Das Gebiet des Dorfes Gyönk, das in einem vom Norden nach Süden erstreckenden Tal des „Hegyhát” im Komitat Tolna liegt, wird mit einigen Unterbrechungen seit der geschliffenen Steinzeit bewohnt. Die Archäologen legten über die Reliquien der Urzeit hinaus Grabstätten der germanischen Longobarden und der von den östlichen Steppen stammenden Avaren frei. Im Mittelalter wurde der Ort zum ersten Mal in einer Urkunde aus dem Jahre 1313 erwähnt, allerdings datiert sich die Niederlassung der Ungarn von viel früher. Im 15. und 16. Jahrhundert beherrschten mehrere kleinere und größere Grundbesitzer das Dorf. Unter ihnen sollten der 1476 ohne Nachkommen gestorbene Mátyus Maróti, der von König Matthias an seine Stelle gesetzte Andreas Pyber und seine Nachkommen oder die Familie Czobor erwähnt werden. In unmittelbarer Umgebung von Gyönk stand die Burg von Gerenyás, die wahrscheinlich eine nur aus Erde und Holz gebaute Festung war. Ihr Name taucht, mit den Namen Gyönk und Alsógyönk zusammen, in den Akten der Machtkämpfe und Besitzstörungen im 16. Jahrhundert in vielen Fällen auf. Die Mehrheit der oft schwer entschlüsselbaren Prozessakten ist in Csernyéd, die heute eine Pußta ist, entstanden. Die frühere Siedlung galt als bedeutendster Gerichtsort, Schauplatz der „generalis congratio” des Palatins im Land.
Nach der Zeit der zweifachen Königswahl gehörte Gyönk zu dem Militär- und Verwaltungsgebiet der nördlich liegenden „sanjak” von Simontornya, innerhalb der kleineren Verwaltungseinheit, der „nahie” auch von Simontornya benannt. Formal standen die Einwohner unter der „Obhut” des dortigen „sanjakbey”-s, aber die Türken hatten hier wie auch in den anderen ungarischen Ortschaften keine Mittel, die zweifache Steuerforderung zu verhindern. Während dieser Zeit wurde die Bevölkerung der Dörfer in der Hügellandschaft von Tolna immer weniger.
In die entvölkerte Gegend kamen 1713 zunächst ungarische Siedler aus Csót im Komitat Veszprém, aus Veszprémvarsány und aus der Umgebung von Várpalota. Einige Jahre später ließen sich hier deutsche Lutheraner aus Hessen nieder, die aus ihrer Heimat vor der Hungersnot und dem Mangel an kultivierbaren Feldern flohen. In ein paar Jahren bildete sich hier das Bild einer sowohl ethnisch als auch konfessionell sehr gemischten Siedlung aus. Da sich weder die Ungarn mit den Deutschen (und umgekehrt) noch die Lutheraner mit den Kalvinisten (noch weniger mit den später sporadisch eingesiedelten Katholiken) mischen wollten, gab es ständige Streitereien in Fragen der Kirchen, der Begräbnisse und des Schulunterrichts. Das beweist auch, daß bis in die letzten Jahrzehnte hinein das von der zwischen den zwei protestantischen Kirchen gezogenen hypothetischen Linie nördlich liegende „Deutsche Dorf” und das südlich liegende „Ungarische Dorf” immer getrennt erwähnt wurden.
Das obige, schon an und für sich komplizierte ethnische Bild wurde durch die immer größer werdende Einwanderung der Juden seit der Mitte des 18. Jahrhunderts weiter bereichert. In Gyönk gewannen die sich den Reformbestrebungen der Neologen widersetzenden, traditions-treuen, orthodoxen Juden an Bedeutung, die im Leben des Großbesitzes und des Dorfes mit ihrer Handelstätigkeit eine Art Kathalisatorrolle spielten. Während zuerst ihre Kinder nur privat unterrichtet wurden, hatte später das inzwischen immer größeren Ruhm erworbene kalvinistische Gymnasium von Gyönk zahlreiche jüdische Schüler. Die 1812 aus Nagyszékely hierher verlegte „Zentrale Schule helvetischer Konfession” hatte eine weit über die Grenzen des Ortes reichende Tätigkeit. Allerdings war sie manchmal vom starken Willen solcher Patronen wie Samuel Kossa Magyari geprägt, was natürlich auf der anderen Seite bedeutete, daß diese Mäzen, die ungestörte Arbeit der Schule sicherten. Deshalb war das Gymnasium nicht Schauplatz konfessioneller und ethnischer Streitereien, wie es bei der Grundschule der Fall war. Aus den Schülern und Lehrern der Schule wurden viele aktive Teilnehmer und Soldaten im Freiheitskampf von 1848/49. Zu den berühmten ehemaligen Schülern des Gymnasiums gehören der Sinologe Ödön Faragó, der Rechtswissenschaftler Emmerich Cholnoky, die bekannten Mediziner Rudolf Mestyán und Julius Mestyán, der Opernsänger Sándor Palcsó und der gerade während der Entstehung dieses Buches gestorbene lutherische Senior, Aladár Lackner, der die auch im Ausland mit Recht berühmte ungarndeutsche Sammlung und das Heimathaus ins Leben rief.
Obwohl der erste und der zweite Weltkrieg auch Opfer aus Gyönk forderte und die Front gerade in der Nähe war, hatten die Bewohner der Ortschaft zum Glück nicht bedeutendere Verluste zu erleiden wie anderswo. Viel größeren Schaden verursachte die offiziell „Bevölkerungs-tausch” genannte Vertreibung der deutschen Minderheit. Von der Prozedur, die im Herbst 1944 mit dem freiwilligen Fortgang der zum Volksbund gehörenden Familien begann, und mit der gewaltsamen Vertreibung von etwa 1000 Einwohnern fortgesetzt wurde, waren fast alle Familien betroffen. Weitere Opfer forderte die „malenkij robot”, die Zwangsarbeit der wegen ihrer deutschen Abstammung in die Sowjetunion verschleppten Männer und Frauen. Die Häuser der vertriebenen oder freiwillig weggegangenen deutschen Familien wurden an Agrarproletarier aus dem Komitat Békés, an Sekler aus Bukowinen und an ungarische Familien aus dem Oberland vergeben. Damit hat sich sowohl das ethnische als auch das konfessionelle Bild von Gyönk verändert. Zwischen den mit anderen Traditionen gekommenen Siedlern und den „Ureinwohnern”, also den nicht vertriebenen Deutschen gab es lange Zeit noch eine Abneigung.
Gyönk – auf deutsch Jink – ist in wirtschaftsgeographischer Hinsicht das natürliche Zentrum der umliegenden Kleindörfer, bis 1961 galt es als Kreissitz, seit 1970 stand es mit sechs Nachbardörfern unter gemeinsamer Verwaltung und hatte den Titel „Großgemeinde”. Die anderen Dörfer gewannen zwar 1991 ihre Autonomie zurück, sie können aber die gewerblichen, kommunalen und kulturellen Möglichkeiten des Zentrums auch heute nicht entbehren. Die enge Bindung aneinander zeigt sich vor allem im Primarschulwesen. Die 1976 erbaute „Grundschule” wird von einem von vier Gemeinden gegründeten Unterrichtsverein aufrechterhalten. In der Institution findet der Unterricht von etwa 400 Schülern aus sieben Gemeinden statt, acht Schulklassen haben zwei Unterrichtssprachen, Deutsch als Minderheitensprache wird auch gelehrt.
Im mit dem Namen Aladár Lackners eng verbundenen Deutschen Heimatmuseum können die traditionellen Gebrauchsgegenstände aus dem Leben der protestantischen Deutschen besichtigt werden. Im klassizistischen Kulturhaus, das im Zentrum des Dorfes steht, gibt es eine Bibliothek mit reichhaltigem Bücherbestand, eine Volkstanzgruppe für Jugendliche, einen Schach-Klub, eine deutsche Chor und eine Künstlergruppe. Hier werden durchgehend Ausstellungen aus den Werken zeitgenössischer Maler veranstaltet.
Die alte Traditionen aufweisende kalvinistische Kirche wurde 1777 erbaut, ist einschiffig und hat Baudenkmalcharakter. Die Sitzbänke, die Kanzel und die Krone über der Kanzel wurden 1786 errichtet, die Orgel wurde von Josef Angster aus Fünfkirchen gebaut.
Die auch heute stehende neogothische Kirche der lutherischen Gemeinde, die die größte lutherische Kirche im Südtransdanubien ist, wurde 1896 aufgrund der Pläne des Architekten Julius Reppmann aus Arad errichtet. Die Kanzel-Altar ist ein Werk des Baumeisters Julius Fuhrmann aus Igló. Die neogothische Rieger Orgel mit 16 Registern stammt aus dem Jahre 1897. Die „Christus König” römisch-katholische Kirche wurde 1926 im neoromanischen und neogothischen Stil erbaut.
Im ehemaligen Schloß der aus Polen stammenden Sulkowski Familie wurde das größte soziale Pflegeheim des Komitats Tolna eingerichtet.