntage vor Weihnachten, deshalb ist der Adventskranz aus Tannengrün mit vier Kerzen bestückt. Mit jedem neuentzündeten Licht steigert sich die freudige Erwartung der Geburt Christi. „Tauet Himmel dem Gerechten". Tauet heißt auf lateinisch „Rorate". Deshalb wurde in der Adventszeit bei uns die abgehaltene Frühmesse „Rorate" genannt.
Wenn sie sich dem Ende zuneigt, beschert es uns zum Ausklang das schöne „Weihnachtsfest". Altvertraute Weihnachtslieder erklangen aus allen Häusern.
Am St. Nikolaustag wurden die Schuhe und Stiefel auf Hochglanz poliert und in das Fenster, bzw. neben die Haustür gestellt. Waren die Kinder brav, so füllte sie der Nikolaus mit Nüssen, Äpfeln und Zwetschgen. Die Schlimmen wurden mit einer Rute bestraft, aber trotzdem nachher mit ein paar Äpfeln und Nüssen entschädigt. Auch die Erwachsenen, vor allem die Mädchen, bekamen die Reisigrute des Nikolaus oft zu spüren.
Die Legenden und Bräuche des heiligen Nikolaus kam so: Im 11. Jahrhundert überführten Kaufleute die Gebeine des hl. Nikolaus aus Kleinasien in ihre Heimatstadt Bari; sie nahmen sie Seeräubern ab, die sie aus Myra entführt hatten. Nikolaus war Bischof von Myra gewesen, einer kleinen Stadt in Vorderasien; von seinem Leben ist nichts bekannt. Zuerst nur in Myra verehrt, breitete sich sein Kult allmählich in ganz Vorderasien aus und Nikolaus wurde zum wichtigsten Heiligen der griechisch-katholischen Kirche. Im Mittelalter wurde in vielen Teilen Europas am 6. Dezember ein Knabenbischof gewählt und feierlich eingekleidet, der dann - wie Jesus auf einem Esel reitend - mit seinem Gefolge die Stadt durchzog. Die Sitte, am Vorabend des Nikolaustages den Schuh vor die Tür zu stellen, hat hier ihren Ursprung: Früher mußte der Schuh mit Heu für den Esel des Heiligen gefüllt sein, der zum Lohn daführ Pfefferkuchen, Äpfel und Marzipan hineintat.
Der Tag, richtiger die Nacht, der Geburt Jesu Christi, wird seit der Zeit Kaiser Konstantins (erste Hälfte des 4. Jahrhunderts) gefeiert, und zwar als die Siegesfeier des ersten christlichen Kaisers über seine Feinde. So trat das Christfest an die Stelle eines der höchsten spätrömischen Feste, das des persischen Mithras des unbesiegbaren, unüberwindlichen Sonnengottes. Während bis dahin Geburt und Taufe Christi und die Erscheinung der drei Weisen aus dem Morgenland - der Heiligen Drei Könige am 6. Januar, in der urchristlichen Gemeinde gefeiert worden waren, so auch als Fest der Kinderbeschenkung - eroberte es sich als Tag des Christfestes, (25. Dezember) überall die Herzen der Menschen.
Während sich in Norddeutschland und Nordeuropa der altgermanische Name des Julfestes für die Christnacht erhalten hat, trat im übrigen Deutschland und den anderen deutschsprachigen Gebieten der Begriff der Weihnacht an die Stelle der Bezeichnung Geburt.
Weihnacht für den Geburtstag Jesu tauchte zuerst in einem Lied des späten 12. Jahrhunderts auf, das noch heute zu unseren Weihnachtsliedern gehört. Es ist gewaltig und stark, der zur Weihnacht geboren ward. Die Bezeichnung Christnacht ist wesentlich später entstanden.
Die Geschichte der Weihnachtskrippe ist alt und führt bis in das vierte Jahrhundert zurück. Damals ließ Papst Liberius in Rom eine eigene Krippenkapelle errichten. Aber mehr bedeutete wohl der hl. Franz von Assisi, der mit seiner eindrucksvollen Krippenfeier im Wald von Greccio die Lust zum Krippenbau bei seinen Landsleuten weckte. Man schrieb das jähr 1223. Von dort wanderte die Krippenkunst nach Neapel und Sizilien. Über die Alpen kam sie in späteren Jahrhunderten nach Tirol und Bayern. Die Krippe wurde seit dieser Zeit in Deutschland mehr und mehr zum Mittelpunkt der Weihnachtsfeier, ehe noch Christbaum und Bescherzimmer neben sie traten.
Das Krippenbild unserer Zeit hat mit dem vergangener Jahrhunderte wenig oder gar nichts mehr gemein.
Wenn sich das Kalenderjahr seinem Ende zuneigte, bescherte es uns zum Ausklang das schöne Weihnachtsfest; für alle christlichen Völker das Hauptfest des Friedens und der Liebe. Es war bei uns untrennbar verbunden mit dem schimmernden Glanz des Christbaumes, dem Zauber der Krippendarstellung und der Freude der Kinderbescherung. Altvertraute Weihnachtslieder erklangen aus allen Häusern.
Jedes Jahr am Heiligen Abend gingen sieben Mädel von 12-15 Jahren mit dem Kripplein von Haus zu Haus. Es wurde in jedes Haus hineingerufen „Derfs Christkindl a rei?" „Ja, kommt nur rei", war die Antwort. Schon am Mittag hatte man begonnen, damit bis zur Christmette alle Kinder beschert waren. Unterwegs wurde oft mit dem Glöckchen geläutet, so wußte man, wo sich das Christkindl befand. Die Kinder hatten ihre Freude, denn sie warteten auf das Christkindl, weil sie vorher nicht beschert wurden.
Das Christkindl war ein junges Mädchen, das ganz weiß angezogen war, einen Schleier vor dem Gesicht hatte und einen Kranz im Haar trug. In der einen Hand hielt es eine Rute, in der anderen ein Körbchen mit Äpfeln, Zwetschgen und Nüssen. Wenn die Mädchen in ein Haus kamen, grüßten sie „Gelobt sei Jesus Christus".
Dann schüttete das Christkindl das Körbchen aus und die Kinder wurden gefragt, ob sie fleißig beten und singen würden. Es gab Äpfel und Nüsse und wenn sie schlimm waren, bekamen sie die Rute. Unterdessen hatten die Kinder angefangen die Äpfel und Nüsse aufzuraffen und das Christkindl schlug mit der Rute tüchtig drein. Dann sangen die Mädchen das Christkindlspiel. Wenn alle Gassen durch waren, hatten sich die Mädchen noch ein bißchen aufgewärmt und anschließend ging's zur Christmette. Der Besuch der Mitternachtsmette (Christmette) war für die ganze Bevölkerung im Dorf selbstverständlich. Von allen Gassen, selbst von den Weinbergen kam jung und alt mit leuchtenden Laternen durch den hohen Schnee zur Kirche gepilgert, um die Geburt Christi mit Gloriasingen zu feiern. Vor Beginn der Christmette hatten die Mädchen vor der Kirche Aufstellung genommen und gingen mit langsamen Schritten dem Altar zu, dabei wurde das Lied gesungen „Heut um Mitternacht ihr Hirten gebet acht".
Waren die Mädchen mit ihrem Liede fertig, begann der Pfarrer, in der von Gläubigen vollbesetzten Kirche, die Christmette zu lesen.
Das Christkindl hat für uns Schwaben aus der unteren Baranya einen Erinnerungswert, denn dieser alter Brauch soll laut mündlicher Überlieferung, von den Ahnen aus dem Reich bei der Einwanderung mitgebracht worden sein. Die Wiege mit dem Christkindl und dem Himmel wurden als Sinnbild für die ersten Schwaben, die in die untere Baranya eingewandert waren, betrachtet.
Zu Heilig-Drei-König kamen die Kinder in die Kirche und am Altar wurde das inzwischen vom Christbaum abgenommene Weihnachtsgebäck unter ihnen verteilt.
Am Silversterabend hält der Pfarrer in der Kirche die sogenannte Alt-Jahr-Predigt ab. Dies ist ein kirchlicher Rechenschaftsbericht (Heiraten, Taufen, Todesfälle usw). Dann wird dem Herrgott für das alte Jahr gedankt und für das neue wieder um Gottes Gnade gebetet. Nach dem Gottesdienst gingen die Burschen ins Wirtshaus oder blieben auf der Gasse und schoßen zu Mitternacht das Neujahr an.
Das alte Jahr hat seinen Lauf beendet. Was das neue bringen wird, liegt im Dunkel. Für nachdenkliche Gemüter ist Silvester ein Tag der Besinnung.
Der letzte Tag des Jahres trägt den Namen des hl. Silvester, der als Papst am 31. Dezember 335 starb. Während Silvesters Regierungszeit fielen Entscheidungen von großer kirchen- und weltgeschichtlicher Bedeutung. Die Geschichte weiß fast nichts von Silvester zu berichten. Die Legende aber erzählt, er habe den römischen Kaiser Konstantin vom Aussatz geheilt und dafür sei der Kaiser Christ geworden. Er, entschloss sich, seine Residenz nach Byzanz (= Konstantinopel, das heutige Instanbul) zu verlegen. Rom überließ er dem Papst. Das bedeutete das Ende der griechisch-römischen Antike und zugleich den Beginn unserer eigentlichen europäischen Geschichte. Mit dieser Wende ist der Name des hl. Silvester verknüpft, obwohl er selbst aktiv nicht darauf eingewirkt hat.
Wenn die „Rekruten" - Jahrgang der militärpflichtigen Burschen - für das Militär „assentiert" (gemustert) wurden, war es Brauch, daß die Tauglichen ihren Hut mit Rekrutenbändern geschmückt haben. Der Hut war rundherum mit vielen Bändern, verziert und geschmückt.
Die jungen Burschen (Soldaten) fühlten sich von jetzt ab als Männer. Daher wurde auch mehr als sonst üblich, dem starken, feurigen Wein zugesprochen. Sie fuhren nach der Musterrung (sie fand meistens in der Bezirksstadt statt) auf ihren buntgeschmückten Wagen, mit Musikbegleitung, heim ins Dorf. Anschließend saßen sie bis spät in die Nacht mit ihren Kameraden und Mädchen im Gasthaus gemütlich beisammen.
Wegen der geschlossenen Ortsbauweise war ein organisierter Feuerschutz notwendig. Die in früheren Jahren üblichen Rohr-, Strohdächer und Scheunen waren besonders feuergefährlich. In den meisten Fällen wurde die Feuerwehrspritze im Gemeindehaus untergebracht. Bei Feueralarm mußte derjenige Fuhrmann, der mit seinem Gespann dem Gemeindehaus am nächsten war, seine Pferde um- bzw. einspannen und die Feuerwehrspritze zur Brandstelle fahren. Alle anderen Gespanne mußten Wasser in Fässern zum spritzen herbeifahren.
Ende des dritten Jahrhunderts lebte der unbekannte römische Soldat und Kanzleivorstand des Stadthalters von „Noricum", Florianus. Unser tiefgläubiges Volk verehrte viele Heilige, wie: Peter und Paul, Jakobus und Anna, Josef (Josefi), Fabian und Sebastian sowei auch den hl. Florian am (4. Mai).
Er wurde in Wasser- und Feuersnöten um Hilfe angefleht und galt seitdem als Schutzpatron der Feuerwehr.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiß man, daß die Kolonisten aus den bayerisch-österreichischen Gebieten die Verehrung des hl. Florian nach Ungarn brachten. So ist es verständlich, daß man ihn nicht nur gegen Hungersnöte und Epidemien, sondern auch gegen Feuerbrunst um Hilfe anrief.
Als sich die Kriegswolken Ende März 1941 über dem politischen Horizont zusammenzogen, hatten sich die Volksdeutschen doch Gedanken gemacht, was im Falle eines Krieges mit ihnen geschehen würde, obwohl sie nichts zu fürchten hatten. Mit dem Beginn des Balkanfeldzuges hatte jedoch ein entsetzliches Drama begonnen. Kummer und Leid brachen über uns herein. Zwar blieben unsere Gemeinden zunächst verschont, doch zeichnete sich im Hintergrund das Wetterleuchten des heraufziehenden Krieges ab. Aber nach kaum zwölf Tagen Balkanfeldzug, am 17.4, 1941, unterzeichneten General Jankovic, im Auftrag des damaligen Oberbefehtlshabers, General Kalafatovic, und der ehemalige Außenminister der Cvetkovic-Regierung, Cincar Markovié, die Kapitulationsurkunde, die am 18. 4. 1941 in Kraft trat. König, Regierung und Politiker flohen ins Ausland.
Im Monat Oktober 1941 sind die ersten Wehrpflichtigen zur ungarischen Honvéd eingezogen worden. Im Februar 1942 begann die Musterung der Volksdeutschen wehrpflichtigen Männer zur Waffen-SS. Die Rechtsgrundlage zu dieser Musterung und Einziehung zum deutschen Militärdienst bildeten die zwischenstaatlichen Abkommen zwischen der deutschen und der ungarischen Regierung.
In der praktischen Durchführung der Rechtslage wurde folgende Methode angewandt: Einziehung auf Grund landeseigener Wehrgesetzte und zwischenstaatlicher Verträge, ohne der Volksgruppenführung wehrrechtliche Befugnisse zu übertragen. Diese wurden nur in der technischen Durchführung der Musterung und Werbung verwendet. Das war bei uns in Ungarn der Fall. Hier kann man von einer alternativen Freiwilligkeit sprechen, die darin bestand, daß den wehrpflichtigen Volksdeutschen die Möglichkeit gegeben wurde, zu wählen zwischen der deutschen Waffen-SS und der ungarischen Honvéd. Die Volksdeutschen waren sich dessen voll bewußt, daß ihr künftiges Schicksal mit dem des deutschen Muttervolkes untrennbar verbunden sein wird. Somit kann die Feststellung getroffen werden, daß alle die nicht bei der Honvéd dienten, sich zum deutschen Wehrdienst meldeten.
Dem jahrhundertelangen friedlichen Zusammenleben der Donauschwaben mit ihren andersnationalen Nachbarn wurde mit dem Einmarsch der Russen und Partisanen in unsere Heimat und mit der Auflösung unserer heimatlichen Dorfgemeinschaften, ein Ende bereitet.
Es wurde uns allen zur bitteren Gewißheit, daß wir unser Anrecht auf unsere Heimat, das mit dem Leben der Ahnen erkauft und mit ihrem Blute besiegelt wurde, verloren haben.
Im Spätherbst 1944 verließen die ersten Donauschwaben aus dem Südosten Hab und Gut, Haus, Hof und Heimat. Sie flohen bei Nacht und Nebel unter Todesgefahr auf geladenen Wagen, Traktoren und mit der Eisenbahn dem Mutterlande zu, wo sie sich Obdach, Freiheit und Heimat erhofften, und auch fanden. Alle Volksdeutschen, die nicht rechtzeitig geflüchtet waren, wurden (im jugoslawischen Teil der Baranya) ohne Unterschied des Geschlechts und Alters in die Zwangslager eingeliefert, wo sie massenweise an Hunger, Epidemie, schlechter Unterkunft und Behandlung starben. Anschließend wurden sie in Massengräbern verscharrt. Viele Landsleute wurden erschossen.
Im ungarischen Teil der Baranya durften die Volksdeutschen teilweise bis zur Ausweisung in ihren Häusern verbleiben. Ein besonders düsteres Kapitel für die zurückgebliebenen war die Deportation männlicher und weiblicher Volksdeutscher Arbeitskräfte in die UdSSR, zur Zwangsarbeit. Auf die Volksdeutschen wurde eine regelrechte Treibjagd veranstaltet. Betroffen waren die Männer im Alter von 17 bis 45, die Frauen, die die Mehrheit der Verschleppten darstellten, im Alter von 18 bis 35 Jahren. In der Sowjetunion wurden sie bei Bau- und Straßenbauarbeiten, in Kohlengruben usw., eingesetzt. Sehr viele von ihnen haben die Heimat nicht wieder gesehen.
Weitere Einzelheiten einer Entwicklung, die so unauslöschlich in unserer Erinnerung haftengeblieben ist, wollen wir gar nicht mehr herausstreichen. Menschlich, geistig und politisch auf einen solchen Ausgang unvorbereitet, wurde die ganze Volksgruppe der Donauschwaben in eine Katastrophe, die durch eine furchtbare Verirrung unseres Zeitalters heraufbeschworen wurde, mithereingezogen.
Was liegt doch für uns Überlebende eine Welt von Geschehnissen zwischen jenem Ausgang und unserer Rückkehr in die alte und zugleich neue Heimat! Glücklich, auch wieder Verbindung mit dem Mutterland, der Urheimat unserer Ahnen zu haben, warf uns ein unerbittliches Schicksal aus der Bahn und wir sind ärmer an irdischen Gütern als jene, die einst hier auszogen, in die Urheimat zurückgekehrt. Dies aber mit dem stolzen Bewußtsein und der inneren Befriedigung, der Heimat auch in der Fremde gedient und Ehre eingelegt zu haben.
Die ersten Beschlüsse zur Beschlagnahme des Volksdeutschen Vermögens in Jugoslawien wurden vom „Antifaschistischen Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens" (Avnoj), der als provisorische Volksvertretung galt, in seiner Sitzung vom 21. November 1944 in Beigard gefaßt. Eine Aussiedlung der deutschen Bevölkerung Jugoslawiens auf Grund gesetzlicher Bestimmungen fand nicht statt. Die Deutschen wurden in die berüchtigten Hungerlager interniert, wo auch ein großer Teil zugrunde ging. Anders als in Jugoslawien und Rumänien, erhielt Ungarn durch die Potsdamer Beschlüsse des Alliierten Kontrollrates, vom 20. November 1945, das Recht zur Umsiedlung seiner Volksdeutschen. Die erste Verordnung der ungarischen Regierung Nr. 12330/1945 wurde später mehrmals geändert. Im Zuge der Durchführung des Beschlusses des Alliierten Kontrollrates über die Umsiedlung der ungarländischen deutschen Bevölkerung nach Deutschland, ordnet das Ministerium aufGrund der im G. A. XI, vom Jahr 1945, § 15, erhaltenen Bevollmächtigung folgendes an: § 3, das bewegliche und unbewegliche Vermögen der zur Ausweisung verpflichteten Personen, ungeachtet dessen, ob sie sich in- oder außerhalb des Landes befinden, gilt vom Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung als gesperrt; der Eigentümer (Besitzer) darf Vermögenswerte weder veräußern noch belasten.
§ 7. Die im Zuge der Durchführung dieser Verordnung notwendigen weiteren Verfügungen erläßt der Innenminister. Die vorliegende Verordnung tritt mit dem Tag ihrer Verkündigung in Kraft und für ihre Durchführung sorgt der Innenminister. Budapest, 22. Dezember 1945. Die Enteignung des Volksdeutschen Besitzes erfolgte durch das Grundgesetz zur Bodenreform Nr. 600 vom 15. März 1945.
Das Leiden unserer Menschen in den verschiedenen Lagern, das Sterben unserer Familienangehörigen, Freunden und Bekannten, kann uns zum Heil gereichen, wenn wir uns für den Frieden unter den Völkern einsetzen. Wir sind gejagt und verstoßen worden und doch haben uns gute Menschen wieder aufgerichtet. Zu ihnen wollen wir gehören.
Die südostdeutschen Heimatvertriebenen hinterließen in ihren Heimatstaaten unter anderem: Grundbesitz von 2 641 737 ha, das waren 11,5% des Gesamtgrundbesitzes im Donauraum oder die vierfache Ackerfläche Baden-Württembergs (604 905 ha - 1950, mit 349 310 landwirtschaftlichen Betrieben. Das ist fast die doppelte Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe Baden-Württembergs (206 684 nach der landwirtschaftlichen Betriebszählung 1949) mit einer Durchschnittgröße von 7,5% ha.
An Viehbestand: Tiergattung | Stückzahl | Stand Baden-Württemberg nach der Viehzählung vom 2. 12. 1950 |
Pferde | 370079 | 77 781 |
Rindvieh | 831 020 | 722 202 |
Schweine | 1453 161 | 627 837 |
Schafe | 97 358 | 151559 |
An Wohnhäusern: Bei einer Behausungsdichte der Deutschen des Südostens von 5, kann die Zahl 300 000 angegeben werden.
Als einzige bekannte Größe in der Errechnung der Volksdeutschen Vermögensverluste sind die 636 847 ha, rund 1,1 Mill. Kat.-Joch umfassende Bodenfläche, die nach amtlichen jugoslawischen Angaben lt. Beschluß der Avnoj vom 21. Nov. 1944, von 96 874 Angehörigen deutscher Nationalität enteignet worden. Das sind umgerechnet zusammen 15 589 338 000 D.-Mark. (fünfzehn Milliarden, fünfhundertachtzigneun Millionen, drei-hundertdreißigacht Tausend Deutsche Mark). Die Bewertung nach dem Stand von 1982.
Seit langem weiß man, daß der Wert des den Volksdeutschen in Jugoslawien abgenommenen Vermögens, sich um die 2,5 Milliarden Friedensdollar bewegt. Diese Summe ist unsoweit verläßlich, als sie sich auch mit Schätzungen anderer Publikationen deckt. Beispielsweise mit noch im alten Königreich Jugoslawien geheim durchgeführten Erhebungen, zum Zwecke einer Ablösung des Vermögens der Deutschen, im Zuge der allgemeinen Umsiedlungsmaßnahmen in das Reich.
Für uns Donauschwaben ist mit dem Ende des zweiten Weltkriegs eine Welt zusammengebrochen oder besser gesagt, unsere eigene Welt zusammengestürzt. Mit ihr verloren wir all das, was jeder Mensch in der Not am meisten braucht, die Familienangehörigen, Haus, Hof und die Heimat. Alles was unsere Vorfahren in friedlicher und schwerer Arbeit unter größten und schwersten Opfern aufgebaut und erarbeitet hatten, war mit einem Schlag dahin. Wir, die das Glück hatten, mit dem Leben aus dieser Katastrophe herauszukommen, wurden in alle Winde zerstreut. Hoffnungslos war die Lage, nur der Glaube an Gott war geblieben. Aus der Verwirrung und Verlorenheit, dem Ausgestoßensein aus der Geborgenheit, erwuchs eine um so größere Willensanstrengung, unser Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken.
Als man aber die Potsdamer Beschlüsse 1945 verwirklichte und der Flüchtlingsstrom in das zerbomte, aus tausend Wunden blutende Rest-Westdeutschland einsetzte, kamen auch sehr viele unserer Landsleute hierher. Durch den weiteren Zustrom von Heimatvertriebenen aus dem Osten und Südosten, in den Jahren 1945-47, wurde die Wohnungsnot immer größer. Anfangs hatten unsere Landsleute noch keinen Gedanken aufkommen lassen, daß sie sich hier im Mutterland eine neue Heimat gründen wollten, denn das Schicksal war hart. Von Haus und Hof vertrieben, die Heimat mit der Existenzgrundlage verloren, die Familien zerrissen; es lastete viel Kummer und Schmerz auf unseren Menschen. Erst als die Familienzusammenführung einigermaßen vollzogen war, und man sich begann heimisch niederzulassen, um ein neues Leben aufzubauen, standen unsere Menschen vor der Frage; „Was ist nun zu tun?" Als die Wohnungsnot immer größer wurde, setzte sich doch allmählich das natürliche Streben nach einem eigenen Heim durch. Der schlummernde Pioniergeist in unseren Menschen wurde wach. Es ist für uns ermutigend, daß wir Sippen haben, die in ihrer schlichten Lebensbejahung und in ihrem Mut zum Neuanfang noch immer den Kolonistengeist beweisen, der vor nichts zurückschreckt.
So sind wir auch wieder in der neuen Heimat mit demselben Wagemut an die Arbeit gegangen, mit dem einst unsere Urahnen an dieselbe gingen, und wir haben uns mit behördlicher Unterstützung eine neue Heimstätte aufgebaut. Nach Überwindung all der Anfangsschwierigkeiten konnte sich auch die jüngere Generation eine neue Existenz aufbauen.
Die alte Generation fand leider den Anschluß an das Berufsleben nicht mehr. Sie müssen mit ihrer Unterhaltshilfe und vielleicht einer kleinen Rente auskommen.
Unsere Landsleute wohnen hauptsächlich in Baden-Württemberg, Hessen, Bayern und der Pfalz. Sie dürfen stolz auf eine beachtliche Aufbauleistung zurückblicken. Aber das Wort Heimat sitzt noch tief in unseren Herzen. Wer aus ihr scheidet, ist sich selbst nicht bewußt, was er alles aufgibt. Man merkt es erst dann, wenn die Erinnerung an sie eine Freude seines späteren Lebens wird.
Abschließend will ich nicht versäumen, anläßlich der Herausgabe dieses Heimatbuches, zu sagen, daß wir Vielen Dank schuldig sind. Es ist unmöglich, bei der Vielzahl der Unterstützenden alle namentlich zu erwähnen. Darum soll es ein Wort des Dankes und der stillen Hoffnung sein. Dank dem Allmächtigen, der uns aus finsterem Tal mit gnadenreicher Hand geführt hat, und der uns nach der Katastrophe wieder einen Platz an der Sonne finden ließ. Dank unseren Kirchen und ihren Männern, die uns als erste in der Zeit der Verzweiflung den Weg gewiesen, Hilfe angeboten, und für uns gesprochen haben. Dank an diejenigen staatlichen und behördlichen Stellen, die uns ihr Entgegenkommen bekundet und für unsere Sorgen ein offenes Ohr hatten. Dank allen, die uns bei der Schaffung von Wohnung und Werkstatt zu Hilfe gekommen sind. Es muß aber auch dem gesamten deutschen Volk gedankt werden, für das verständigungsbereite Zusammenleben mit den Menschen, die ihre Heimat verloren haben und die Bereitschaft, diese in ihre Gemeinschaft aufzunehmen. Dank allen, die uns verstanden und uns ihr Vertrauen schenkten. Wir wollen aber auch hoffen, daß unser ganzes Bemühen und unsere Arbeit uns dem gesteckten Ziel näher bringt und der Frieden in uns und um uns sich festigt, und erhalten bleibt. Vereinen wir unsere Kräfte auf dieses große Ziel. Helfen wir gemeinsam mit am Werk des Friedens und der Versöhnung. Schöpfen wir neue Kraft um das Leben weiterhin bestehen zu können.
Wir Danken dir, Deutschland!
Du hast uns nach endlosem Wandern aufgenommen,
Du linderst den Schmerz, den sehnsuchtsvollen Heimatruf:
Wir sind bettelarm in Deine armen Gaue gekommen,
Die Gott, der Allmächtige, für Heimatlose schuf.
Wir verloren Heimat, Haus und viele unserer Lieben,
Wir kennen des Abgrunds Tiefe und das Joch
Und sind dennoch ungebrochen geblieben
Und halten unerschüttert die Treue hoch.
Du gabst uns Frieden und Freiheit in Deinem Land,
Zuversicht und Hoffnung - neues Leben.
Du bautest unsres Schicksals Unterpfand:
Uns hat keiner, keiner jemals mehr gegeben.
Deutschland, in Deinen Städten, Feldern, Auen,
Die des Glückes und des Reichtums Zier,
Fanden Heimatlose wieder Gottvertrauen:
wir Heimatvertriebenen, wir danken Dir.
Eugen Philips