Hidegkuti Mihály — Hudi József
Den ersten Teil der Monographie der 15 Km südwestlich von Veszprém liegenden Gemeinde hat unter dem EinfluB der ungarischen Dorfforschungsbewegung Hidegkuti Mihály (1884—1949) im Jahre 1938 geschrieben.. Der Verfasser ist in diesem Dorf geboren und als erster Hidegkút-er mit akademischer Bildung, der als Ordenspriester und Professor tätig war. Er sammelte Jahrzehnte hindurch die Angaben, die sich auf die Geschichte des Dorfes bezogen. Seine Monographie gewinnt an besonderer Bedeutung, da er sich sehr eingehend mit der Ethnographie des Dorfes beschäftigt; er schrieb über die Volksgebräuche und die Tracht des deutschen Volkstums, über den Volksaberglauben. Heute sind nämlich — durch die Verstärkung des Urbanisationsvorgangs — die meisten Volksgebräuche verschwunden oder nahmen andere Formen an.
Ein anderer Teil der Monographie stellt die Chronik des Dorfes zwischen 1939—1969 dar. Der Verfasser dieses Teiles ist der Archivar des Komitatsarchivs in Veszprém, Hudi József (1956—).
Der erste Teil der Monographie stellt die Geschichte des Dorfes in 10 Kapiteln vor und zwar in der Reihenfolge, wie es für die Dorfforscher durch eine zentrale Direktive vorgeschlagen wurde. Im ersten Kapitel schrieb er über die geographische Lage, den Namen und die Grenzen der Gemeinde. Demnach lag das mittelalterliche Dorf auf einem Hügel am südöstlichen Rande des Nagyvázsony-er Tales, einige hundert Schritten nördlich vom heutigen Dorf entfernt und bestand aus zwei Teilen: aus dem Felső-oder Kishidegkút auf dem Hügel über den drei Quellen und aus dem südlich im Tal gelegenen Alsó-oder Nagyhidegkút. Das heutige Dorf entstand im 18. Jahrhundert an beiden Ufern des Séd-Baches, an dem Ostufer wurde Nagyhidegkút (1751), am westlichen Ufer Kishidegkút wiederaufgebaut. Die zwei Siedlungen waren verwaltungsmäßíg getrennt voneinander: Nagyhidegkút war eine selbständige Gemeinde, Kishidegkút war ganz bis 1927 eine PuBta im Hotter von Tótvázsony. Zu dieser Zeit wurden die zwei Siedlungen unter dem Namen Veszprémhidegkút vereinigt.
Die Grenzen des mittelalterlichen Hidegkút haben sich im Laufe der Jahrhunderten kaum geändert. Von Norden grenzte es an Tótvázsony und Nemesvámos, von Osten an Veszprémfajsz und Balatonarács, von Westeri an die zu Tótvázsony gehörende Csatár-Puszta, von Süden an Balatonfüred und Kisszőlős. '
Die meisten Grenzstreitigkeiten hatte die Gemeinde mit den Grundbesitzern aus Tótvázsony, besonders in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Adeligen aus Tótvázsony haben nämlich die zu Beginn des 16.
Jahrhunderts verödete Felső- oder Kishidegkút-Pußta angeeignet, doch das Devecser-er Esterházy-Herrschaftsgut, das Nagyhidegkút ansiedelte, hat ihr Eigentumsrecht auf einige Teile des Hotters (Csatár, Böge, Sós) bestritten. Zur Trennung von Kishidegkút und Tótvázsony kam es erst im Jahre 1929 bei der Grundkommassierung; zu dieser Zeit wurde auch der gröBere Teil der Csatár-PuBta und Sós-PuBta zum Hidegkút-er Hotter gemessen.
Das zweite Kapitel bescháftigt sich mit den Naturverhältnissen. Der Verfasser stellt fest, daß der Hotter der Gemeinde am südlichsten Ausläufer des Bakonygebirges, am obersten Anhang des Keszthely —Vörösberény — Hügelzuges liegt. Die Formation kann auf die ältere Tertiärzeit der Erdgeschichte datiert werden. Zu vorherrschender Gesteinsart gehören Dolomit, Kalkstein, Mergei und Sandstein. Die Umgebung ist reich an Bächern und Quellen. Die Fruchtßarkeit des Bodens ist verschieden. Am häufigsten kommt bindige gráue und braune Tonerde vor. Der Hotter ist reich an Wasserquellen, der einzige Bach teilt das Dorf in zwei Teilen. In dem Tal zwischen den zwei StraBen kann man 6—8 Meter tief Trinkwasser bekömmen. Das Klima, bzw. die Lufttemperatur ist infolge der Kreuzung der Luftströmungen vom Balaton und dem Bakony-Gebirge her um 2—3 Grad niedriger als in den Nachbargemeinden am Ufer des Balatons. Eine allgemeine Erscheinung ist, daB der Herbst lang und mild ist und der Frühling verhältnismäBig spát eintritt. Aus der Pflanzenwelt sind die Zerreichen-, Eichen-, Hagenbuchen- und Eschenbäume zu erwähnen, die Laubwälder bilden. Die Buchen, Nadelbäume und Akazien wurden erst in den letzten Zeiten angepflanzt. In den Wäldern gedeihen vielerlei Pilzen, die hiesigen Menschen kennen sie und sammeln sie auch zum Verkauf. Auch die Tierwelt ist mannigfaltig, aber infolgedessen, daB die höherliegen-den Wälder wasserarm sind, kann man hier gröBere Wildtiere nur beim Durchziehen sehen. Die nützlichen Vögel werden von den Bewohnern geschont.
Das nächste, dritte Kapitel gibt eine Übersicht über die Eigentumsgeschichte des Dorfes vom Anfang bis zum zwanzigsten Jahrhundert. Laut der archäologischen Forschungen lebten in der Umgebung des Dorfes vom Altertum an bis Ende der Römischen Zeit fast ununterbrochen Menschen. Nach der Landesnahme haben sich hier — aller Wahrscheinlichkeit nach — keine Ungarn niedergelassen. Das Dorf stand schon nach dem Tatarenzug (1241/42), was auch die erste Urkunde vom Jahre 1244 bestätigt. Die Besitzer waren Mitglieder der Familie Hidegkuti (später Hidegkuti Farkas). DaB die Siedlung aus zwei Teilen bestand, stellt sich auch aus der dicalen Volkszählung im Jahre 1488 heraus. Felsőhidegkút gehörte der Familie Hidegkuti, Alsóhidegkút der Familie Ányos aus Fajsz. Felsőhidegkút verödete bis 1550, Alsó- oder Nagyhidegkút blieb lange Zeit hindurch aufrecht, doch am Ende des 17. Jahrhunderts in den Kämpfen gegen die Türken fiel ihm dasselbe Los zu. Die Familie Ányos verkaufte im Jahre 1535 Nagyhidegkút an Csoron András, der als erster Grundbesitzer in der Geschichte des Dorfes gilt. Von nun an gehörte das Dorf — mit Ausnahme einer kurzen Übergangszeit — der Burg in Devecser an, d. h. es ist ein Teil des
Devecser-er Herrschaftsgutes. Der hochadelige Sohn von Csoron András namens János hat seine Grundbesitze im Jahre 1584 seinem Schwager, Balassa István überlassen. Nachdem die Familie Csoron im Mannestamm ausgestorben war, gelangte das Gut zuerst in die Hände der Familie Balassa, bald in die der Familie des Grafen Nádasdy. Im Jahre 1626 ist es ein fiscus regius-Eigentum, doch der König belohnt damit den Gründer der berühmten Dynastie, den ersten Mann des Landes und Kapitän der Papaer Burg, den Palatin Esterházy Miklós. Von dann an, ganz bis 1945 war Nagyhidegkút ein Teil des Devecser-er Herrschaftsgutes der Familie Esterházy. Auf dem erworbenen Grundbesitz wirtschaften aber bis 1751 nicht die Esterházys selbst, sie wählten die bequemere Lösung und verpfändeten das Gut. Es muß auch erwähnt werden, daß neben den adeligen GroBgrundbesitzern in der Umgebung des Dorfes, vor allem auf dem Gelände der Kishidegkút-Pußta vom Ende des 16. Jahrhunderts auch schon die Anwesenheit von Kleingrundbesitzern nachzuweisen ist. Vom Anfang des 17. Jahrhunderts bewirtschaften die Herrschaftsgüter der Esterházys und auch die Kishidegkút-PuBta die benachbarten Grundbesitzer (Fajsz, Füred, Tótvázsony, Veszprém) entweder als Pächter oder als Eigentümer. Auf der Kishidegkút-Pußta findet man außer der adeligen Pächter auch Leibeigenen. Nagyhidegkút ist wahrscheinlich während des Feldzuges der Türken gegen Wien (1683) vernichtet worden, seine Bewohner flohen in die nahliegenden Dörfer (Füred, Pécsely, Szentkirály szabadja), die besser geschutzt waren, oder meldeten sich zum Militärdienst in der Veszprémer Burgr
Die Bevölkerung des Dorfes vor dem 18. Jahrhundert war rein ungarisch. Die Zusammensetzung der Leibeigenen hat sich auch in den 16—17. Jh. nicht verändert. In dem Urbarium der Esterházys vom Jahre 1627 kommen folgende Namen vor: Biró, Csonka, Fejér, Kiss, Miklós, Porkoláb, Róka, Sebestyén, Simon, Szalay, Tóth, Vörös, Ihre Lage ist äuBerst günstig; sie zahlen keine Steuer, insgesamt müssen sie 25 Ohm Wein pro Jahr an das Herrschaftsgut liefern. Es gab aber Zeiten, z.B. in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts, als die Leibeigenen auch von den Türken aus Fehérvár besteuert und beraubt wurden. Aus den türkischen Steuerkonskriptionen wissen wir, daß es zu dieser Zeit 5—7 Häuser gab, die Steuer zahlen mußten. Die Esterházys hatten im Jahre 1627 15, im Jahre 1653 20 Leibeigenen registriert. In der Siedlung muß es sogar in ihrer besten Blütezeii nicht mehr, als 15—20 Häuser gegeben haben, was übrigens den mittelalterlichen MaBstäben nach dem Begriff eines dichtbevölkerten Dorfes entsprach.
Eine neue Etappe in der Geschichte des Dorfes begann nach 1750, als die Familie Esterházy in dem nun schon seit einem halben Jahrhundert als Pußta geltenden Hidegkút Schwaben aus Württemberg angesiedelt hat. Das neue Dorf wurde in dem Tal, auf dem Hügelhan'g östlich vom Bach, etwa 500 Meter vom alten Nagyhidegkút entfernt aufgebaut. Der Ansiedlungsvertrag vom L Januar 1751 versprach 32 grundbesitzenden Leibeigenen und 10 Einliegern den sicheren Lebensunterhalt. Ihre Dienstleistungen wurde später von Maria Theresla in dem Urbarialpatent aus dem Jahre 1767 einheitlich reguliert. Das Komitat hat den Leibeigenen — wie üblich — für drei Jahre nach der Ansiedlung Steuerfreiheit gewährt. Kishidegkút-PuBta blieb — nach dem AbschluB der Grenzstreitigkeiten (1777) — weiterhin im Besitz der Gutbesitzer aus Nagyvázsony, die es in den 1790-er Jahren erlaubt haben, daB sich die Einlieger aus Nagyhidegkút niederlassen; so kam an der anderen Seite des Baches die Siedlung Kishidegkút zustande. Die Rechtslage der beiden Hidegkút war nicht dieselbe: Nagyhidegkút war eine urbariale Ortschaft, seine Rechtsverhältnisse wurden in den Urbarialpa-tenten und in den mit dem Grundbesitzer abgeschlossenen Vertragen festgelegt; Kishidegkút war eine curiale Ansiedlung, deren Bewohner Einlieger der Kleinadeligen aus Tótvázsony — der Familien Huszár, Kazay, Kenessey, Mórocza, Oroszy und Pap waren, die ihre Dienste aufgrund zivilrechtlicher Verträge leisteten. Die Bedeutung dessen zeigt sich in dem Jahre 1848. Die Gesetzgebung der ungarischen bürgerlichen Revolution hat nämlich die urbariale Leibeigenschaft aufgehoben, sie wurden zu freien Besitzern ihres Grundes, wobei der Staat die Fronherren entschädigte. Die curialen dagegen wurden nur in ihrer Person frei, der Boden, den sie benutzten, wurde nicht zu ihrem Eigentum, auch ihre Dienstleistungen ihrem Fronherr gegenüber muBten sie auch weiterhin leisten. Als Protest dagegen gab es auch einen Aufstand im Sommer 1848.
1848 schloB die Zeit des Feudalismus in der Geschichte des Dorfes ab. Die Aufhebung der Leibeigenschaft ging aber nicht von Heute auf Morgen vorsich, sie nahm eine längere Zeit in Anspruch. In den Jahren zwischen 1857—1865 spielte sich der RechtsprozeB über die urbariale abgesonderte Grundkommassierung ab, bei der die Besitze der GroBbauern aus Nagyhidegkút und die des Herrschaftsgutes abgesondert vermessen wurden. Der Wald und das Weideland wurde von den Bauern und Einliegern noch eine Zeitlang gemeinsam benutzt. Später, im Jahre 1897 hat man dann die Wälder und die Weiden der Landwirte und der Einlieger abgesondert vermessen und damit nahmen die Streitigkeiten ein Ende. Am Ende des Jahrhunderts haben die Bauern von dem Veszprémer Kapitel 125 Katastraljoch Wald gekauft, bald nach 1920 wurde auch der gröBere Teil der Sós-PuBta zu ihrem Eigentum. Auf individueller Weise haben sie auch viele Weingärten im Hotter von Szőlős gekauft. Im Eigentum der Familie Esterházy blieb nur mehr ein Wald von 850 Katastraljoch.
Kishidegkút gehörte auch weiterhin zum Hotter von Tótvázsony. Aus einem Teil dieses Territoriums, bzw. aus den PuBtas Biliege, Csatár, Kövesgyűr und Sós hat Freystädtler Antal durch Ankauf im Jahre 1875 ein zusammengehöriges Gut geschaffen, das aber sein Nachfolger nach 1920 parzellieren lieB. Die Bewohner von Kishidegkút haben die Weingärten in Csatár-Pußta und Sós-PuBta gekauft.
Im Jahre 1927, nach der Vereinigung der zwei Siedlungen entstand der neue Hotter der Gemeinde, der sich auch in den kommenden Zeiten wesentlich nicht geändert hat.
In dem nächsten Kapitel beschäftigt sich der Verfasser mit der Geschichte der Kirche.Die erste Kirche lieB die Familie Hidegkuti zur Ehre von St. Georg bauen. In den Urkunden wurde sie zuerst im Jahre 1318 erwähnt. (Darüber wuBte der Verfasser noch nichts.) Im 15. Jahrhundert war dieselbe Familie der Kirchenpatron der zu Ehre des Heiligen Maurus errichteten Kirche. Diese ostorientierte Kirche mit zwei Türmen an der westlichen Fassade stand auch noch im 18. Jahrhundert, ihre Ruinen waren auch noch im vorigen Jahrhundert, südlich vom mittelalterlichen Felsőhidegkút zu sehen.
Nach der Ansiedlung des Dorfes mit Deutschen galt die Kirche noch eine längere Zeit als Filiale der benachbarten Dorfkirchen in Vöröstó und Arács, erst im Jahre 1764 wurde eine selbstäridige Pfarre gegründet. Auch diese Pfarre hatte eine längere Zeit hindurch zwei Filialen: Tótvázsony (bis 1816) und Kishidegkút. Der Kirchenpatron der Pfarrkirche war die Familie Esterházy. Das Einkommen der Dorfpfarrer war ziemlich bescheiden, aber ihr Lebensunterhalt war gesichert.
Die erste, primitive Kirche wurde aus Holz gebaut und hatte ein Strohdach. Die Schutzpatrone der Kirche waren der Heilige Sebastian und der Heilige Wendelin. Statt dieser Kirche wurde die bis heute stehende • Barock-Steinkirche gebaut (1778—1782), die im Laufe der Zeit öfters renoviert wurde. Zu erwähnen ist der innere Umbau im Jahre 1908, als man den Hochaltar neugemalt hat und von den Spenden der Gläubigen einen neuen Nebenaltar (den Loürdesaltar) und mehrere Statuen machen ließ, in den Jahren 1924—28 hat man die Kirche von auBen in Ordnung gebracht, das Dach wurde statt Holzschindel mit Zementdachziegeln bedeckt.
Nach der Gründung der selbstständigen Pfarre konnte auch schon ein Lehrer beschäftigt werden, der neben seiner Tätigkeit als Kantor auch den Kindern die Grundkenntnisse beibrachte. Der erste nach Namen bekannte Lehrer, Pader György wurde in dem Kirchenbesuchprotokoll vom Jahre 1779 erwähnt. Die Schule wurde 1799 gebaut, sie bestand aus einer Lehrerwohnung, einem Unterrichtsraum und aus Nébenräumen; die heutige From erhielt sie im Jahre 1866. (Eine neue Schule mit einem Unterrichtsraum wurde erst 1940 gebaut.)
Die Einwohner des Dorfes wurden noch eine Zeitlang in dem alten Friedhof begraben. In Nagyhidegkút wurde erst 1779, in Kishidegkút 1813 ein neuer Friedhof angelegt, die dann allmählich vergröBert würden und bekamen ihre heutige Form. Die Bewohner, bzw. die Gutsherren haben zwischen 1813 und 1938 9 Steinkreuze aufstellen lassen.
Das religiöse Leben war durch einen gewissen Konservativismus gekennzeichnet. Die Ansiedler hingen nicht nur an ihrem neuen Wohnort, sondern auch an ihrem katholischen Glauben. Das beweist auch jene Tatsache, daß, obwohl sich die Bewohner auf dem Gebiet der Wirtschaft und Kultur nicht vereinigten, keine Vereine gründeten, es schon von frühen Zeiten an 2 religiöse Vereine gab (der Rosenkranzverein und Anbetungsverein). Ein anderes charakteristiches Merkmal war, daB die Verwaltung der Kirchengemeinde die Landwirte aus Nagyhidegkút in der Hand hatten; auch in ihrem Verhalten zeigte sich eine gewiBe Uberlegenheit. Daran änderte auch die Vereinigung der zwei Gemeinden nichts.
Im Laufe des demographischen Überblicks (Kapitel V.) stellt der Verfasser fest, daB die Bewohner von Hidegkút aus Württemberg-Baden und vom westlichen Rand Bayerns gekommen sind. In ihrem Aussehen bewahrten sie die Charakterzüge der Schwaben: sie sind mittelgroB, haben braune Haut und braunes Haar. Sie sind körperlich stark, abgehärtet und weisen hohe Arbeitsleistung auf. Sie sind ruhig und bedenklich sowohl in ihrer Denkweise als auch ihren Taten. Mit Fremden mischen sie sich nicht gern, so blieb ihre religiöse und äthnische Einheit auch im 20. Jahrhundert bewahrt. Laut einer Vermessung im Jahre 1930 gehörten 80% der Familien zu den alten Familien. Die Mehrheit der neuen Familien kamen aus den benachbarten deutschen Gemeinden (Bánd, Herend, Örvényes, Pula, Tótvázsony, Városlőd, Veszprémfajsz usw.) durch Heirat oder Umzug. Unter ihnen waren die aus Fajsz und Örvényes reich, die anderen gehörten einer verhältnismäBig ármeren Schichte an. Die am häufigsten auftauchenden Familiennamen im Jahre 1938 sind folgende: Czipf, Ersching, Hápli, Hász, Heizer, Hock, Huber, Kungl, Lintinger, Máhl, Markstein, Nász, Ortwein, Pájer, Reichardt, Reiter, Schalbert, Steierlein, Schmidt, Schneider, Tewald, Timmer.
Obwohl uns die Volkszählungslisten und die damaligen Statistiken keine gutregistrierten und zuverlässigen Daten liefern, ist es doch festzustellen, daB die Bevölkerung der zwei Siedlungen bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zugenommen hat: danach ist eine sinkende Tendenz zu beobachten, besonders in den Jahren zwischen 1880 und 1920. Die Einwohnerzahl betrug im Jahre 1880 noch 742, im Jahre 1920 jedoch nur mehr 639 Personen. Diese Erscheinung ist vor allem mit wirtschaftlichen Ursachen zu erklären. Infolge der Phylloxera ging der Weinbau in der Umgebung des Balatons zugrunde und dadurch wurden die Arbeitsmög-lichkeiten so gering, daB ein bedeutender Anteil der Bevölkerung, insgesamt 286 Mann auswandern mußte. 5 Familien und 46 Personen wanderten in die USA, 2 Familien nach Brasilien, die anderen suchten sich innerhalb des Landes neue Arbeitsmöglichkeiten. Was die Anzahl der Einwohner betrifft, zeigte sich wieder erst in den dreißiger Jahren eine günstige Tendenz.
Während in den ersten Kapiteln das Gewicht auf den historischen Überblick gelegt wurde, beschäftigen sich die Kapitel VI—IX mit den Umständen in der Gemeinde. Kapitel VI. berichtet nach einer allgemeinen Charakterisierung des Volkes über die Volksgebräuche, die mit den einzelnen Stationen des menschlichen Lebens verbunden sind.
Bei der Geburt wählen die Eltern die Taufpaten auBerhalb des Verwandtenkreises, Personen, mit denen sie sich gegenseitig ehren und schätzen. Der erstgeborene Sohn oder die erstgeborene Tochter bekommt in der Taufe den Namen der Pateltern. Zum Anlaß größerer Feiertage beschenken die Gevatter ihre Taufkinder. Etwas veniger formell wurden die Firmpaten gewählt. Die Eheschließungen fallen meist auf die Faschingszeit. Liebesehen werden selten geschlossen, bei der Auswahl des Ehepartners sind statt der Gefühle meist die materiellen Verhältnisse maBgebend. Die Vorbereitungen zur Hochzeit beginnen meistens schon im Herbst, nach der Weinlese, daran nehmen die Väter, die Paten, Schwäger und Geschwister teil. Wenn sie über die Mitgift einig sind, folgt die Brautschau und wenn der zukünftige Bräutigam mit dem Empfang zufrieden ist, besuchen auch seine Eltern die Familie des Mädchens. Die Eltern des Mädchens statten einen Gegeribesuch ab und danach hält der Taufvater um die Hand des Mädchens an. Die, Verlobung wird in engem Familienkreis, meistens am Samstag abgehalten. Bei dieser Gelegenheit vereinbaren sich die beiden Familien endgültig über die Mitgift und besprechen die Vorbereitungen zur Hochzeit. Nach der Verkündung in der Kirche folgt die Hochzeit, zu der Alle zweimal eingeladen werden. Am Vorabend der Trauung verabschieden die Jugendlichen die Braut im Rahmen einer Unterhaltung (Kranznacht). Die Eheschlie-ßung findet meistens am Dienstag statt. Nun folgt eine kurze Zusammenfassung der Hochzeitgebräuche:
1. Versammlung. Die Verwandten des Bräutigams versammeln sich im Hause des Bräutigams, die Verwandten der Braut in dem Brauthaus und zwar beim ersten Glockenláute (9 Uhr). Dann begeben sich die Gäste aus dem Haus des Bräutigams zum Brauthaus.
2. Abschiednahme und Werbung um die Braut. Sowohl der Bräutigam als auch die Braut nehmen Abschied von den Angehörigen und Eltern, bitten um ihren Segen und bekommen ihn. Der Trauzeuge bittet in einem feierlichen Spruch die Eltern um die Braut. Danach bricht der Hochzeitszug auf und begibt sich bei Musikbegleitung in die Kirche. In der ersten Reihe geht die
Braut mit den Kränzeljungfern, ihnen Folgt der Bräutigam mit den Burschen und danach kommen die anderen Gäste. Die erste Kränzeljungfer trägt einen Apfel mit einem geschmückten Rosmarin in die Kirche, als Symbol des neuen Lebens, und legt ihn auf den Altar.
3. Trauung. Die Trauung findet am Ende der 10 Uhr Messe statt. Danach gehen die Hochzeitsleute rings um den Altar, küssen das Kreuz und werfen einige Heller in die Büchse.
4. Brauttanz. Der Hochzeitszug geht bei lustiger Blasmusik zurück zum Brauthaus, dort, in einem leeren Zimmer tanzt ein jeder eine kurze Runde mit der Braut, dann gehen die Gäste nach Hause sich umzuziehen. Inzwischen richten die Burschen das Zimmer wieder ein.
5. Mittagessen. Am Hauptplatz sitzt die Braut, ißt aber nichts. Neben ihr sitzen die Kränzeljungfern und die Burschen. Der Bräutigam hat keinen Platz, er bedient während des Mittagessens. Für das EBzeug sorgen die Frauen: die verheirateten bringen es für ihre Familienmitglieder mit, die ledigen Mädchen für ihren Partner, bzw. Tänzer. Die Gerichte werden aus dem Rohstoff bereitet, den teils die Eingeladenen spenden, und teils die Brauteltern geben. Bei einer — sogar mittelmäßigen — Hochzeit werden wenigstens 16 Gerichte aufgetischt. Es gibt aber auch Hochzeitessen, wo 24 Gänge auf den Tisch kommen. Das Mittagessen dauert bis in die Abendsstunden, dazwischen werden scherzhafte Aussprachen gehalten. Am Ende des Mittagessens bittet einer der Brautführer um die Braut und dann beginnt der Tanz, die Unterhaltung. Gegen 8—9 Uhr werden die nicht eingeladenen Bekannten, Freunde bewirtet, die sich nach einer kurzen Zeit unbemerkt entfernen.
6. Tanzunterhaltung. Nach dem Essen bleibt nur ein Tisch im Zimmer für die Musikanten und für die älteren Leute stehen. Gegen Mitternacht serviert man Sulze und kalte Fleischgerichte. Zu Mitternacht nimmt man den Brautkranz von Kopf der Braut ab und bindet ihr ein Kopftuch um, was bedeuten soll, daß aus dem Mädchen eine junge Frau wurde. Die Unterhaltung dauert meistens bis nächsten Morgen, dann gehen die Hochzeitsleute auseinander, auch die Musikkapelle geht weg, aber die jungen Leute unterhalten sich beim Klang einer Ziehharmonika am nächsten Tag, ja sogar am dritten Tag weiter. Die wohlhabenden Familien laden etwa 60—80 Gäste ein und während der 2—3 Tage Hochzeit werden manchmal 4—6 Hektoliter Wein getrunken.
Ein Volksgebrauch im Zusammenhang mit dem Ableben ist das Tolenmahl, das eigentlich ein Festessen nach der Begrabung für die nächsten Verwandten ist. Unter den festlichen Volksgebräuchen ist das Hirtenspiel zur Weinachtszeit zu erwähnen,- das von 12—14 jährigen Mädchen in Mädchen- und Knabenkleidung vorgetragen wird. Drei Tage nach Weinachten am Tag der Unschuldigen Kinder wünschen die Knaben den Verwandten und Bekannten frohe Gesundheit und dabei streifen sie sie mit einer Weidenpeitsche, die aus 8 Zweigen selbst geflochten wird, ab. Zum Neujahr beglückwünschen die Burschen und auch die heranwachsenden Knaben die Bekannten in Gstanzln und vom Geld, das sie dabei spendiert bekommen, veranstalten sie am Abend eine Tanzunterhaltung. Hier und auch an den drei letzten Faschingstagen unterhalten sich die zwei Altersgruppen getrennt. Für die Verpflegung der eingeladenen Musikanten sorgen die Burschen. Von den anderen Volksgebräuchen (Spritzen am Ostermontag, Besuch der Spinnstuben, Schlachtessen, Kirchweihfest) wollen wir jetzt nur einen hervorheben, das Reiten zu Pfingsten. Am Morgen des Pfingstsonntags reiten die Burschen auf blumenbeschmückten Pferden die StraBen entlang und hängen an den Giebel des Wirtshauses einen Kranz auf.
Sehr abwechslungsreich sind auch die abergläubischen Gebräuche. Einen Teil dieser brachten die Ansiedler aus ihrer alten Heimat mit; die sind meist mit dem Leben im Wald verbunden. Diese erwähnen wir nur ganz kurz. 1. Oraindl: ein schlechter Geist, der in Form einer feurigen Wolke erscheint und diejenigen ausplündert, denen er böse ist und die Beute auf den Dachboden der ihm lieben Leute schafft. 2. Das wilde Jäk: ein in den spáten Nachtsstunden mit großem Lärm erscheinender schlechter Geist, der den Reisenden Schaden verursacht. 3. Der wilde Jager: ein böser Förster, der wegen seiner vielen Sünden nicht ruhen kann; er verfolgt und miBhandelt die, die ihm in den Weg fallen. 4. Hop-hop: ein noch gefährhcherer Waldgeist, der bei seinem Rasen durch den Wald hop-hop-Rufe hören läßt und der ihm nicht aus dem Wege geht, den tötet er sogar. 5. Der verfahrene Schüler: Er entspricht dem ungarischen „garabonciás" Schüler, mit dem Unterschied, daß der, sich an die Wolken klammernd, auch Gewitter auslösen kann. 6. Weinhexen: Ein Geist, der die Betrunkenen verspottet und auf falsche Wege leitet. 7. Hexen: Sie verderben Menschen und Tiere. Gewisse Männer und Frauen verfügen ebenfalls über solche Eigenschaften, man muß sich vor ihnen hüten. Die Hexen kann man wáhrend der Mette sehen, wenn man auf dem Luzienstuhl sitzt. Diesen Stuhl beginnt man am Luzientag (13. Dez.) zu machen, er muß in 9 Tagen aus 9 Holzsorten gemacht werden. 8. Poltergeiste: Die Seele der Verstorbenen erscheinen in Begleitung eines groBen schwarzen Hundes, spricht aber nur dann, wenn er angesprochen wird. Schützen kann man sich vor ihm, wenn man das Wasser, womit der Tote gewaschen wurde, vor die Hausschwelle schüttet. 9. Gespenster: Geiste, die in der Gestalt eines Tieres oder Gegenstandes, meistens in einem hellen Licht erscheinen. Der Verfasser gibt in seinem Buch mehrere Heilverfahren bekannt, mit denen man versuchte verschiedene Krankheiten zu überwinden. Das Wesentliche bei allen ist, daß man dabei einen bestimmten Text von magischer Kraft vorsagen und verschiedene zeremonielle Tätigkeiten ausüben muß, damit die Wirkung sichefer sei. Danach gibt der Verfasser alte Kindersprüche und Volkslieder bekannt, die ersten in phonetischer Weise, die Lieder in volkstümlicher Art.
Das Kapitel VII. beschäftigt sich mit den sozialien Umständen. Für Hidegkút war sogar noch in den 1930-er Jahren das patriarchale Familienleben charakteristisch. Der Mann verwaltete die Wirtschaft, die Frau führte den Haushalt, doch die führende Rolle spielte der Mann. Sie leben in einer Kleinfamilienorganisation. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wohten sie in Zimmer-Küchen-Wohnungen, in strohgedeckten, schlecht beleuchteten kleinen Häusern mit gestampften Erdboden. Am Ende des Jahrhunderts begann man Zweizimmerhäuser zu bauen, die schon Doppelfenster, geschlossene Rauchfange, FuBböden aus Holzbretten und mit Eternitplatten bedeckten Dächer hatten. Der Verfasser stellt die Haustypen, die Zimmereinrichtungen auf mehreren Abbildungen dar. Statt eine ausführliche Beschreibung zu geben, soll nur erwähnt werden, daß man auch hier die in den deutschen Bakony-er Dörfer üblichen Zimmereinrichtungen gebrauchte. Die Mitte des Zimmers ist leer, der Tisch steht in def hellen Ecke vor einer an der Wand anliegenden Eckbank. In der sauberen Stube ist der zweite Hauptplatz die Wand zwischen den zwei StraBenfenstern, dort steht die Kommode, wo die Kleiderstücke der männlichen Familienmitglieder untergebracht werden. Flaschen wurden in ein Wandkästchen gestellt, das in einem Loch in der Wand eingebaut wurde. Ein anderes wichtiges Element der Lebensweise bilden die Mahlzeiten. Auch in den Mahlzeitsitten zeigen sich gewisse Ähnlichkeiten in den Familien, die zu derselben Gesellschaftsschicht gehören. Man ißt gerne abweckslungsreich, reichlich und gesund. lm Sommer, zur Zeit der groBen Arbeiten gibt es drei Hauptmahlzeiten: ein kaltes oder oft warmes Frühstück, ein Mittagessen aus drei Gängen (Suppe, Gemüse mit Fleisch oder saurer Sahne, Kuchen) und ein bescheidenes Nachtessen (Suppe, Mehlspeise). lm Sommer bleibt auch die Jause selten weg. lm Winter ist das Menü einfacher: nach dem reichlichen warmen Frühstück wird zu Mittag etwas Kaltes gegessen (z.B-geräuchertes Fleisch, gedörrtes Obst), am Abend kocht man ein ausgiebiges warmes Essen. Als eine lokale Besonderheit sind die vielerlei Kuchen zu erwähnen.
Die Männertracht ist am Anfang des 20. Jahrhundert sozusagen verschwunden, sie bewahrte nur einige Charakterzüge. Bei der Übernahme der bürgerlichen Kleidung spielten eine große Rolle die Männer, die aus der Stadt und aus Amerika zurückgewandert sind und die den Weltkrieg mitmachten. Statt der im vorigen Jahrhundert gebrauchten weiten Leinen-Hosen und warmgefutterten Kolbenhosen begannen die Männer Pantalons zu tragen. Den flachen Schwabenhaut mit schmaler Krempe, die mit Samt eingesäumt war, wechselte die Sportmütze ab und auch die Westen, das sog. Vorleibchen ging aus der Mode. Als FuBbekleidung blieben die Stiefel und die Schnürschuhe, Holzklumpen wurden hier nie getragen. In der letzten Zeit verbreiteten sich die Schuhe mit Gummisohlen und die Sandalen.
Die Bekleidung der Frauen bewahrten die Traditionen. Ihre Kleidung hängt von dem Anlaß, der Tageszeit, dem Alter, vom Familienzustand und von ihrer materiellen und gesellschaftlichen Lage ab. Vor allem haben sich die Traditionen bei der Feiertagsbekleidung aufrechterhalten. Die Mädchen flechten und stecken ihr Haar in einer bestimmten Form auf, die Frauen dürfen sich bloßköpfig nicht. zeigen. Das Kopftuch wurde zweierlei gebunden. Von frühster Kinderzeit trägt man Ohrhänge Die Mädchen und die jungen Frauen schmücken ihren Hals mit einem Halsschmuck aus 8—10 Glasperlenreihen. An Feiertagen tragen sie über dem Hemd ein" eng-anschmiegendes Leibchen, darauf legen sie ein schneeweiBes groBes Umhängetuch und dann ziehen sie noch ein weites Mäntelchen, das sog. Pojkala, oder eine engere und wärmere Variante dessen an. Zu festlichen Anlässen ziehen die Frauen sogar 6—8 Röcke an, der Oberrock wird sorgfältig gebügelt und vor den Rock wird eine hartgestärkte schwarze oder dunkelblaue Leinenschürze gebunden. An den Beinen tragen sie Florstrümpfe und mit breiten Rosen geschmückte Evelastinschuhe.
Die medizinische Versorgung im Dorf ist zufriedenstellend, die ärztliche Behandlung bekommen die Einwohner in dem Spréchzimmer des Kreisarztes in dem 10 Km entfernten Nagyvázsony. Die Säuglingssterblichkeit ist gering, die Kinder sind gut entwickelt und gesund. Im Kreise der Erwachsenen kommt es oft — infolge der übertriebenen Arbeit — zur frühen Arbeitsunfähigkeit, zu Brüchen. Im gesellschaftlichen Leben spielen die Landwirte die führende Rolle. In der Bevölkerung ist die Neigung zum Verbandsbildung nicht sehr groß.
Aus dem Überblick des wirtschaftlichen Lebens (Kapitel VIII) stellt es sich heraus, daB sich nach der Vereinigung der zwei Siedlungen (1927) der Hotter erweiterte und es begann eine schnelle Entwicklung. Im Jahre 1935 ist die Gemeinde eine traditionelle Agrarsiedlung. Von den 702 Einwohnern leben 673 aus Agraf-Urproduktion (95,9%). Die industrielle Tätigkeit spielt nur eine ergänzende Rolle. Der Hotter der Gemeinde beträgt 2100 Katastraljoch, davon besitzen die Kleingrundbesitzer 1247 Katastraljoch. Wenn man ihre Besitze im Hotter von Szőlős und Tótvázsony dazurechnet, kann man sagen, daB sie 1660 Katastraljoch bewirtschaften, Alle, die es tun können, kaufen Feld und bebauen es eigenhändig. Man verpachtet nur' sehr selten Grundstücke. Ein Hindernis beim Einführen einer intensiven Bewirtschaftung war, daB die Besitze zerstreut waren und die Bewohner nur ungern die Grundkommassierung bewilligten.
Auf dem Gebiet des Pflanzenbaus können drei Hauptrichtungen unterscheiden werden. Die Selbstversorgung sichern der Weizen und die Hackpflanzen, ein anderer Teil der Pflanzen dient der Tierzucht und das wird ergänzt durch Obstbau und Weinbau. Von den Getreidepflanzen wird nur die Gerste auf den Markt gebracht und verkauft. Der Boden wird jedes Jahr angebaut, es blieb kein Feld in der Brache Hegen, jedes vierte Jahr wird gemistet, die wohlhabenden Landwirte gebrauchen versuchsweise auch schon Düngemittel. Der Weinbau beschränkte sich seit Ende des vorigen Jahrhunderts auf den Szőlős-er Hotter. Die Hälfte des 1000—1200 Hektoliter Weines, den die Hidegkút-er Bauern erzeugen, wird verkauft, weitere 60—70 Hektoliter in dem Wirtshaus ausgeschenkt. Auch die Obstgärten sichern ein zusätzliches Einkommen. In der Viehzucht kam es zur Jahrhundertwende zu einer Umstellung: statt Ochsen begann man als Zugtiere Pferde und Kühe zu gebrauchen. Die ungarischen Rinder wurden auf Simentaler und rotscheckige Rinderrassen umgetauscht, die mehr Milch geben. Die Milchprodukte wurden auf den Märkten in Füred und Veszprém verkauft. Schafe und Ziegen hat man nicht gezüchtet, das Geflügel und Kleintier waren für den Haushalt gedacht. Da die gröBeren Wälder zum Herrschaftsgut gehörten, war die Försterei nur vom Gesichtspunkt der Beschäftigung und Heinzmaterialversorgung von Bedeutung.
Bei der Erörterung der Bedeutung der Gemeinde (Kapitel IX) hebt der Verfasser ihre Verschlossenheit hervor und als wichtige Aufgaben in der Zukunft bezeichnet er den Ausbau eines zeitgemäBen Verkehrsnetzes, die Beförderung des Obstbaus und der Geflügelzucht, die Verstärkung des kollektiven Geistes und die Entwicklung des Schulwesens.
Der ergänzende Teil der Monographie behandelt in drei Kapiteln die Geschichte der Gemeinde zwischen 1939—1969. Bei der Periodisierung nimmt der Verfasser die administrativen und politischen Veränderungen in Betracht. lm ersten Kapitel beschäftigt er sich mit den Ereignissen während des zweiten Weltkrieges, im zweiten Kapitel schreibt er über die demokratische Volksrevolution und im Dritten gibt er einen Überblick über die Periode der sozialistischen Umgestaltung (1950—1969). In allen drei Fällen beschäftigt er sich mit den internationalen politischen Faktoren, die wohl undirekt, aber doch in bedeutendem MaBe die Richtlinien der Entwicklung Ungarns und der ungarischen Dörfer beeinfluBt haben. Unter diesen aussenpolitischen Faktoron sind die deutsch—ungarischen Verhältnisse vor und während des zweiten Weltkrieges, die Verstärkung der sowjet—ungarischen Beziehungen, die Veränderung der internationalen Kraftverhältnisse, die Entfaltung des Kaltenkrieges zu erwähnen. Nach dem offensichtlichen Scheitern der Kaltkriegsstrategie begann am Anfang der sechziger Jahren ein MilderungsprozeB, der sich in den siebziger Jahren entfalten konnte.
Zwischen Deutschland und Ungarn gab es eine grundlegende gemeinsame Interessiertheit und zwar beide Staaten strebten nach einer Überprüfung des Friedenssystems von Versailles und nach einer territorialen Revision. Das gemeinsame Bestreben führte zu einem politischen Bündnis, doch die Zusammenarbeit wurde dadurch gestört, daß die Minderheiten- schutzpolitik Deutschlands sich zum Ziele setzte, alle in der Welt zerstreut lebende Deutsche in einem Reich zu vereinigen. Demzufolge hat Ungarn schließlich aus Dank für die mit deutscher Hilfe erworbenen Territorien auf seine eigene selbständige Minderheitspolitik verzichten müssen.
Zwecks Vertiefung des VolksbewuBtseins der heimischen Deutschen begann in den dreiBiger Jahren der 1924 gegründete UDV (Ungarländischer Deutscher Volksbildungsverein) seine Tätigkeit auszuüben. Als ihr politischer Vertrete'r gab sich von Anfang an (1939) der VDU (Volksbund der Deutschen in Ungarn) aus, der vom Deutschen Reich unterstützt wurde und nationalsozialistisch orientiert war. Das lokale Organ des VDU im Komitat Veszprém wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1940 gegründet. In Hidegkút wurde die Volksbund-Gruppe am Fronleichman (12. Juni) im Jahre 1940 gegründet. Von den Einwohnern in der Fő-utca (früher Nagyhidegkút) meldeten sich 27, aus der Hosszú-utca (früher Kishidegkút) 26. Personen zum Mitglied. Infolge der sozialen Demagogie meldeten sich zuerst fast nur die ärmeren Leute, doch als die Reicheren die unstreitbaren Vorteile der Exportlieferungen erkannten, haben auch sie sich um die Aufnahme beworben. Folge dieser politischen Verbundenheit war, daB man den Bestand der deutschen Armee zum Teil aus den Ungarndeutschen ergänzt hat. Im Jahre 1941 hat sich eine Person, im Jahre 1942 weitere 6 Personen freiwillig zur SS gemeidet. Im Sommer 1943 fand eine legale Werbung statt; 5 Personen wurden einberufen. Im August 1944 hat man mit Hilfe der ungarischen Behörden 49 Mann zu Militärdienst gezwungen. Von ihnen sind 11 bei den Kämpfen in Budapest gefallen. Im zweiten Weltkrieg dienten also insgesamt 61 Mann in der deutschen Armee, gefallen sind 11 (22%). Über die Zahl der bei ungarischen Truppen dienenden Männer wissen wir nicht bescheid, aber es müssen ungefähr so viele gewesen sein, wie bei der SS. Insgesamt kamen 67 Soldaten in russische oder amerikanische Kriegsgefangenschaft (39 Deutsche und 28 Ungarn), von ihnen sind 2 gestorben. Am 15-ten Februar 1945 hat man 18 15—18 jährige Knaben nach Deutschland zur Frontarbeit verschleppt, die am 2-ten Mai in Österreich von den Amerikanern gefangen wurden und erst Ende September freigelassen und nach Hause geschickt wurden. Von ihnen ist unterwegs Einer gestorben. Die Gemeinde wurde von sowjetischen Truppen am 25-sten März 1945 befreit. Obwohl es auf dem Gebiet der Gemeinde keine Kämpfe gab, starben hier durch Minen 2 sowjetische und 7 deutsche Soldaten. In den Kämpfen haben auch 4 Zivilpersonen ihr Leben verloren.
Die Bestrebungen des Volksbundes, daB man ab 1941 in den deutschen Dörfern deutsch unterrichten soll, hatten hier keinen Erfolg: in der Grundschule war die Unterrichtssprache bis 1945 gemischt (ungarisch— deutsch). Vom Herbst 1945 wurde der Unterricht nur in ungarischer Sprache geführt und zur gleichen Zeit ging auch die Umorganisierung der Schule vor sich. Statt 6 Klassen hat man 8 Klassen eingeführt. (Die katholische Volksschule wurde im Jahre 1948 verstaatlicht.)
Nach 1945 vollzog sich im Land eine volksdemokratische Umgestaltung, die sowohl die Wirtschaft (Bodenreform, Verstaatlichungen), als auch die Kultur und die politische Struktur betroffen hat. Die Bodenverteilung im Jahre 1945 löste die GroBgrundbesitze auf und so wurde die Bauernschaft, die Klein- und Mittelbauern zur herrschenden Schicht des Dorfes. Doch die gesellschaftlichen Veränderungen haben sich in den deutschen Dörfern wiederspruchsvoll gestaltet. Auf der Potsdam-er Konferenz nach dem
Abschluß des zweites Weltkrieges haben die Siegesmächte auch über das kollektive Bestrafen des deutschen Volkes und über die Übersiedlung der ost-europäischen Deutschen nach Deutschland BeschlüBe getroffen. Obwohl die ungarische Regierung gegen diese Art des Bestrafens war, mußte sie die Übersiedlung durchführen. Zugleich muBte sie auch für die Unterbringung vieler Heimatslosen und ungarischen Familien sorgen, die aufgrund des ungarisch—tschechoslowakischen Abkommens über den Bewohneraustausch aus der Tschechoslowakei umgesiedelt wurden.
Die Gesellschaft von Hidegkút hat sich zwischen 1945 und 1948 wesentlich verändert: ein bedeutender Teil der deutschen Bevölkerung wurde in die östliche Besatzungszone Deutschlands übersiedelt (2. 10. 1948.), und ihren Platz haben die schon früher hier angesiedelten innländischen (aus Gyulafirátót, Litér, Vörösberény) und tschechoslowakischen Ansiedler eingenommen. Ihnen konnten die Behörden, die für die Umsiedlungen verantwortlich waren, nur so genug Platz sichern, wenn sie einen Teil „ derjenigen, die sich im Jahre 1941 für deutschsprachig erklärt haben, nach Lókút internieren. Infolge dieser MaBnahmen wurde Hidegkút zu einer gemischten Gemeinde, deren Verwaltung für eine längere Zeit die ungarischen Einsiedler übernommen haben. Die Gegensätze zwischen den zwei Gruppen waren am Anfang ihres Zusammenlebens, zwischen 1946 und 1948 am schärfsten. Zwischen den Ansiedlern und den auf ihre Aussiedlung Wartenden gab es jeden Tag Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten, Raufereien, es kam sogar zu einem Mordfall.
Die Staatsbürgerrechte der deutschen Bevölkerung wurden bis zur Aussiedlung beschränkt. Die Gleichberechtigkeit der Nationalitäten wurde wohl 1949 in der Verfassung garantiert, aber die Vorurteile in der öffentlichen Meinung sind nur sehr langsam verschwunden.
Infolge dieser eigenartigen Umständen hat sich Hidegkút bis 1950 gar nicht entwickelt. Es bliebt eine Kleingemeinde, die zum Tótvázsonyer Kreisnotariat gehörte. Es konnte wegen der zu dieser Zeit herrschenden „freien, auf die Spontaneität beruhenden Bildung" und der Passivität der Bewohner keine bedeutsame Erfolge aufweisen. Das Grunden einer öffentlichen Gemeindebibliothek (1949) ist als erster Erfolg der Volksbildung in der sozialistischen Epoche zu bezeichnen.
Das Rátesystem, das nach sowjetischem Muster zustandegebrachte Verwaltungsorgan im Oktober 1950 bedeutete für Hidegkút einen unbedingten Fortschritt. Die Siedlung wurde vorübergehend von Tótvázsony getrennt und sie begann sich selbständig zu entwickeln. Obwohl die Geldsummen, die aus dem Staatsbudget gesichert wurden, nur sehr gering waren, konnte der Gemeinderat schon in der Periode des ersten Fünfjahrplanes (1,950—1954) durch mehrere Investitionen das Niveau der Infrastruktur erhöhen. Das Dorf wurde an das Telephonnetz angeschlossert und bekam v ein selbständiges Postamt. Es wurde ein Kulturhaus gebaut, in dem von 1952 an auch ein Kino funktionierte. Der Sport in der Gemeinde wurde durch Errichten eines Fußballplatzes gefördert. Da viele Frauen berufstätig wurden, hat man im Sommer die Betreuung der Kleinkinder im Kindertagesheim gesichert.
Die politische Leitung Ungarns hat in diesen Jahren beim Aufbau des Sozialismus die Sowjetunion als Vorbild betrachtet. Doch die Abirrung vom Wege des Marxismus, das knechtische Nachahmen der stalinistischen politischen Praxis führte zu solch schweren Fehlern, welche die Regierung nicht einmal nach dem Tode Stalins (1953) überwinden und beheben konnte. Die Folgen der damaligen einseitigen Wirtschaftspolitik, die nur auf die Entwicklung der Schwerindustrie konzentrierte, muBte vor allem die in der Landwirtschaft tätige Bevölkerung tragen. Die Steuerlasten mußten zwischen 1950—1952 vor allem die Einzelnbauern tragen; die Entzüge haben fast schon die Existenz der Bauernschaft bedrohen. Auch aus Hidegkút begann) das Strömen in die Industriebetriebe in der Umgebung von Veszprém. Die weiterstudierenden Bauernkinder haben sich schon als Facharbeiter um die neuerrichteten Arbeitsstellen beworben, ein kleine-rer Teil hat sich nach den geistesschaffenden Berufen orientiert. (Zwischen 1948—1972 haben 22 Schüler ihr Abitur bestanden, 4 Personen haben Hochschulen und Universitäten absolviert.)
Die politische Leitung hat schon im Sommer 1953 den BeschluB gefaßt, mit den antimarxistischen Anschaungen und Methoden SchluB zu machen, doch die radikale Durchführung blieb unrealisiert. Infolge der Verstärkung der innenpolitischen Krise wurde das Land im Oktober 1956 unregierbar. In dem Bürgerkrieg haben schlieBlich die Anhänger des Sozialismus gesiegt und sie begannen die Mangelheiten und Fehler aufzuheben, die Gesetzlichkeit herzustellen, das politische-wirtschaftliche System zu verstärken. Die wichtigsten Ereignisse im Oktober 1956 spielten sich in Budapest ab. In Hidegkút kam es am 26-sten Oktober zu kleineren Unruhen.
Im Leben der Gemeinde brachte die Kollektivisierung der Landwirtschaft, die Gründung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft „Március 15." die entscheidende Umgestaltung(1959). Die Genossenschaft, die zu Beginn 92 Mitglieder hatte und über Tausend Katasterjoch bewirtschaftete, hat für lange Zeit den Lebensunterhalt und die Erhöhung des Lebenstandarts der Bauernschaft gesichert.
Der Gemeinderat hat im Jahre 1956 auf dem Gebiet der Gemeindeentwicklung weitere Erfolge erreicht. Statt des alten, hat man ein neues, modernes Kulturhaus gebaut (1959—1961), und man legte einen gröBeren Wert auf die Entwicklung der unter der Verwaltung des Rates funktionierenden Gemeindebibliothek. Durch den Ausbau der Wasserleitung in der Fő-utca (HauptstraBe) im Jahre 1962 wurde eine bessere Wasserversorgung gesichert. Noch im Jahre 1955 hat man die Autobuslinie bis zum Rande des Dorfes (ab 1976 bis in die Dorfsmitte) gebracht, um das Reisen zu erleichtern. (Früher gab es nur eine Bedarfshaltestelle 3 Km vom Dorf entfernt, bei der Kreuzung Kövesgyűr.)
Im Jahre 1968/69 begann ein neues Kapitel in der Geschichte der Gemeinde: ähnlich wie in den anderen kleinen Siedlungen des Landes betrat auch Hidegkút (Zahl der Einwohner: 500) den Weg der Integrierung. Im September 1961 hat man die oberen Klassen (5—8 Klassen) der Grundschule der Tótvázsony-er Schule angeschlossen, um den Fachunterricht verwirklichen zu können. Die LPG-s von Hidegkút und Tótvázsony wurden im Jahre 1968, die zwei Gemeinderäte im Jahre 1969 vereinigt. Heute ist die Produküonsgenossenschaft ein GroBbetrieb, der 13001 Joch bebaut und ein Teil der LPG von Nemesvámos „Balatonfüred-Csopak Tája" ist, zu der 16 Gemeinden gehören. Die Dörfer, die ebenfalls zum * gemeinsamen Rat in Nemesvámos gehören, gelten seit 1979 als Vororte von Veszprém.
Während der 25 Jahren nach dem Weltkrieg hat sich die Zusammensetzung der Gesellschaft im Dorfe wesentlich verändert. Hidegkút ist keine traditionelle Agrarsiedlung mehr. Die Mehrheit der aktiven Berufstätigen (55%) haben schon im Jahre 1970 nicht mehr in der Landwirtschaft gearbeitet. Das Zerfallen, die Umgestaltung der traditionsreichen Volkskultur ging infolge der Industrialisierung und Urbanisierung schon ab den 1960-er Jahren immer schneller vor sich. Einen Teil der Gebräuche und Traditionen hat man jedoch auch unter den neuen Umständen bewahrt (z.B. die Hochzeitsgebräuche, die Mahlzeitsitten). In dem letzten Jahrzehnt begann man schon bewuBt die alten Traditionen zu pflegen. Diese Bestrebungen werden durch die Nationalitätspolitik der ungarischen Regierung weitgehend unterstützt.