Das Dorf Nagyrábé liegt am südwestlichen Rande des Komitats Hajdú-Bihar, nahe der Grenze zum Komitat Békés, von Debrecen, dem Sitz der Region etwa 50 Km entfernt.
Die Umgebung der Ortschaft gehört zum geographischen Gebiet Nagy-Sárrét. Nach der Abwasserung des ehemaligen Sumpfgebiets entstand ein Boden, wo vor allem Wiesen und Weiden, bzw. Waldreste zu finden sind. Als Ackerfeld werden die sich inselartig hervorhebenden Gebiete genutzt. Die Gegend war schon seit der ältesten Zeit bewohnt. Archäologische Funde wurden auf dem Landstreifen zwischen Görbe-halom und Nagyrábé freigelegt. Sie gehen in die Zeit von der ungarischen Landnahme bis zum 11. Jahrhundert zurück. Der Ortsname Rábé tauchte zum ersten Mal in Prozessakten aus dem Jahr 1215 auf.
Die Siedlung lag etwa ein Kilometer nördlicher als jetzt, auf dem Gebiet des sog. Puszta-halom. Unter den Grundbesitzern tauchen die Familien Okányi, Bacsó aus Hencida, Tordai, Verbőczi auf. Den Urkunden nach herrschte hier die Familie Rábéi die längste Zeit. Anfang des 16. Jahrhunderts geriet Nagyrábé in den Besitz der Familie Bajomi, sein Zwillingsdorf Kisrábé dagegen gehörte dem Bistum von Várad.
Die Folgen der türkischen Belagerung des Landes hatte Rábé zum ersten Mal 1551 zu spüren. Es lag gerade im sog. „Niemandsland”. Mal musste die Bevölkerung fliehen, wenig später kam sie zurück. Den Ort gab man ständig an alte und neue Besitzer weiter. Das Dorf Kisrábé wurde 1660 vernichtet, Nagyrábé zuerst im Jahre 1570, aber am Anfang der 1590er Jahre erwachte es zum neuen Leben.
Nach der Vertreibung der Türken und der Rückeroberung des Landes im 17. Jahrhundert konnte auch die katholische Kirche ihre Güter zurückbekommen. Dem Register aus dem Jahre 1703 nach war Nagyrábé vollständig im Besitz des Bistums von Várad.
Im Schatten der Großbesitze begann die bürgerliche Veränderung in Nagyrábé. Zwei Drittel des kultivierbaren Landes gehörte dem römisch-katholischen Bistum in Nagyvárad und der Familie Des Echerolles Kruspér. Dementsprechend hatten sie den größten Einfluss auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Dorfes. Im November 1852 wurde der Urbarialvertrag zwischen den Dorfbewohnern und dem Vertreter des Allodiums abgeschlossen und unterzeichnet.
Die Einwohnerzahl nahm zu – der einzige Rückfall erfolgte im Jahre 1920 – den Höhepunkt erreichte sie 1960. Das Leben und die Arbeit im Ort wurde oft durch die Überschwemmungen des Flusses Berettyó gehindert. Die Regelung des Flussbettes wurde 1879 abgeschlossen.
Etwa 90% der Einwohner gehört der kalvinistischen Konfession an. Die Grundschule wurde von der Kirche betrieben. Mehrere politische Parteien versuchten hier Fuß zu fassen, die Sozialdemokraten, die Agrarsozialisten und die Kleinbauer konnten jedoch keine lokale Organisation gründen. Ein reges kulturelles Leben sicherten dagegen die verschiedenen Vereine, die im wirtschaftlichen, sozialen Bereich und in der Bildung tätig waren.
Das Friedensabkommen von Trianon (1921) und die Weltwirtschaftskrise (1929-33) brachten der ungarischen Wirtschaft und der Gesellschaft schwere Zeiten. In Bihar und darin auch Nagyrábé bedeutete die neue Staatsgrenze das größte Problem: da Nagyvárad von nun an zu Rumänien gehörte verlor die Gegend ihr Komitatszentrum. Der zweite Weltkrieg brachte weitere schwere Jahre. In den Kämpfen starben 40 Zivilpersonen, viele Bauten wurden schwer beschädigt.
Den schlechten Gegebenheiten und den historischen, sozialen und wirtschaftlichen Problemen zufolge zählt Nagyrábé zu den Dörfern, die im Rückstand sind. Ihre wirtschaftliche Potenz ist gering: die naturgeographischen Gegebenheiten sind schlecht, der Boden ist durchschnittlich, es gibt keine Industrie, die frühere Landesproduktionsgenossenschaft wurde aufgelöst. Das und besonders das Fehlen der nötigen Finanzen zur Gründung neuer lebensfähiger Unternehmen erschweren die Lage des Ortes. Dazu kommt noch, dass zwei Drittel der Unternehmen in der Dienstleistung, im Handel oder in der Gastwirtschaft tätig sind.
Während seiner langen, acht Jahrhunderte umfassenden Geschichte konnte das Dorf die Bewohner immer erhalten, vor allem wegen der schützenden Wasserwelt. Nach der Vertreibung der Türken begann am Ende des 17. Jahrhunderts eine dynamische Entwicklung . 1785 hatte die Siedlung 1192, 1869 2101, am Anfang des 20. Jahrhunderts schon mehr als 3000 Einwohner. Den Höhepunkt erreichte die Einwohnerzahl im Jahre 1949, bei der Volkszählung wurden 3814 Personen registriert. In Nagyrábé lebt eine bedeutende Minderheit, die Zigeuner, die etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen (ungefähr 260 Personen).
Die wichtigsten Zweige der Landwirtschaft veränderten sich in ihrer Form und ihrer Verteilung in Abhängigkeit von den Gegebenheiten von Epoche zu Epoche. Der führende Wirtschaftszweig war neben der Viehzucht der Getreideanbau. Im 19. Jahrhundert wurden infolge der Abwasserungsarbeiten neue Felder kultiviert, die Bedeutung der Ackerwirtschaft nahm weiter zu.
Die Zahl der Handwerker war seit den 1920er Jahren über dreißig, die der Händler über zwanzig. Im Vergleich zu den ähnlich großen Ortschaften war Nagyrábé in dieser Hinsicht gut versorgt. Die Handwerker und Händler gehörten zur Mittelschicht im Dorf, sie bildeten eine aufgeschlossene, kulturliebende, auch national gesinnte Gemeinschaft. Sie gründeten 1911 ein Lese-und Bildungsverein der Handwerker, dem viele Vereine und Kreise folgten. Die gesellschaftlichen Veränderungen nach dem zweiten Weltkrieg führten dazu, dass die Handwerker und Händler aus den Dörfern – so auch aus Nagyrábé – verschwanden. Mit ihnen ging auch der Geist dieser Organisationen verloren.
Trotz der Schwierigkeiten bei der Sicherung des Lebensunterhaltes hielten die Bewohner die wichtigen Feste und Feiertage immer ab. Das Leben der Gemeinschaft bestimmte ein strenger Arbeitsplan, die Erfüllung der in der Arbeitsverteilung zugeteilten Pflichten.
In der Glaubenswelt leben immer noch viele Sagen und Aberglauben, besonders in Verbindung mit den Hexen. Volkstümliche Heilverfahren wurden hier lange praktiziert.