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Weindorf im Jahre 1900
Die Gemeinde Weindorf, 230 m über NN am Rande der Ofener und Pilischer Berge, ungarisch Pilisborosjenö, liegt nordwestlich der ungarischen Hauptstadt Budapest. Durch eine Omnibuslinie — Pendelverkehr alle 30 Minuten — ist sie an das öffentliche Verkehrsnetz von Altofen (Öbuda), Ecke Vörösväri und Becsi üt, angeschlossen. Eine direkte Bahnverbindung besteht nicht. Wer den Zug benützt, fährt die Strecke Budapest-Westbahnhof (Marx ter)-Esztergom (Gran) und steigt am Bahnhof Üröm aus. Von hier gibt es Anschluß an die Omnibuslinie Budapest-Üröm-Pilisborosjenö. Die Haltestelle liegt an der Wiener Straße (Külsö Becsi üt) 200 m oberhalb der Bahnlinie. Bis zur Weindorfer Ziegelfabrik (Borosjenöi teglagyär) fahren sogar die Blauen Busse. Geographische Lage: 47° 35' 30" nördl. Breite 19° 0' 20" östl. Länge.
Das Klima entspricht der gemäßigten Zone Europas (kontinental), ist angenehm, ohne extreme Werte und gesund. Wegen der geschützten Lage ist die mittlere Jahrestemperatur 12° C.
Nach der Siedlungsform ist Weindorf ein Haufendorf und gehört zum Komitat Pest. Nachbargemeinden sind Üröm, Solymár, Pilisvörösvär, Csobänka, (Pomäz) und Buda-kalász.
Hier läuft das Ofener Gebirge aus und das Pilischer beginnt. Letzteres verläuft von Krottendorf (Bekäsmegyer; heute zu Budapest gehörend), von der breiten Terrasse des Petersberges (ehemalige Donauterrasse) über den Silberberg (Ezüsthegy) und „Gschpitzten Berg" (Nagyke-vely 535 m), wie ihn die deutschstämmigen Dorfbewohner nennen und was soviel wie der Hochmütige oder Stolze bedeutet, über den Kiskevely, Hosszü hegy und Pilis (757 m) von SO gegen NW. Es ist ein schmaler Gebirgszug von größtenteils kahlen Kalksteinhorsten und bewaldet. In den Steinbrüchen von Weindorf und Budakaläsz, d.h. im Steinriegel (Köves berc, 281 m), am Steinberg (Köhegy, 335 m) und der Harapusch (kartographisch unter Köfejtök, 276 m registriert) wurde wertvoller Naturstein abgebaut. Verwendung fand er bei zahlreichen profanen und sakralen Bauwerken, unter anderem am nachgebauten Wienertor in der Burg und am Elisabeth-Aussichtsturm (von Architekt Friedrich Schulek, 8. September 1910) auf dem Johannisberg (Jänoshegy). Es handelt sich um ein altes Sedimentgestein, also Ablagerungen, aus Sand- und Kalkstein und Konglomerat.
Aus dem Oligozänmeer (vor 26 - 38 Millionen Jahren) rühren die Schlammablagerungen her, die seit Jahrzehnten den gelbbraunen Ton für die Weindorfer Ziegelfabrik stellen. Weindorf war einst von einem Meer bedeckt, aus dem der Gschpitzte Berg wie eine Insel herausragte. Das Pilischgebirge stellt zusammen mit dem Donaueckgebirge eine paradiesische Landschaft für Touristen dar. Vom Gschpitzten Berg, Weindorfs Hausberg, sieht der Wanderer die Pilischer und die Ofener Berge und die Stadt Budapest mit der langsam dahinfließenden Donau. Jenseits des Flusses fängt die große ungarische Tiefebene an. Im Sattel des Kevely-Zuges lädt das Touristenhaus Aurel Stromfeld zum Rasten ein. Es ist bewirtet und bietet Übernachtungsmöglichkeit einfacher Art. Weindorf liegt in einer kleinen Mulde zwischen Berg und Steinriegel, ist von drei Seiten mit Mischwald umgeben und öffnet sich nach Üröm hin flach abfallend, wie ein breiter Fächer. In den Wäldern gedeihen Eiche und Esche, aber auch Fichte, Kiefer, Erle, Akazie und Rüster. Die „schwäbischen Bauern" beschäftigten sich vor der Vertreibung mit Getreide-, Obst- und Weinbau und pflanzten für den Eigenbedarf verschiedene Hackfrüchte (Mais, Futterrüben, Kartoffeln).
Archivunterlagen des Komitats Pest belegen, daß in der Gemarkung Weindorf (d. h. im Hotter) der Weinbau bereits bei den Römern bedeutsam war. Das Gebiet hatte damals den Namen Vinidium^. Die Versorgung der nahegelegenen Colonia Aquincum (etwa heutiges Altofen) mit ihren einstigen 20-30.000 Einwohnern erhärtet diese Namensgebung, denn die Römer, die den Wein aus ihrer Heimat kannten, wollten hier nicht darauf verzichten. Aus dieser Zeit sind Grabstätten, Münzen, ein Kilometerstein und ein Teilstück einer Römerstraße gefunden worden.2
Bis zur Befreiung Ofens hat sich ein ganzer Namenskatalog von der Ortsbezeichung angesammelt: z. B. Borosye-nen, Borosyezenew, Boruzyenen, Borusyenew, Borus Jenw, Boruzienen, Burss Jenew, Burusienew, Burusje-new, Buruyeno, Baindorf.
1284 als Burss Jenew3 das erste Mal erwähnt; ein Weinberg wechselte seinen Besitzer.
1324 erscheint der Name Borusjenev4 und 1420 in der Schreibweise BorosJenew5. Burss und Boras (sicher oft verschrieben) geht auf die ungarische Bezeichnung bor »Wein« zurück, Jenew = Jenö ist vom gleichnamigen Gutsbesitzer übernommen.
1690 taucht der Name Borosjenö auf einer Liste als unbewohnter, verlassener Ort auf.
1695 steht auf einer Urkunde erstmals WeindorfiK
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1898 beantragt die Gemeinde eine offizielle Namensänderung, uzw. von Borosjenö auf Pilisborosjenö. Damit will man einer Namensverwechslung mit Budajenö (im Pilischgebirge gab es drei Dörfer mit Jenö, außerdem soll in Südungarn ein zweites Borosjenö bestanden haben) vorbeugen. Für die Namensänderung wurden Alternativvorschläge gemacht, z. B. Pestborosjenö und Pilisjenö. Am 28. November 1899 fiel die Entscheidung und Pilisjenö wurde amtlich zuerkannt, doch damit war die Mehrheit der Antragsteller nicht einverstanden und erhob Einspruch. Die Komitatsbehörde ließ ihn gelten und bestätigte
1900 Pilisborosjenö(genau am 21. Juni). Dieser Name ist heute noch gültig. 1984 gab die Komitatsbehörde einem Antrag der deutschstämmigen Bevölkerung zur Führung der deutschen Bezeichnung Weindorf nach und seither steht auf dem Ortsschild
(Bis zur Ausweisung gebräuchlich; das Ü hinter dem Namen = Übersetzung).
1696 brachte der Orden der Ofner Klarissen, zu deren Besitzungen auch Weindorf gehörte, deutsche Siedler hierher. Diese kamen in einen noch unbewohnten Ort. 1. Festing (Festung; Vär utca, Ü) — 2. Festingkaasl (Festungsgäßchen; Vär sikätor, Ü) — 3. Fräithoufkoosn (Friedhofgasse; Temetö utca, Ü) — 4. Hauptkoosn (Hauptgasse; Fö utca, Ü) — 5. Hundspeagl (Hundehügel; Kutya-hegy, Ü) — 6. Khiachakoosn (Kirchengasse; Tempion utca, Ü) — 7. Khiachawingl (Kirchenwinkel) — 8. af ta Krä-izkoosn (Kreuzgasse) — 9. Ta Kroo(b)m (Graben; Ärok utca, Ü) — 10. Kschwistakoosn (Geschwistergasse; Test-ver utca, Ü) — 11. Laamkschteitn, Laamkruam (Lehmgrube) — 12. Leachalfööd (Lerchenfeld; Lehel utca) — 13. Maastakoosn (Meistergasse; Mester utca, Ü) — 2. Moorizkaasl (Morizgäßchen) — 15. Müüzkasl (Milczgäßchen; Milcz sor, Ü) — 16. Näikoosn (Neugasse; Olga utca) — 17. Oufna Koosn (Ofner Gasse; Budai üt, Ü) — 18. Öülapoognkoosn (Ellenbogengasse; Könyök utca, Ü) — 19. am Peag troo(b)m (auf dem Berg) — 20. Tonaadi-koosn (Donatigasse; Donäti utca, Ü) — 21 Wojdkoosn (Waldgasse; Erdö utca, Ü) — 22. Wossaschtot (Wasser stadt; Viziväros, Ü).
1. Höher gelegener Ortsteil. — 2. Verband die Ofner Gasse mit der Festung. — 3. Weg zu den Friedhöfen. — 5. Eine Erklärung war nicht zu erhalten. — 6. Hier Kirche und Pfarrhaus. — 7. Oberhalb der Kirche, und zwar der Teil, der vom Hundspeagl bis zur Donatigasse reichte. — 8. Gemeint ist die Kreuzung der Ofner Gasse und Kirchengasse. — 9. Häuserreihe längs des Grabens von der Brücke an in Richtung Üröm. — 10. Angelegt 1926/27. Hier hatten die Geschwister Resch ihre Häuser. — 11. Nachdem hier keine Ziegel mehr gemacht wurden, fanden bei den Gruben zeitweilig Zigeuner eine Bleibe. — 13. Außer eines Gastwirts nur von Handwerksmeistern bewohnt. Es gab hier 1 Monteur, 2 Schmiede, 1 Schreiner, 2 Schuhmacher und 2 Wagner. — 14. Ein kurzes Gäß-chen, Fortsetzung der Kirchengasse, abwärts. Ein altes madjarisches Ehepaar namens Möricz betrieb hier ein Lebensmittelgeschäft. — 15. Weil das Eckhaus Josef Milcz gehörte. —16. Diese gibt es erst seit Mitte der zwanziger Jahre. 1943 wurde diese Gasse umbenannt. Von nun an hieß sie nicht mehr Uj utca (Neugasse), sondern Olga utca, nach der Tochter des Rektors der Volksschule, der das Haus an der Ecke besaß. — 17. Sie führte nach Ofen. — 18. Ihr Verlauf erinnerte an einen angewinkelten Arm. — 19. Gemeint waren die paar Häuser an einem Feldweg, der vom alten Friedhof zur Donatigasse führte. — 20. Vor dem Gröschl'schen Haus, an der Stelle, wo in den siebziger Jahren jemand vom Blitz getroffen wurde, errichtete man einen Bildstock dem Daher soll der Name der Gasse stammen. — 21. Eine alte Gasse am Schtaa(n)riigl (Steinhügel) bei der Festung, am Wald. — 22. Dazu gehörten die Kschwista-, Maasta- und Näikoosn.
Untere Gasse (1900), sie war zugleich Kiritogplatz
Aus Bonomis Bearbeitung »Die Gassennamen des Ofner Berglandes (Ungarn) im deutschen Volksmund« aus Gedenkschrift für Harald Steinacker Bd. 16 München, 1966, S. 344-345.
Weindorf im Jahre 1942 mit dem Silberberg
Üröm und Weindorf liegen geographisch zwar nur einen guten Steinwurf auseinander, entwickelten sich aber von der Ansiedlung der ersten Deutschen bis zu deren Ausweisung und in den Folgejahren — von 1946 -1970 — als selbständige Urbarialgemeinden. Familiäre Verflechtungen, gemeinsame Interessen und Lebensgewohnheiten, aber auch die wirtschaftliche Entwicklung wiesen Gemeinsamkeiten auf, die speziell in der Nachkriegszeit Folgen haben sollten.
Kirchlich waren beide Dörfer durch die gemeinsame Registratur in den Pfarrmatrikelbüchern in Weindorf bis zum Jahre 1821 eng verflochten. Üröm war Filiale von Weindorf. Urbarial hingegen gingen beide lange ihren eigenen, selbständigen Weg. An eine gemeinsame Verwaltung oder gar Partnerschaft dachte zunächst niemand. Nach der Aussiedlung der Schwaben (gebräuchliche Bezeichnung für Deutsche) wurden neue Siedler in den fast leeren Dörfern gebraucht. Zunächst kamen nach Üröm und Weindorf welche aus Mezökövesd und Tarpa, später auch aus anderen Regionen. Während Mezökövesd südlich des Bückgebirges liegt — unweit der Stadt Eger — gehört Tarpa zu Nordostungarn, d.h. zum Grenzgebiet am Oberlauf der Theiß (Tisza), Nähe Sowjetunion. Obwohl im Zuge der Bodenreform die verlassenen Felder den Neusiedlern gleich zugesprochen wurden und diese mit der Bewirtschaftung sofort begannen, blieb es bei schmalen Erträgen.
In der Folgezeit stellte man auf genossenschaftliche Basis um. Schließlich fusionierten im Jahre 1964 die Produktionsgenossenschaften Üröm und Pilisborosjenö und 1969 wurde das gemeinsame genossenschaftliche Unternehmen „Agrokor" gegründet. Dies war offenbar eine gute Idee, bewirkte aber eine grundlegende strukturelle Veränderung. Die bäuerliche Wirtschaftsform löste sich auf, und durch die rationelle Arbeitsweise erreichte das Einkommen der Genossenschaftsarbeiter das der Industriearbeiter. Der erneut aufkommende Einkommensschwund in der Landwirtschaft konnte mit den Umsätzen der gewerblichen Betriebe (Schlosserei, Reparaturwerkstatt, Zwirnerei, Polstererbetrieb, Bau von Lüftungen usw.) aufgefangen werden. Auch die Tierhaltung, die bisher noch einen Profit ergab, wurde durch die gestiegenen Futtermittelpreise unrentabel. Sie hat man bis auf einen kleinen Bestand abgebaut.
1964/65 wurde mit der Fertigstellung des Wassernetzes in beiden Dörfern das Jahrhundertwerk vollbracht. Endlich lief das Wasser in jeder Wohnung aus der Leitung. Somit fiel die tägliche Sorge um das kostbare Element weg und auch die Abhängigkeit von den brunnenbesitzenden Nachbarn.
Teilansicht vom Hundsbeag'l
Nach soviel Gemeinsamkeiten erstaunt es kaum, als es 1970 zu einer partnerschaftlichen Verbindung beider Gemeinden kam. Partnerschaften sind allerdings nur trag- und lebensfähig, wenn alle Beteiligten tolerant denken und handeln. Daß dies nicht immer der Fall war, geht aus dem lange schwelenden „Siegelstreit" hervor, über den die Zeitung Magyar Hirlap am 5, März 1985 ausführlich berichtete. Das partnerschaftliche Zusammengehen betrachteten insbesondere die Weindorfer als Zwangsheirat. Denn, obwohl nicht zu übersehende Erfolge im Ausbau der Straßen, im Bau eines neuen Kulturhauses in Weindorf, im Erziehungs-, Schul- und Gesundheitswesen und in der Seniorenbetreuung vorhanden waren, blieben die Bewohner — ungarische wie deutschstämmige — Üröm gegenüber skeptisch. Daran konnte der Bau der neuen Schule mit zwölf Klassenräumen für die Schüler der Oberstufe aus beiden Dörfern auch nichts ändern.
Weindorf verlor durch die partnerschaftliche Bindung an Üröm (letztere ist törzsközseg/Stammgemeinde) seine Indentität. Der Name Pilisborosjenö/Weindorf erscheint außer dem Ortschild, im amtlichen Siegel und auf dem Briefbogen der Gemeindeverwaltung nicht mehr. Damit konnte sich die Mehrheit der Bevölkerung — ob deutschstämmige oder ungarische — nicht abfinden, und so kam es im Februar 1984 zu einer Gemeindeversammlung in Weindorf, in der das Für und Wider über den Namensverlust heiß diskutiert wurde.
In einem Artikel der Zeitung „Magyar Hirlap" (Ungarisches Nachrichtenblatt), verfaßt von Szabö László, steht am 14. März 1985 folgendes: „Worin besteht das Glück der Partnergemeinde?" oder als große Überschrift „Siegelkrieg am Pilisch — Tränen um den Dorfnamen" und ähnliches. Auszugsweise serhier das Wesentliche wiedergegeben. Zunächst ein Zitat aus dem Protokollbuch der Sitzung: „Es fällt uns schwer, daß in der Anschrift des gemeinsamen Rates der Großgemeinde Üröm (Üröm Nagykozsegi Közös Tanäcs) der Name unserer Gemeinde Pilisborosjenö nicht erscheint. Somit empfinden wir, daß dieser Name für künftige Generationen aufgehört hat zu bestehen." Soweit G. Gergelys Äußerung. Darauf antwortete Laknerfine Päsztor A. wie folgt: „Wir stimmen mit G. Gergelys Feststellung überein, daß Pilisborosjenö in der Gemeindebezeichnung nicht mehr erscheint. Wir versuchen zu helfen." Selbst Ratsvorsitzender L. Selmeczy hält den Anspruch der Teilgemeinde für berechtigt, zumal er selbst in Weindorf lebe und dabei die lokale Allgemeinstimmung und die gegenseitige gute Freundschaft berücksichtige, doch dies allein könne nicht ausschlaggebend sein. Im übrigen ist der Name Üröm 1971 im Einvernehmen des gemeinsamen Rates beider Gemeinden zustande gekommen. Die Siedlung (damit ist Weindorf gemeint), habe durchaus eine Zukunft und sei keineswegs von Vergessenheit bedroht, wenn nur die Sorge wegen der Namensbezeichnung im Siegel nicht wäre.
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Gruppe auf dem Wirtshausberg'l | Die Herrengasse um 1900 |
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Alois der ,,Pilot" im Garten der Familie Stampf | Die Waldgasse um 1970 |
Bei stärkerer Beachtung dieser Frage bietet sich bestimmt eine Überbrückungslösung an, aber trotz verbaler Beteuerungen wurde bisher leider nichts bewegt. Dabei haben bereits die Römer die günstige Lage für den Weinbau hier erkannt und somit das Gebiet „Vinidium" genannt (It. Quellen des Landesarchivs). Darüber hinaus ist der Ort im 13. Jahrhundert in einem erhaltenen Vertrag als Borosjenew aufgeführt. Selbst diese historische Belegung hat bei den zuständigen Stellen keine Änderung bewirkt.
Ob es eines Tages doch noch zu einem tragfahigen Kom-promiß in dieser Frage kommen wird, mit dem Behörde und Bevölkerung einträchtig leben können? Es wäre jammerschade, wenn der Name Pilisborosjenö/Weindorf als ein Opfer der Gemeindereform für immer in der Versenkung verschwinden würde.
Pilisborosjenö/Weindorf und Üröm (entnommen dem Statistischen Jahrbuch des Komitats Pest aus dem Jahre 1939). 1 Kat.†. = 0,5775 ha.
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Pilisborosjenö | Üröm |
Gemarkungsfläche(Katastraljoch, katasztr. hold) | 1582 = 913,61 ha | 950 = 548,62 ha |
davon Ackerland (szänto) | 689 = 397,90 ha | 575 = 332,06 ha |
Weinbau (szölö) | 109 = 62,95 ha | 91 = 52,55 ha |
Wald (erdö) | 383 = 221,18 ha | — |
Wiese (ret) | 4 = 2,31 ha | 6 = 3,47 ha |
Weide (legelö) | 255 = 147,26 ha | 189 = 109,15 ha |
Garten (kert) | 30 = 17,32 ha | 32 = 18,48 ha |
Inneres Gebiet (belterület) | 112 = 64,68 ha | 57 = 32,92 ha |
Zahl der Einwohner | 1675 | 1762 |
männlich (ferfi) | 806 | 853 |
weiblich (nö) | 869 | 909 |
Bewohner der Außengebiete (külterület) (Weindqrf: Ziegelfabrik, Zieselberg) | 216 | |
Üröm: Ürömer Berg) | 40 |
Konfessionelle Gliederung | ||
römisch-katholisch | 1612 | 1762 |
reformierte | 52 | _ |
evangelische | 8 | — |
griechisch orthodoxe | 3 | — |
Zahl der Häuser in der Gemeinde | 338 | 367 |
Verwaltung und sonstiges | ||
Obernotär: | Payer János | Sarlös József |
Gendarmerie | Budakaläsz | Budakaläsz |
Finanzkontrolle (penzügyörseg) | Budafok | Budapest |
Ehrentitel (Helden = vitezek) | Bíró Bernát | Bendeguz Pal |
Parlamentsabgeordneter | Dr. Baross Endre |
Felsenpartie in den Weißen Bergen
Statistik
der Partnergemeinden Üröm-Pilisborosjenö (entnommen aus dem Statistischen Jahrbuch des Komitats Pest, 1984), Auszug.
Nr. 16 | Nr. 15 | ||
Pilisborosjenö | Üröm | ||
Gemarkung in km2 | 9,25 (925 ha) | 6,67 = 15,92 | |
Wohnbevölkerung | 2603 | 3811 = 6414 | |
Geburten (lebend) | 26 | 45 | |
Todesfälle | 26 | 30 | |
zugezogen sind | 232 | 177 | |
weggezogen sind | 152 | 200 | |
Im sozialistischen Gewerbe beschäftigt | 556 | 205 | |
Kleingewerbliche Läden | 8 | 9 | |
davon Lebensmittelgeschäfte | 4 | 5 | |
Apotheken | 1 | — | |
An das öffentliche Wassernetz ange- | |||
schlossene Wohnungseinheiten | 636 | 699 | |
Länge der Wasserleitung in km | 17,6 | 29,6 | |
(Kanalnetz ist nicht vorhanden) | |||
Anzahl der Ärzte i. öff.Ges. D. | 1 | 2 | |
Plätze in der Kinderkrippe | — | 20 | |
Plätze im Kindergarten | 100 | 150 | |
Anzahl der Kinder im Kindergarten | 105 | 126 | |
Kindergärtnerinnen | 7 | 11 | |
Vorhandene Klassenzimmer in der | |||
Allgemeinen Schule der Partner- | |||
gemeinden | 21 | ||
Anzahl der Schüler | 542 | ||
Anzahl der Lehrkräfte | 33 | ||
(auf 1 Lehrkraftentfallenim 0 16,4 Schüler) | |||
Registrierte Leser der Ratsbibliothek | 86 | 709 | |
Gebührenzahlende Fernsehteilnehmer | 576 | 613 | |
Gastgewerbliche Einrichtungen | 3 | 2 |
Weindorf war bis Kriegsende eine bäuerliche Gemeinde mit Bauern, selbständigen Handwerkern, nach Budapest pendelnden Arbeitern, Kaufleuten und Gastronomen. Zahlreiche Frauen arbeiteten in der Stadt in Großwebereien (in der Jute-, Hanf- und Textilfabrik; in der Fabrik Goldberger u.a.) oder in der Zigarrenfabrik. Heute ist es eine Arbeiterwohngemeinde, aus der etwa 65-70 % der Werktätigen täglich mit dem Bus oder eigenem Pkw in die nahegelegene Hauptstadt fahren. Neuerdings finden immer mehr Menschen in den kleineren bis mittleren Betrieben am Heimatort eine Beschäftigung. Der Landwirtschaft kommt keine dominierende Bedeutung mehr zu.
Am Wochenende strömen Naherholungssuchende in das idyllische Dorf am Fuße des Nagykevely, die mit ihren Wochenendhäusern die Landschaft rund um den Kernort weitgehend zersiedelten. Dadurch ist das heutige Weindorf ungewollt zum Schrebergarten der Großstädter geworden.
Die Bevölkerung hat zugenommen und ist weiter im Steigen, denn es ziehen mehr Personen zu als weg. Der technische Fortschritt sowie moderne Medien bestimmen stark den Lebensstil der Bewohner. In den Familien gibt es die stillen Helfer, die elektrischen Küchengeräte, Waschmaschinen, Fernseh- und Videogeräte und häufig auch das Auto. Immer mehr Personen leisten sich eine Urlaubsreise in die östlichen Bruderstaaten, aber auch in den Westen.
Handel- und Gewerbebetriebe überflügelten zahlenmäßig die Stammgemeinde Üröm, was sich in der größeren Gewerbefläche, des Energieverbrauchs und dem Geräte-und Anlagenwert dokumentiert.
Den früheren Quellen des Wachstums und Wohlstands, dem Wein und dem Stein, haben die neuen Bewohner abgeschworen. So werden z. B. Natursteine nicht mehr abgebaut. Für die Stillegung des letzten staatlichen Betriebs könnten zwei Gründe ausschlaggebend gewesen sein:
Letzteres ist auf die allgemeine Kostenentwicklung zurückzuführen aber auch auf die Verdrängung durch den Beton. Vereinzelt wird der schöne Sandstein, bekannt als „Weiridorfer Ciklop", im privaten Wohnungsbau am Ort von den ehemaligen Facharbeitern, die inzwischen im Ruhestand leben, noch verarbeitet. Ein Natursteinhaus bzw. die verkleideten Fassaden, Einfriedungen usw. sind der Stolz der Hausbesitzer.
Das Wiener Tor in der Ofener Burg, erbaut aus Weindorfer Stein
Der Weinbau hatte nach 1945 lange privaten Charakter, der ausschließlich in Hausgärten gepflegt und betrieben wurde. Erst in jüngster Zeit begannen landwirtschaftliche Pioniere in den ehemaligen Lazarethäckern mit der Rekultivierung größerer Rebflächen. Sie hegen die Hoffnung, an die Winzererfolge der Vergangenheit anknüpfen zu können.
Bauplätze sind in der Gemeinde Mangelware. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Konsumgütern ist gesichert. Das Kulturleben der Stammbewohner erhielt neuen Schwung durch das 1986 fertiggestellte Kulturhaus. Es steht im Zentrum.
Nach der im Jahre 1971 durchgeführten Verwaltungsreform wurden Pilisborojenö/Weindorf und Üröm eine Verwaltungseinheit, deren Sitz Üröm ist. Üröm ist somit Stammgemeinde und Weindorf Teilort. Das offizielle Siegel der politischen Gemeinde trägt die Inschrift:
Üröm Nagyközsegi Közös Tanács zu deutsch: „Gemeinsamer Rat der Großgemeinde Üröm".
Der Ratsvorsitzende heißt Selmeczy László. Sein Wohnsitz liegt in Pilisborojenö/Weindorf. Sein Stellvertreter und zugleich Ortsvorsteher in Weindorf ist Megyesi János, von Beruf Lehrer. Er entstammt einer Familie, die seit über zweihundert Jahren hier lebt.
An der Peripherie der Gemarkung (des Hotters) liegt der Zeiselberg (ürgehegy) und die Weindorfer Ziegelfabrik (Borosjenöi teglagyär). Beide Vororte sind bewohnt und über Budapest leichter und schneller zu erreichen als von der Stammgemeinde.
Die Trinkwasserversorgung war für die Bevölkerung von der Ansiedlung bis zur Ausweisung (1695 - 1946) über gemeindeeigene oder private Brunnenanlagen (Radbrunnen, Ziehbrunnen, Pumpen) gesichert., Diese Versorgung war für viele Familien mühsam, oft entbehrungsvoll. In Trockenzeiten versiegten die Quellen, und im Winter war das Schöpfen des Wassers bei Schnee und Eis nicht immer einfach. Wohlhabende Bauern stellten in den dreißiger Jahren, nachdem der Elektrizitätsanschluß hergestellt war, auf Pumpbetrieb um, doch für die überwiegende Mehrheit blieb es beim täglichen Wassertragen. Weil nicht jeder einen eigenen Brunnen besaß, war auch das gutnachbarschaftliche Verhältnis untereinander wichtig. War es dennoch mal gestört, so blieben Sorgen um das Wasser und weite Schleppwege nicht aus. Kein Wunder, daß jeder Verbraucher mit dem unverzichtbaren Element stets sparsam umgehen mußte. Wenn die Vorratsgefäße (Eimer, Tonnen) leer waren, mußte man sich den kühlen Trunk, das Koch- und Waschwasser erst mit dem Gang zum Brunnen verdienen. An eingebaute Wannen-und Duschbäder konnte man nicht denken, solange eine zentrale Wasserversorgung nicht geregelt war. Für ein gelegentliches Vollbad wurden Holzbottiche und -tröge oder Zinkwannen verwendet.
Es blieb somit der Nachkriegszeit vorbehalten, in der Gemeinde eine Wasserleitung zu bauen. Das ersehnte Jahrhundertwerk entstand Ende der fünfziger Jahre. Mehrere Brunnen und Wasserspeicher wurden in höher gelegenen Wohngebieten, am Fuße des Gschpitzten Berges und im Hundsbergl gebaut. Von hier wird über ein 17,6 km langes Leitungsnetz das Wasser in die Häuser und Wohnungen gepumpt. Nun fließt auch in Weindorf aus jedem Zapfhahn reichlich gutes Trinkwasser mit entsprechendem Druck. Seither ist nahezu in jedem Hause ein Badezimmer mit der üblichen Einrichtung installiert, was den Lebensstandard verbesserte. Die gelegentlichen Versorgungsschwierigkeiten, die in den Hitzemonaten oder Trockenperioden vorkommen, nimmt die Bevölkerung ohne Murren hin. Der Feuerwehr wurde der Einsatz bei Brand mit Straßenzapfstellen erleichtert.
Radbrunnen In der Meistergasse — Geschwister Stadtmüller beim Wasserholen
Radbrunnen im Garten der Familie Mayer
Quellen und Literatur:
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